Je öfter sich ein Politiker widerspricht...

Oder ein Hoch auf die befristeten Arbeitsverträge

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Unsere Spitzenpolitiker wittern das kommende Wahljahr. Die Auftritte vieler Staatsmänner und -frauen vor laufenden Kameras haben sich beinahe verdoppelt. Es hängt aber nicht mit ihrer plötzlich gestiegenen Sorge um den Staat und seine Bürger oder gar damit zusammen, dass sie den Wählern aus unerklärlichen Gründen etwas Wichtiges mitzuteilen hätten.

Bei vielen Volksvertretern liegt die Ursache ihrer neugewonnenen „Popularität“ in den Massenmedien darin, was sie bereits gesagt haben. Meistens müssen sie sich dafür entschuldigen oder das Gesagte berichtigen. Dabei pflegen sie etwas hinzuzufügen, wofür sie sich in einigen Tagen wiederum entschuldigen müssen. Dadurch sichert man sich nicht nur Sendezeit, sondern zeigt den Wählern, welch einsichtige Person sie ins Parlament geschickt haben. Denn siehe, unser Abgeordneter ist stets bereit, seine Fehler zuzugeben. Dabei wird oft übersehen, dass ein solcher Volksdiener bei jedem neuen Interview nicht nur die Krawatte und den teuren Anzug wechselt, sondern auch seine Ansichten um 180 Grad wendet. Ganz nach dem Spruch von Friedrich Dürrenmatt: „Je öfter sich ein Politiker widerspricht, desto größer ist er.“

Es scheint ein politischer Reflex zu sein, in jedes vorgehaltene Mikrophon etwas sagen zu müssen. Dabei spielt es offenbar keine Rolle, dass man keine Ahnung vom Thema hat oder das Gehirn gerade im Schlaf-Modus ist. Bei vielen Wählern muss man ein schwerwiegendes Problem mit dem Langzeitgedächtnis feststellen. Selten erinnert man sich daran, was dieser oder jener Politiker vor einem Jahr, in der letzten Wahlkampagne oder gar gestern gesagt hat. Vielleicht liegt es auch daran, dass es so viele von ihnen gibt. Abgeordnete und Senatoren, Minister und deren Berater kreisen um die Kameras und Mikros, die sie sich als einziges gern vorhalten lassen, wie ein Wespenschwarm und reden und reden und reden… Möglicherweise erinnern sich die Stimmberechtigten dieses Landes nicht mehr an die Aussagen der Politiker, weil es einfach unwichtig ist. Das Volk hat schon längst gelernt, ohne die weise Führung der Regierung zu überleben.

Vielleicht sollte man sich an die Worte des ersten Kanzlers des Deutschen Reiches, Otto von Bismarck, erinnern: „Die Politik ist keine Wissenschaft, wie viele der Herren Professoren sich einbilden, sondern eine Kunst.“ Demnach sollte man die Politiker als Künstler behandeln. Wenn das Spektakel nicht gut ist, sollte man darüber nachdenken, die „Rolle“ mit einem anderen „Schauspieler“ zu besetzen. Zum Glück hält die jetzige Regierung sehr viel von befristeten Arbeitsverträgen. Ob die Vorstellung danach besser wird, bleibt abzuwarten.