Gurt-Verzicht tötet jährlich Hunderte Menschen

„Die Überlebenden“ – Kampagne der Verkehrspolizei

Die Rumänische Polizei startete eine aufrüttelnde Kampagne. Die Ausstellung wanderte durch mehrere rumänische Großstädte. Einzelheiten können auch von der Webseite www.supravietuitori.ro abgerufen werden.
Foto: Constantin Duma

„Hallo! Ich bin der Autositz von Robert. Na ja, zumindest war ich es... Jetzt gehöre ich niemandem mehr. Oh je, ich war mal wer, jetzt bin ich... der Sitz eines Wracks. Nein, nicht eines bekannten Wracks, so wie das Schiffswrack in Costineşti, sondern das Wrack eines sehr coolen Wagens. Robert hatte das Auto gerade erworben und war davon begeistert. Vergangenen Sommer, nachdem wir eine Rundfahrt durch die Stadt unternommen hatten, entschied Robert, zwei Freundinnen mit ins Auto zu nehmen und zusammen mit ihnen ans Meer zu fahren. Die Autobahn war überfüllt, sie – ungeduldig. Sie sind zu nah an das Auto vor ihnen gefahren. Ich weiß nicht warum, aber das Auto vor uns hat plötzlich gebremst. Robert schaffte es nicht mehr, selbst zu bremsen, und unsere Autos prallten aufeinander. Dann rutschten wir in die Leitplanken und unser Cabrio wurde zerschlagen. Ich hätte Robert gern schützen wollen, doch der Gurt... Angeschnallt war nur ich“. Das ist die Geschichte eines Autositzes aus dem Wrack eines Cabrios, der einzige Überlebende des Autounfalls. Unfallstelle – die Sonnenautobahn Richtung Schwarzes Meer.

Auch der Autositz aus dem Wrack eines weiteren PKW war der einzige Überlebende des Unfalls, der sich in Bukarest, an der Mihai-Bravu-Straße 281, ereignet hatte. „Hallo, ich bin der Autositz von Cornelia. Egal, was passiert, ich bleibe ihr Sitz. Ich möchte niemand anderen als Besitzer. Ich hoffe nur, es geht ihr gut und dass sie mich in unser Auto zurückbringt. Warum ich hier bin? Ehrlich gesagt, weiß ich das auch nicht so richtig. Nach dem Unfall hat mich jemand aus dem Auto gerissen und mich auf diesen Sockel gestellt. Nun reisen wir durch das ganze Land, damit mich Leute sehen. Ich hab doch nichts Falsches gemacht. Ich nicht... vielleicht die arme Cornelia! Das, weil sie mich, statt sich selber gewählt hat. Sie trug gewöhnlich den Sicherheitsgurt, doch ich weiß nicht, was an dem Tag passiert ist. Sie schnallte mich an und los ging´s. Wir waren auf dem Weg zur Arbeit, als uns etwas gegen einen Lichtmast stieß. Cornelia geriet auf den Rücksitz. Sie bewegte sich nicht mehr. Der Krankenwagen kam und nahm sie mit... Was ist wohl mit ihr passiert?“

Cornelia wie auch Robert waren nicht vorschriftsmäßig gesichert. Nun sind sie beide tot. Der Gurt hätte ihnen womöglich das Leben retten können. Die Erzählungen über Robert und Cornelia sind bloß einige der Geschichten einer erschütternden Ausstellung, die vor Kurzem für die Passanten in der Temeswarer Innenstadt eröffnet wurde. In der Alba-Iulia-Straße hat die Rumänische Polizeibehörde zusammen mit der Temeswarer Verkehrspolizei zahlreiche Autositze und deren Geschichten ausgestellt. Die Autositze, die in tödliche Unfälle verwickelt waren, gehören zur neuen  Kampagne der Rumänischen Polizei. „Trişezi centura, păcăleşti viaţa“ (Trickst du den Sicherheitsgurt aus, trickst du dein Leben aus) heißt diese Kampagne, die Autofahrer aber auch Fahrgäste auf die Wichtigkeit des Sicherheitsgurtes aufmerksam machen will. Interessenten können anhand eines QR-Codes Informationen über den Unfall und die Erlebnisse der „Überlebenden“ erfahren.

Jede dieser Geschichten ist aber düster, denn der Autositz ist der einzige, der den Unfall „überlebt“ hat, weil der Autofahrer oder die Beifahrer nicht angeschnallt waren. Die Ausstellung wanderte 39 Tage lang durch verschiedene rumänische Großstädte: In Bukarest konnte die Expo Anfang Juli gesehen werden, dann ging sie nach Konstanza, Jassy/Iaşi, Kronstadt/Braşov und Klausenburg/Cluj-Napoca. Endstation der Wanderexpo war Temeswar. Eine virtuelle Tour durch die Ausstellung kann man weiterhin auch auf der Homepage der Kampagne, www.supravietuitori.ro, unternehmen. Die Erzählungen über die Unfälle sind im Audioformat erhältlich. „Supravieţuitorii“ ist eigentlich ein Manifest der rumänischen Verkehrspolizei, um auf die schweren Folgen des Verzichts auf den Sicherheitsgurt aufmerksam zu machen. Der Gurt-Verzicht tötet jährlich Hunderte Bürger Rumäniens.