Handwerk mit Schokoladenseiten

Chocolatier Alexandru Pandrea gibt Einblicke in die Geheimnisse seines Berufs

Trinkschokolade am Stiel wird in heiße Milch getaucht, bis sie schmilzt.

Alexandru Pandrea liebt seinen Beruf. Einige seiner Geheimnisse hat er am 22. Februar preisgegeben.

Herzpralinen im Luado-Geschäft
Fotos: die Verfasserin

Ein junger Mann mit weißer Kochmütze erzählt von Pralinen, Belgien, dunkler und weißer Schokolade, von Füllungen mit Pistazie, Marzipan, Vanille und Orange und von der Art und Weise, wie man eine Praline essen muss, damit man sie wirklich genießt. Dann erklärt er in einer kurzen Demonstration, wie Schokopralinen hergestellt werden. Mit einem gelben Plastikschaber rührt er in einem großen Bottich voller flüssiger Schokolade. Dann gießt er die duftende Masse in eine Pralinenform und füllt jede Mulde. Anschließend gibt er mit Hilfe eines Spritzbeutels eine Joghurtfüllung in die schokolierten Mulden. Über die Füllung gießt er dann erneut geschmolzene Schokolade. Etwa 30 Kinder schauen ihm gespannt zu und registrieren aufmerksam jede Bewegung. 

Alexandru Pandrea arbeitet beim Kronstädter Pralinen-Hersteller „Luado“. Ende Februar war er  bei der „Schokoladenwerkstatt“, einer Rahmenveranstaltung der Ausstellung „Bonbons, Schokolade, Karamell. Die Geschichte der Schokolade in Kronstadt“, im Kronstädter Museum für Geschichte und Zivilisation zu Gast. Vor mehreren Gruppen von Kindern und Erwachsenen hat Alexandru, der eine Ausbildung als Chocolatier in Belgien absolviert hat, Demonstrationen durchgeführt. Dabei haben alle Teilnehmer mit Sicherheit gelernt: Pralinen sind kleine Kunstwerke. Und wenn sie mit Liebe hergestellt werden, sind sie noch köstlicher.

Eine alte Tradition wird wiederbelebt

 Bis Ende März zeigt das Kronstädter Museum für Geschichte und Zivilisation die Ausstellung „Bonbons, Schokolade, Karamell. Die Geschichte der Schokolade in Kronstadt“. Zu sehen sind Infotafeln, Werbematerialien und Verpackungen aus der einhundertjährigen Geschichte der Schokoladenproduktion in Kronstadt. Dabei wird die Firmengeschichte der „Siebenbürgischen Kanditen- und Schokoladenfabrik“ und der Stollwerck-Fabrik beleuchtet. Heute haben die großen Schokoladenfabriken geschlossen und auf der Mittelgasse duftet es nicht mehr nach Kakao. Die hundertjährige Tradition endete 2009, als die letzte Poiana-Schololade vom Fließband lief. Trotzdem gibt es noch Hoffnung: das kleine Familienunternehmen Luado, das ein Geschäft in der Apollonia-Hirscher-Straße eröffnete. Dort arbeitet Alexandru Pandrea. Und es ist sein Traumjob. „Versucht einmal, ein paar Stunden in einem Labor zu verbringen, wo es dauernd nach geschmolzener Schokolade, Mandeln und Pistazien, Honig, Zitrone oder Kaffee duftet. Und ihr werdet euch wünschen, auch am Wochenende zu arbeiten. Weil es einfach großen Spaß macht“, meint der Chocolatier. Die Kronstädter Marke Luado wurde Ende 2011 registriert, und Anfang 2012 konnte man die köstlichen Pralinen des  Familienunternehmens schon im Star-Kaufhaus erstehen. Seit einem Jahr hat das Unternehmen auch ein eigenes Geschäft in der Apollonia-Hirscher-Straße. Für die Luado-Pralinen werden die belgischen Schokoladen-Arten „Belcolade“ und „Callebaut“ verwendet. Der Produktionsprozess ist traditionell, alle Zutaten sind natürlich und alle Erzeugnisse frisch. Bei „Luado“ kann man verschiedene Pralinensortimente sowie Schokolade am Stiel kaufen, die man mit heißer Milch genießen kann. Im Sommer wird auch Eis hergestellt.

Für den Genuss soll man sich Zeit nehmen

Es gibt kaum jemanden, der keine Schokolade mag. Über die beliebte Süßigkeit - sie gilt als Seelentröster und Stimmungsaufheller - wurden Bücher geschrieben und Filme gedreht. Jeder kennt „Charlie und die Schokoladenfabrik“, „Chocolat“ oder „Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück“. Wenige wissen jedoch, wie die ersten Pralinen entstanden. Bei seiner Demonstration erzählte Alexandru Pandrea vom Apotheker Jan Neuhaus aus Brüssel, der seine Medikamente mit einer Schokoladenschicht bedeckte, um sie schmackhafter zu machen. Sein Enkel, Jan Neuhaus jr., hat im Jahr 1912 die Idee seines Großvaters erweitert: Er ersetzte die Medikamente mit frischer Sahne und schuf damit die erste gefüllte Schokolade, die er „Praline“ nannte. Seine Frau entwarf eine elegante Geschenkbox, in der die Pralinen ansprechend präsentiert wurden. „Schokolade schenkt uns Energie. Wir müssen sie aber langsam essen und dabei alle unsere Sinne einsetzen - Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen. Nur so wird das Essen einer Praline zum Erlebnis. Auf keinen Fall sollten wir das Stück Schokolade mit den Zähnen zerbeißen und schnell schlucken. Dabei empfindet man höchstens den Zuckergeschmack, alles andere geht verloren. Ein Stück Schokolade sollte man langsam im Mund zergehen lassen. Man soll sich dabei Zeit nehmen, sie richtig zu genießen. Wie alle guten Dinge“, sagt Alexandru.

