Im Widerstreit von Ökologie und Ökonomie

Romsilva Karasch-Severin wurde mit „ungenügend” für die Nationalparkverwaltung Semenik/Karasch-Schluchten benotet

Seit Monaten hält der Naturschutzverein GEC Nera aus Orawitza das Management des Nationalparks Semenik/Karasch-Schluchten durch die RNP Romsilva unter medialem Dauerbeschuss. Nun jedoch klingt Bedauern an, wenn GEC über seine Sprecherin Doina M²rgineanu mitteilt, dass der staatliche Betreiber RNP Romsilva für das Nationalparkmanagement 2017 mit „ungenügend” bewertet wurde - ganz nach dem rumänischen geflügelten Wort vom „Wechsel des Chefs, die Freude des Blödmanns”. Das Kommuniqué trägt wohl deshalb den Untertitel: „Werden nun die Leitung der Parkverwaltung und ihr wissenschaftlicher Beirat abgesetzt?”

Die Frage ist insofern berechtigt, als dass es hierzulande Usus ist - um nach außen den Anschein von Willkür zu vermeiden -, zunächst die auf einer Abschussliste Stehenden in ein schlechtes Licht zu setzen und mit diversen administrativen Maßnahmen abzustrafen, um sie anschließend diskret abzusetzen.

Die Nachricht von der Benotung ist bereits als vollendete Tatsache aufbereitet: Sie steht in einer Mitteilung der Nationalen Agentur für Geschützte Areale ANANP: RNP Romsilva sei für die Verwaltung der geschützten Gebiete des Nationalparks Semenik/Karasch-Schluchten mit „ungenügend“ benotet worden. Das ist die schlechteste aller aufgelisteten Benotungen des Jahres 2017 landesweit und ist aufgrund des Administrationsvertrags Nr.113 / 08.12.2014 des Forstbetreibers RNP Romsilva, abgeschlossen mit dem Umweltministerium, erteilt worden. ANANP ist als Nationale Agentur für das Monitoring der Vertragserfüllung im Bereich Naturschutz mit dem Ministerium für Umweltschutz zuständig.

Einerseits fühlt sich GEC Nera durch diese Benotung bestätigt: „Diese Note bestätigt die zahlreichen Benachrichtigungen der GEC Nera in den vergangenen Jahren an die Behörden, die die Aufgaben im Naturschutz wahrzunehmen haben und die häufigen Aggressivitäten, die wir gegen das Naturgut im Nationalpark Semenik/Karasch-Schluchten festgestellt haben.”

Laut ANANP beruht die schlechte Benotung in erster Linie auf dem Fehlen eines Managementplans des Nationalparks. Nebenbei bemerkt: Dieses Dokument, eine Art Verwaltungsgesetz eines National- oder Naturparks, fehlt im Falle Semenik/Karasch-Schlichten bereits seit der Einrichtung des Nationalparks vor 13 Jahren. Dies beruht in erster Linie auf einer Verzögerungstaktik seitens Romsilva, die das Annahmeprozedere hintertrieben hat, um möglichst hindernisfrei im Nationalpark Holzeinschlag betreiben zu können (ADZ berichtete wiederholt: Solange ein geschützes Areal keinen Managementplan hat, kann Romsilva darin quasi ungehindert arbeiten).

GEC Nera bringt damit neuerlich die Rede auf „das Systemdefizit” und den „Interessenskonflikt innerhalb der staatlichen Forstbehörde Romsilva”, die einerseits mit der Wahrung des Naturguts der Karpatenwälder betraut ist (und den Großteil des Managementteams der Natur- und Nationalparks und aller geschützten Gebiete stellt), andererseits sich per Satzung durch die Nutzung der Wälder finanzieren muss und als beste und effizienteste Einnahmequelle fast ausschließlich das Holz nutzt, das zu bester Qualität (und besten Preisen) aus den geschützten Arealen zu holen ist. RNP Romsilva ruht der Systemfehler inne, Ökonomie unmöglich mit Ökologie in Übereinstimmung bringen zu wollen. Der Grundkonflikt liegt in der Priorität des Ökonomischen – lies: Holzeinschlag – gegenüber der Unterordnung von Nachhaltigkeit und Naturschutz – lies: Umweltschutz und Wahrung der Wälder.

Verschlimmert wird diese Dichotomie durch die Tatsache, dass das übergeordnete Ministerium für Umweltschutz seit seiner Gründung unfähig ist, den gordischen Knoten zu lösen. Es begnügt sich damit, mittels ANANP Noten für Tätigkeiten zu vergeben, die allein schon von der Aufgabenstellung her nicht zufriedenstellend gelöst werden können. Dem Ministerium für Umweltschutz gelingt es bereits nicht, die Managementpläne für Schutzgebiete zwingend durchzusetzen. Gelänge dies, wäre schon enorm viel erreicht: Romsilva könnte in den Schutzgebieten nicht mehr ungestraft die besten Hölzer schlagen.

ANANP führt auch andere Gründe für die schlechte Bewertung an, doch diese stammen durchwegs aus Zeiten, die vor Rumäniens EU-Beitritt liegen und also früher oder später ohnehin behoben werden müssen, da EU-Gesetze vor nationalem Recht Vorrang besitzen.

Das „Ungenügend“ der ANANP wird voraussichtlich folgenlos bleiben: Einerseits haben sowohl die Nationalparkverwaltung als auch ihr wissenschaftlicher Beirat sich stets nach Romsilva gerichtet. So wurde vor einem Jahr der damalige wissenschaftliche Beirat, bestehend aus Hochschullehrern, Forstwissenschaftlern und Akademikern, von Romsilva abgesetzt und durch einen der staatlichen Forstverwaltung genehmen ersetzt. Dieser besteht vorwiegend aus Forstleuten, die aus den Reihen von Romsilva stammen. Nicht umsonst hat GEC Nera der Parkverwaltung wiederholt vorgeworfen, nur den Holzeinschlag zu fördern statt statt die Wälder vor den Motorsägen der Romsilva zu schützen. Andererseits ist es der Parkverwaltung und allen früheren und heutigen wissenschaftlichen Beiräten „gelungen”, den Managementplan des Nationalparks zu hintertreiben bzw. seine Verabschiedung zu verschieben und damit im Interesse von Romsilva zu wirken – welchen Grund hätte dann die staatliche Forstverwaltung (außer einer symbolischen Note), alle ihres Amtes zu entheben?

Die Lösung des Gordischen Knotens, wie sie GEC Nera sieht, lautet: die Regierung Rumäniens und ihr Umweltministerium müssen den Verwaltungsvertrag von Romsilva mit dem Umweltministerium kündigen und die Parkverwaltung direkt der Nationalen Agentur für die Verwaltung Geschützter Gebiete, ANANP, unterstellen. Mit ihrem Status als öffentliche Institution muss sie sich dem Schutz der Ökosysteme verschreiben.