Jetzt kommt die hängende Terrasse über die Bega

Nur ein neues futuristisches Projekt der Stadtväter?

Welch ein unerwartetes Glück für die 100 Jahre alte Fußgängerbrücke aus Temeswar: Sie soll saniert werden und auch noch eine Hängeterrasse erhalten.
Foto: Zoltán Pázmány

Die Temeswarer Bevölkerung hat sich schon daran gewöhnt, dass sie von der Stadtverwaltung ständig mit allerhand Plänen und futuristischen Projekten überrascht wird. Laut Vizebürgermeister Traian Stoia kommt nun auch in Temeswar/Timişoara der Frühling und im Rathaus wird man sich, wie alljährlich, etwas um die städtischen Terrassen kümmern müssen. Es geht diesmal um etwas mehr als um die gewöhnlichen beliebten Sommerterrassen, die die Temeswarer  nicht missen wollen. Schon im März werden also, wie gewohnt, zehn Stadtplätze per Versteigerung für die kommende Sommerzeit von Privatfirmen und Gaststätten zu mieten sein, u. a. im Volkspark, im Mocioni-, Coronini- und Alpinet-Park.

In Premiere könnte die Stadt heuer zusätzlich eine echte Sensation, bzw. eine Hängeterrasse, direkt über dem Bega-Kanal, von einem grünen Ufer zum anderen, kriegen. Dieses Projekt wird voraussichtlich von manchen belächelt, bestimmt auch von vielen in Temeswar – diesmal teilweise mit Recht – als neues futuristisches, kostspieliges und kaum realisierbares Projekt der derzeitigen Stadtverwaltung lautstark angefochten werden. Es befindet sich trotzdem, so die letzten Meldungen aus dem Rathaus, in einem fortgeschrittenen Stadium seiner Erarbeitung. Die geplante Terrasse soll, laut Projekt, von der alten eisernen Fußgängerbrücke aus der Temeswarer Josefstadt gestützt und mit gläsernen Schutzwänden auf beiden Seiten sowie einem gleichfalls gläsernen Fußboden versehen werden. Darauf werden die Temeswarer an Tischen einen Kaffee oder ein Erfrischungsgetränk schlürfen können, während das Wasser der Bega unter ihren Füßen beruhigend dahinrauscht. Durch die Mitte, so die Entwurfsskizze, wird ein Fußgängerübergang führen. Dabei soll auch die alte Eisenbrücke saniert werden. Diese Fußgängerbrücke verbindet nun schon seit hundert Jahren die Straßen Ady Endre und Andrei Mureşan aus dem historischen Stadtteil Josefstadt.

Die Brücke, im Volksmund auch Eiffel-Brücke genannt, wurde zwischen 1914 und 1917 errichtet und blieb nach der Fertigstellung überraschenderweise nur Fußgängerbrücke, weil sie wegen ihrer Höhe letztlich doch nicht für den Autoverkehr genutzt werden konnte. Eine Stadtlegende besagt, dass man die Brücke sogar nach Plänen des berühmten Architekten Gustave Eiffel gebaut hätte, was jedoch von zahlreichen Historikern als Humbug bezeichnet wird. Laut Dipl. Ing. Árpád Jáncsó, einem Kenner der Stadtgeschichte, wäre diese Brücke durch die Wiederbenutzung von Metallteilen der ehemaligen Hunyadi-Brücke erbaut worden. Die Baukosten beliefen sich damals auf eine nicht kleine Summe von 70.000 Kronen. Der bekannte Temeswarer Chronist, Schriftsteller und ehemalige Neuer-Weg-Redakteur Franz Engelmann nannte diese Brücke auf seine einfühlsame Art in Sachen Heimatstadt „die Brücke der Fehler“: „Wenn Hermannstadt eine Lügenbrücke haben kann, warum könnte Temeswar dann keine Brücke der Fehler haben?“

Etliche weitere derartige Vorhaben, die von der früheren und verstärkt noch von der derzeitigen Kommunalverwaltung aufs Tapet gebracht wurden, jedoch, wie erwartet, dann im Projektstadium blieben, wären noch zu erwähnen: Die Ciuhandu-Stadtverwaltung schaffte es, einige wegen ihrer hohen Baukosten umstrittene Projekte, wie das des kurios anmutenden Mini-Stonehenge im Temeswarer Werkpark oder eines englischen Picknick-Parks hinter dem alten Schlachthaus, trotz der kritischen Stimmen aus dem Umfeld, zu verwirklichen. 2011 erarbeitete ein Studententeam von der Architektur-Fakultät mehrere interessante Projekte zur Sanierung des alten Wasserturms in der Josefstadt und dessen Neubelebung als touristische Attraktion. Der 1912 errichtete Wasserturm, der seit über 60 Jahren ungenutzt ist, sollte, wie geplant, ein Wassermuseum mit Café, Fitness-Saal, Bar und Kondi, gar ein Aquarium und einen SPA-Raum mit Jacuzzi beherbergen. Daraus wurde bisher nichts. Auch für die U-Kaserne, in kläglichem Zustand und seit Jahren vergeblich auf eine Sanierung und neue Funktion wartend, wurde ein Projekt vorgelegt, das diesen repräsentativen Altbau der Stadt am Mărăşti-Platz in ein futuristisches Business-Zentrum umfunktionieren sollte. Auch daraus wurde bisher nichts.
Die Opposition im Stadtrat, geschart um die Liberaldemokraten, klagt seit geraumer Zeit über die immer länger und bunter werdende Liste der „unmöglichen“ Stadtvorhaben der amtierenden Stadtverwaltung und bezichtigt diese gar einer fortwährenden Wahlkampagne und vor allem Bürgermeister Nicolae Robu, daraus gar ein echtes Steckenpferd gemacht zu haben.