Je schwärzer, desto besser

Vollmilchschokolade besteht aus Zucker, Kakaomasse, Milch oder Milchpulver und Kakaobutter. „Die Liebhaber weißer Schokolade müssen wissen, dass diese eigentlich gar keine Schokolade ist, weil sie keinen Kakao enthält, sondern nur Fett, Milchpulver und Zucker. Hingegen ist dunkle Schokolade milchfrei und besteht nur aus Kakaomasse und Zucker. Auch Kakaobutter ist wenig darin enthalten. Vollmilchschokolade besteht aus Milch, Zucker, Kakaomasse und Kakaobutter. Am gesündesten ist die dunkle Schokolade. Man weiß, dass Kakao Antioxidantien enthält, die das Herz-Kreislaufsystem schützen. In Vollmilchschokolade ist zwar auch Kakao enthalten, Forscher haben allerdings herausgefunden, dass Milch den herzschützenden Effekt wieder aufhebt“, meint Alexandru. Übrigens soll eine Studie aufgedeckt haben, dass Schokolade nur dann gesund ist, wenn man nicht mehr als sieben Gramm pro Tag zu sich nimmt. Das wäre genau eine Praline.  „Leider ist die Schokoladenkultur in Rumänien nicht sehr entwickelt. Die Kunden sollten wissen, dass auch bei Schokolade weniger auf jeden Fall mehr bedeutet. Schokoladen, die in kleinen Familienunternehmen hergestellt werden, mögen teurer sein als solche aus dem Supermarkt. Sie sind aber viel natürlicher. Bevor man ein Schokoladenerzeugnis  im Supermarkt kauft, sollte man aufs Etikett schauen. Bei vielen ist leider der Anteil von künstlichen Aromen und Geschmacksverstärkern sehr hoch“, meint der Chocolatier. 

Wenn man sie richtig genießt, erhöht die Schokolade im Gehirn den Serotoninspiegel. Serotonin, auch Glückshormon genannt - wirkt entspannend und ausgleichend, Stress senkend, hebt die Stimmung und macht glücklich. Auch das Auftragen und Massieren von Schokolade auf der Haut lässt das Gehirn Serotonin produzieren. Deshalb sind in letzter Zeit auch Schoko-Massagen sehr beliebt. Es wirkt stimmungsaufhellend und euphorisierend.  „Außerdem spendet die Kakaobutter der Haut Feuchtigkeit“, fügt Alexandru hinzu.  Für seinen Job wurde er in Belgien bei der „Barry Callebaut Academy“ ausgebildet. „Wer Chocolatier werden will, sollte das Handwerk auf jeden Fall in einem Schokoladenland lernen, also deshalb Belgien.  Nur dort, wo es eine richtige Tradition gibt, kann man die wichtigsten Geheimnisse erfahren“.

Die Speise der Götter

Das erste Mal wurde der Kakaobaum vermutlich um um 1500 v. Chr. von den Olmeken genutzt, die im Tiefland der mexikanischen Golfküste lebten. Um 600 n. Chr. wurde der Kakao dann von den Mayas angebaut. Die Azteken gaben dem mit kaltem Wasser vermischten Kakaogetränk den Namen: „xocolatl“. Mit Hilfe eines Holzquirls, heute spanisch „Molinillo“ genannt, schlug man die Flüssigkeit schaumig auf. Nach Überlieferung der Maya war die Kakaopflanze göttlichen Ursprungs. Zu Ehren des Kakaogottes Ek Chuah wurde im April ein Fest mit Tieropfern und Geschenken gefeiert. In Mexiko sind vergleichbare Feiern belegt. Dort wurden die Samen der Kakaopflanze ausschließlich als Getränk zubereitet. Die ersten Kakaobohnen brachte Kolumbus aus Amerika mit. Zu dieser Zeit konnte man noch nichts damit anfangen. 1528 brachte dann Hernán Cortés den Kakao nach Europa. Die Schokolade war jedoch unverarbeitet ungenießbar. Erst nach der Zugabe von Honig und Rohrzucker wurde daraus ein Getränk mit wachsender Beliebtheit. 1544 wurde Schokolade erstmals am spanischen Hof getrunken. 1657 öffnete das erste Schokoladencafé in London, 1673 schenkte der Holländer Jan Jantz von Huesden erstmals öffentlich Schokolade in Bremen aus. Erst im 18./19. Jahrhundert wurden größere Mengen von Kakaobohnen in Bremen gehandelt. Da Kakao, Honig und Rohrzucker teuer waren, konnten sich Schokolade zunächst nur Wohlhabende leisten. Zwei Faktoren machten den Kakao zum Massenprodukt: Erstens das Pressen und anschließende Vermahlung zu Kakaopulver, zweitens der Einsatz von günstigerem Kakao aus Amazonien, dem Forastero. (Quelle: Wikipedia)