Haushalt 2015 und das Vertragsverletzungsverfahren

Umweltschützer warten gespannt auf Reaktion der Regierung im Fall Neumoldowa

Die EU-Kommission hat wegen der Nichtbeachtung des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Rumänien im Fall der Vernachlässigung der Umweltgefahren durch die Abraumhalden am Donauufer bei Neumoldowa/Moldova Nouă im Oktober gegen unser Land ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EGH) in Luxemburg eröffnet, die ADZ berichtete. Die Umweltschützer der Ökologiegruppe für Zusammenarbeit GEC Nera aus Orawitza warten nun gespannt auf die Veröffentlichung des Haushaltsplans der PSD-Regierung für 2015. Dort müssten nämlich Gelder für die Lösung des Umweltproblems eingeplant sein. GEC Nera verfolgt seit 2006, als das staatliche Grubenunternehmen SC Moldomin SA Neumoldowa seine Tätigkeit einstellte, sehr aufmerksam die Entwicklungen rund um die beiden benachbarten, zusammen 110 Hektar bedeckende Abraumhalden Tăuşani und Boşneag, zwei ehemals mit Kronenteichen unaufhörlich gewässerte sanddünenartige Gebilde, die aus mit Giften durchsetzten Resten aus der Erzanreicherung bestehen. Seit der Abbaubetrieb und auch die Erzanreicherung eingestellt wurden, werden die Giftdünen nicht mehr gewässert und sind dem Spiel der bis zur Orkanstärke anschwellenden örtlichen Winde ausgesetzt. Die Giftstaube, welche der hier „Coşava” genannte örtliche Wind auf ein Areal verstreut, in dem rund 30.000 Menschen an beiden Donauufern leben, belasten praktisch alles: Luft, Boden, fließendes und Grundwasser sowie die hier üblichen offenen Brunnenschächte.

Vom serbischen Ufer sind medizinische Statistiken bekannt, die belegen, dass dort seit 2006 die Krebserkrankungen (vor allem der Atemwege und des Verdauungstrakts) um rund 60 Prozent angestiegen sind. Am rumänischen Ufer sind (wohlweislich? aus Menschenverachtung?) keinerlei ähnliche Studien durchgeführt worden. Aber getan hat die rumänische Regierung bisher überhaupt nichts zur Eindämmung bzw. Bannung der Gefahren. Auf all diese Aspekte machen die Umweltschützer aus Orawitza dauernd über die Medien aufmerksam. Ihnen ist es auch zu verdanken, dass sich die EU-Kommission aktiv einsetzt, seit GEC Nera alle ihre Berichte und Warnungen sowohl dem rumänischen Ministerium für Umweltschutz und Klimawandel als auch dem zuständigen EU-Kommissar zukommen lässt. Die Besorgnis der Umweltschützer, die befürchten, dass keinerlei Haushaltsgelder für die nachhaltige Verfestigung der Giftstaubdepots am Donauufer im kommenden Haushalt eingeplant werden, beruht auf der von den Behörden ständig geäußerten Hoffnung, dass das Problem durch Privatisierung gelöst wird – indem also dem möglichen Käufer die Umweltproblematik aufgehalst wird und die staatlichen Behörden damit auch die Möglichkeit bekommen, den Neubesitzer per strenger Überwachung unter Druck zu setzen. Damit würde sich die Regierung, der moralische Verursacher des Umweltproblems, reinwaschen, nachdem der Staat hier 45 Jahre lang das Kupferarmerz angereichert und sich selber daran bereichert hat.

Grundlage des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Rumänien ist die im Beitrittsvertrag eingegangene Verpflichtung, Schritt für Schritt das Problem des eigens genannten Abraumlagers von Neumoldowa zu lösen – was alle Regierungen Rumäniens und alle Industrie- und Umweltminister, die Finanzminister und das Parlament einvernehmlich ignoriert haben. Erschwerend kommt hinzu, dass alle Warnungen der Bukarester Vertretung der Kommission in den Wind geschlagen und meist nicht einmal einer Antwort wert befunden wurden. Deshalb hat die Kommission im Februar 2014 das Vertragsverletzungsverfahren eröffnet und jüngst den Fall vor den Europäischen Gerichtshof gebracht, als die Ponta-Regierung immer noch nicht reagierte. Nun dürfte es teuer werden – leider für alle Steuerzahler, nicht für die wahren Schuldigen, die nachlässigen Beamten in den zuständigen Regierungsämtern.
Der Liquidationsprozess von SC Moldomin SA Neumoldowa hat ja bereits 2010 begonnen, wobei der gerichtlich bestellte Liquidator über absolut keine Ressourcen verfügt, dafür aber die Regierung über ihre Ministerien nun versucht, diesen zum allein Schuldigen am Desaster zu stempeln – auch wenn der weder übers Geld, die entsprechende Motivation, keineswegs aber übers Wissen zur Eindämmung der Umweltgefahren verfügt, die von den beiden Abraumhalden ausgehen. Nicht nur die Umweltschützer, auch der Liquidator sehen als einzige Lösungsmöglichkeit eine Finanzierung durch den Staatshaushalt für 2015, den die Ponta-Regierung „bis zum 10. Dezember” zur Debatte stellen will. GEC Nera sieht darin die einzige noch mögliche Lösung – und die billigste. Von allen Standpunkten, denn wenn der Europäische Gerichtshof gegen Rumänien ein Urteil fällt – und die Weichen dafür hat die Regierung in ihrer Nachlässigkeit geschickt gestellt – dann dürfte dies das Land teuer zu stehen kommen und der Sache erst recht kaum dienen. Ressourcen für eine schnelle Ökologisierung der Abraumdepots Tăuşani-Boşneag dürften kaum darin enthalten sein... Das Paradox eines (eigentlich allseits erwarteten) Urteils des Luxemburger Gerichtshofs gegen Rumänien: Alle Steuerzahler müssten die Strafgelder aufbringen, auch die Betroffenen aus dem Donautal.