Hüter oder Zerstörer des Urwalds?

Umweltschutzorganisation „STOP Defrişărilor“ greift staatliche Forst- und Naturpark-Administrationen an

Im Rahmen eines vehementen Angriffs wirft die Umweltschutzorganisation „STOP Defrişărilor“ (STOPP den Rodungen) dem Nationalen Regiebetrieb der Wälder „Romsilva“ und den Verwaltungen der unter Schutz gestellten Forstgebiete – deren Personal nahezu ausschließlich von „Romsilva“ gestellt wird – vor, Rodungen zu favorisieren und „systematisch Illegalitäten“ zu begehen, wodurch das Fällen unter Schutz gestellter Wälder „seit 20 Jahren ununterbrochen“ weitergehe. So ungefähr lautet die Präambel ihrer jüngsten Facebook-Präsentation, wonach die Umweltschützer sich reihum die dafür verantwortlichen Institutionen des Banater Berglands vornehmen und gnadenlos Entgleisungen/Umweltverbrechen in Richtung Fällen schützenswerter Waldparzellen enthüllen.

Für Insider sagen die Umweltschützer allerdings wenig Neues. Und doch ist die Herausforderung, vor die sie die Verantwortlichen stellen, einmal mehr aktuell: Sie verlangt nach Rechtfertigung, grundsätzlich eigentlich nach Rechtfertigung der Existenz der angegriffenen Institutionen, deren fundamentaler Zwiespalt ihres Seins wohl nicht lösbar ist: Einerseits sind sie zum Schutz und zur Pflege der Wälder ins Leben gerufen worden, andrerseits müssen sie die Wälder profitabel „bewirtschaften“. Und letzteres bedeutet in ihrer beschränkten Auffassung (genauer: in der ihnen politisch vorgeschriebenen Auffassung) nichts anderes als: Bäume fällen und das Holz verkaufen – oder andere, gegen Einnahmen, dasselbe tun zu lassen.

Zielobjekt „Romsilva“

Der Angriff der Umweltschützer richtet sich sowohl gegen die Forstdirektion Karasch-Severin – eben: „Romsilva“ – als auch gegen die Verwaltungen der Nationalparks Nera-Schluchten – Beușnița-Wasserfälle, Semenik-Plateau – Karasch-Quellen und -Schluchten, Domogled-Gebirge – Cerna-Tal, die genau in dieser Woche von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden, sowie gegen die rumänische Verwaltung des grenzüberschreitenden Naturparks „Eisernes Tor/Djerdapp“. Sie werden reihum vorgeknöpft.
Beim Angriff gegen die Forstverwaltung „Romsilva“ in Reschitza greifen die Umweltschützer ziemlich weit zurück (aber Forstwirtschaft ist ja Generationenwirtschaft, nicht wahr?): „Die Forstverwaltung hat sich beim Nationalen Regiebetrieb ‘Romsilva’ in der Zeitspanne 1998-2000 dafür eingesetzt, dass die Agentur für Umweltschutz aus der Auflistung zu schützender Forste, die im Gesetz 5/2000 vorkommt, um unter Schutz gestellt zu werden, Waldparzellen aus dem Banater Bergland streicht: das Naturreservat des Fichtenwalds im Moor Șucu-Olteana an den Hängen des Țarcu-Gebirges – etwa 600 Hektar, das Naturreservat des ehemaligen königlichen Jagdwalds bei Berzovia (heute im Besitz von Ion Țiriac, der den Wald von „Prinz“ Paul von Rumänien abgekauft hat; letzterer soll den unter Schutz gestellten Wald unter dubiosen Umständen „rückerstattet“ bekommen haben – Anm. wk), das Naturreservat des Forstes zwischen Eisenstein/Ocna de Fier und Dognatschka/Dognecea (nachweislich das älteste nach forstwirtschaftlichen Erkenntnissen bewirtschaftete Gebiet Rumäniens. Die ältesten erhaltenen Forstkarten dieses Raums, mit dem einzigen kompakten Lindenwald Rumäniens, stammen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts – Anm. wk).“

Vorgeworfen wird „Romsilva“ Reschitza auch der beharrliche Versuch von 2000-2003, die Grenzen einiger Naturreservate zu deren Ungunsten zu ändern/einzuschränken, um alte Wälder zum Fällen bereitzustellen: das Naturreservat Karasch-Schluchten wird als Beispiel angeführt, das von allen Seiten durch Motorsägen „angenagt“ wurde. In derselben Zeitspanne versuchte „Romsilva“, die Fläche des Naturreservats Buhui-Mărghitaş bei Anina/Steierdorf von 900 auf 200 Hektar zu reduzieren und im Reservat Bârzăviţa mit Rodungen zu beginnen, indem willkürlich erklärt wurde, es gäbe dort gar kein Naturreservat. Damals schritten die Umweltschützer erfolgreich dazwischen. Nicht zuletzt: „Romsilva“ widersetzt sich in der Zeitspanne 2003-2017, mit wechselndem Erfolg, aber ständig, der Konstituierung des Naturreservats Ruskberg (die Lebensleistung des Oberförsters Walter Frank, der in dieser causa die – laxe – Unterstützung der Rumänischen Akademie der Wissenschaften genoss) sowie der Aufnahme zahlreicher Forste in den Katalog der Urwälder und Quasi-Urwälder Rumäniens, nicht zuletzt auch der Setzung des Naturreservats Coşava Mică auf die UNESCO-Liste der Urwälder Europas.
Am schlimmsten ist – periodisch bringt „Romsilva“ als Urwälder bekannte Parzellen zur Ausschreibung für Rodungen – zuletzt das Naturreservat Groposu an der oberen Bersau/Bârzava.

