Holzeinschlag als Interpretationssache

Komplizenschaft zwischen Romsilva und Verwaltung der Naturschutzgebiete zerstört Werk von Generationen

So schaut die „Gartenarbeit“ der Holzschlagunternehmen aus, wenn sie abgezogen sind. Seltsamerweise bleiben – wie hier im Raum unterhalb des Semenik-Platteaus – immer Kahlschläge übrig.
Foto: Werner Kremm

Forstwirtschaft ist ein Werk von Generationen. Das kann man – leider immer seltener – im Banater Bergland beobachten, wo seit nunmehr fast dreihundert Jahren nach forstwissenschaftlichen Prinzipien der Forst betreut wurde und wo es in der Folge die europaweit einzigen Reste des europäischen Buchenurwalds gibt: im 6000 Hektar großen Reservat am Semenik, dem Gebiet der Nera-Quellen. Aber in jüngster Zeit mehren sich die Warnungen der Umweltschützer: Auch dort greift bereits die aggressive und finanziell potente Holzmafia nach den zwei- und mehrhundertjährigen Stämmen und beginnt, vom Rand gegen das Zentrum zu, das Fehlen eines Managementplans des Naturschutzgebiets auszunutzen, indem unter diversen Vorwänden – der gängigste ist: Lichtungsschläge – die imposantesten Buchen herausgeholt werden.

Denn seit mehr als zehn Jahren – lange bevor Rumänien in der EU aufgenommen wurde – zögern die Verwaltungen der Natur- und Nationalparks die Verabschiedung von Managementplänen für die ihnen zum Schutz anvertrauten Gebiete hinaus. Die Folge ist, dass es bis zum heutigen Tag in den formell unter Schutz stehenden Gebieten keinerlei klare Abgrenzung gibt zwischen streng geschützten und geschützten Gebieten oder Parks, was zur Folge hat, dass Holzeinschlag zur Interpretationssache wird.

Holzeinschlag in  Naturparks

Im Banater Bergland sind immerhin 11,7 Prozent der Fläche des Verwaltungskreises Karasch-Severin durch die vier Nationalparks und vier Naturparks unter Schutz gestellt – Semenik – Karasch-Schluchten, Nera-Schluchten – Beu{ni]a-Wasserfälle, Domogled – Cerna-Tal und Retezat – im Vergleich zu ganz Rumänien, wo nur 1,3 Prozent der Gesamtfläche unter Schutz stehen. Inzwischen haben Umweltschützer festgestellt, dass es in diesem Gebiet kein Naturschutzgebiet mehr gibt, wo nicht einige Dutzend bis hundert Hektar des eigentlich unter Schutz stehenden Waldes gefällt worden sind.

Die Medien des Banater Berglands sprechen bereits von „70 Prozent der geschützten Flächen, auf denen nachweislich Holzeinschlag betrieben“ wurde oder wird und dass die Naturschützer aus diesem Grund Protestbewegungen angeregt haben, die die öffentliche Meinung aufrütteln sollen. Denn Romsilva, das Forstverwaltungsunternehmen des Staates, dem dieser auch den Schutz der  schützenswerten Wälder anvertraut hat, steht im Interessenskonflikt zwischen geforderter Effizienz – die in der Auffassung von Romsilva nur mittels Holzverkauf zu konkretisieren ist – und dem aufgedrängten Schutz, der Holzeinschlag ausschließt. Theoretisch zumindest.

Symptomatisch ist aber dabei, dass seit mehr als einem Jahrzehnt für das Banater Bergland kein einziger Managementplan verabschiedet wurde (durch welchen eine Abgrenzung der Forste und klare Definitionen der einzelnen Schläge geschaffen würde).

Komplizenschaft im Forstschutz

Deshalb spricht man im Banater Bergland zunehmend von einer „auffälligen Komplizenschaft“ der Forstverwaltung mit der Verwaltung der Naturschutzgebiete. Denn statt die vom Gesetz und der Rumänischen Akademie der Wissenschaften als schützenswert eingestuften Forste zu schützen bzw. etwas zu unternehmen, um die geschützten Flächen auszudehnen, muss immer öfter festgestellt werden, dass die geschützten Flächen schrumpfen. Die „sprechendsten Beispiele“ treffe man im Naturreservat Buhui-Mărghitaş bei Steierdorf-Anina an und im kleinen Naturreservat Bârzăviţa am Semenik, das in den vergangenen Jahren wiederholt von den Naturschützern von GEC Nera aus Orawitza beobachtet wurde und wo sie massive Eingriffe der Holzschlagunternehmen konstatiert und fotografisch festgehalten haben.

Kahlschläge werden in den letzten Monaten auch aus dem Nationalpark Nera-Schluchten – Beuşniţa-Wasserfälle gemeldet und aus der Nähe des Naturreservats Nera-Schlucht, aus dem Beul-Sec-Tal, wo schätzungsweise 100 Hektar alte Forste „verschwunden“ sind, und aus der Nähe des Naturreservats um den Bigăr-Wasserfall, wo „Dutzende Hektar jahrhundertealter Wälder“ gefällt wurden. Dass gegenwärtig in der Nähe der Minisch-Schlucht, zwischen Steierdorf und Bozovici, eine neue Forststraße gebaut wird, führt zur allgemeinen Interpretation des Beginns des Holzeinschlags auch in diesem Forstreservat.

Desgleichen wird vermerkt, dass „der malerische Weg von Cărbunari zum Teufelssee/Lacul Dracului“ zunehmend von den Holztransportern zerstört wird und dass die Straße nach Stăncilova im Südbanat durch eine „öde Landschaft“ führt, wo „ganze Hügelrücken durch Kahlschlag zerstört“ wurden.

Nicht zuletzt wird gemeldet, dass im Nationalpark Domogled bei Herkulesbad, einer durch den Karst extrem sensiblen Landschaft am Rande des Reservats Iauna Craiova, 100 Hektar durch Kahlschlag total entwaldet wurden, ebenso fehlen inzwischen bei Herkulesbad „Dutzende bis Hunderte Hektar Wald im Raum Topenia“.
Währenddessen spricht man beim Forstinspektorat Romsilva in Reschitza bezüglich des Naturreservats Bârzăviţa beschönigend von „ Säuberungsschlägen wie in einem Garten“ (der Schutzbeauftragte von Romsilva, Dragoş Mihai), wo im Netz Hunderte Fotos vom dortigen Kahlschlag zirkulieren. Ein Naturfreund formulierte das so: „Wenn die Forstverwaltung von Gartenpflege spricht, bleiben apokalyptische Landschaften zurück.“