„Holzhacka`-Puam“  in der  Naturparkverwaltung

„Der Verwaltung des Nationalparks Nera-Schluchten – Beuşniţa-Wasserfälle hat „Romsilva“ in der Zeitspanne 2004-2017 das Fällen mehrerer Parzellen mit Urwäldern oder Quasi-Urwäldern genehmigt“, schreibt „STOP Defrişărilor“, „deren hoher Konservierungswert des genetischen Materials dieser Wälder endgültig verlorenging. Absichtlich werden gewisse Grenzen des Naturparks fehlerhaft festgelegt – Beispiel: das hier liegende Naturreservat Lişovacea – aber es werden auch, völlig illegal, Baupläne für Villen und Ferienhäuser in der Nähe des Teufelssees/Lacul Dracului und des Beu-Tals genehmigt, inmitten des Naturparks.“

2016 beteiligte sich die Verwaltung des Nationalparks Nera-Schluchten – Beuşniţa-Wasserfälle im Rahmen einer Interessensgruppe an der Aktion der Reduzierung der strengen Schutzzone und des Vollschutzes von etwa 55 Prozent auf 40 Prozent des Nationalparks, womit der Weg freigemacht wurde für die Motorsägen, die wertvollstes genetisches Material aus der Frühzeit europäischer Urwälder vernichteten. Ähnlich ging die Verwaltung des Nationalparks Semenik – Karasch-Schluchten vor und bewirkte denselben Verlust genetischen Materials. „Sie genehmigte in der Zeitspanne 2004-2017 das Fällen von Urwäldern in den Naturreservaten Karasch-Schluchten, Bârzăviţa, Buhui-Mărghitaş, Karasch-Quellen.“ In komplizenhaftem Einvernehmen mit Angestellten von „Romsilva“ verzögert die Verwaltung des Nationalparks die Genehmigung des Managementplans, nachdem es ihr gelungen war, alle vertrauenswürdigen Wissenschaftler aus dem wissenschaftlichen Beirat des Nationalparks zu entfernen und mit „Romsilva“ ergebenen Forstingenieuren zu ersetzen.“

Statt Urwäldern:  Wiesen unter Vollschutz

Die größte Täuschung der Öffentlichkeit hat sich die Verwaltung des Nationalparks Domogled-Gebirge – Cerna-Tal geleistet, behaupten die Umweltschützer. Nicht nur, dass sie zwischen 2004-2017 das Roden von Urwäldern und Quasi-Urwäldern genehmigt hat, die einen hohen Konservierungswert darstellten. Nicht nur, dass sie versucht hat, die Grenzen des Naturreservats Piatra Cloşanilor neu zu zeichnen – wonach alte Wälder hätten gefällt werden können. 2016 hat sie, laut „STOP Defrişărilor“, in Übereinstimmung mit der Consultingfirma SC EPMC Consulting SRL „strikte Schutzzonen der Wälder“ in Gebieten festgelegt, die hauptsächlich von Hochweiden und Almwiesen eingenommen sind, oder wo es Geröllfelder gibt, wo kein Baum wächst. Dadurch machte sie Waldparzellen fürs Fällen frei, die eigentlich Urwälder und Quasi-Urwälder sind. Diese Parzellen waren bis zu jenem Zeitpunkt dem Roden entgangen...

Auch die Verwaltung des grenzüberschreitenden Naturparks „Eisernes Tor/Djerdapp“ kommt schlecht weg. „2013 hat sie dem Druck der Holzschlagunternehmen sowie individueller ökonomischer Interessen oder von Gruppeninteressen nachgegeben und die interne Zonenaufteilung des Naturparks, wie von den Interessensgruppen gefordert, geändert. Zahlreiche Wiesen und Abschnitte des Donauufers wurden zu `Zonen nachhaltiger Entwicklung´ erklärt, was letztendlich zur endgültigen Vernichtung von Naturlandschaften, Habitaten und zur Vertreibung von Tierarten führte. Außerdem hat die Verwaltung Schilfflächen und Geröllhalden zu strikten Waldschutzgebieten erklärt, sodass der Zugang zu den wahren Urwäldern den Motorsägen offengehalten wurde.“
Bleibt zu hoffen, dass die staatliche Forstverwaltung auf den vehementen Enthüllungsangriff reagiert und zumindest das klarstellt, was im Eifer des Umweltschutzes auch mal übertrieben sein könnte.