Kahlschlag, Vermüllung, Elektrozäune

...hingegen keinerlei Werbung für die Naturschönheiten des Nationalparks Semenik – Karasch-Schluchten

Greenpeace alarmiert: Rumäniens Wälder bedecken nur noch 28,95 Prozent der Fläche des Landes - in der gesamten EU sind es immerhin 42 Prozent (Stand 2016). 2013 und 2014 wurden in Rumänien täglich im Schnitt 62 illegale Fällungen gemeldet. 2015 verschwanden in Rumänien jede Stunde drei Hektar Wald – Teile der letzten Urwälder Europas.
Foto: George Dumitriu

Am letzten Oktoberwochenende haben die Volontäre der Umweltschutzorganisation GEC Nera in Orawitza einen Erkundungsgang durch gewisse Räume des Nationalparks Semenik – Karasch-Schluchten durchgeführt: Sie besuchten das Naturreservat Buhui-Stausee-Mărghitaș, die Bigăr-Quelle im Umfeld von Anina, durchfuhren die Minisch-Klamm Richtung Almăj-Senke und reisten mit der Banater Semmeringbahn zwischen Anina und Orawitza. Die mit dem kritischen Auge des Naturschützers besuchten Räume tangieren die Nationalparks Semenik – Karasch-Schluchten und Nera-Schluchten – Beușnița-Wasserfälle.

Die Volontäre waren in den vergangenen Wintern geschult worden und hatten sich als Aufgabe gestellt, Aggressionen zu identifizieren, denen das Naturerbe, das durch die Deklarierung zum Nationalpark geschützt werden soll, ausgesetzt ist. Vor allem Schäden an der Biodiversität sollten identifiziert werden. Und es sollte unter die Lupe genommen werden, ob und wie sanfter Tourismus in den beiden Nationalparks gefördert werden kann. In den Ortschaften organisierten sie ad-hoc eine Werbeaktion zum Schutz der Naturschätze, die unter den Augen der Bewohner existieren. Den Anwohnern sollte bewusst gemacht werden, dass ein permanenter Schutz der Biodiversität nötig ist, aber auch, dass man wachen Auges Veränderungen durch menschliches Zutun beobachten, vermerken und gegebenenfalls bekämpfen muss.

Die Schlussfolgerungen werden in einem zusammenfassenden Monitoring-Bericht erfasst, der den Verantwortlichen für Naturschutz und Ökotourismus zugestellt wird. Gleichzeitig werden Stellungnahmen zu den kritischen Beobachtungen der Volontäre eingefordert.
Diese hatten einiges zu bemängeln: Die hauptsächlichen Aggressionen gegen die Biodiversität bestehen in der mangelhaften Regelungs- und Kontrolltätigkeit der für den Schutz der Nationalparks Verantwortlichen. Diese Autoritäten und öffentlichen Institutionen, haben beispielsweise „nicht bemerkt”, dass die Strecke der Banater Semmeringbahn zunehmend zugemüllt wird. Ganze Haufen mit Abfällen, einschließlich Bauschutt aus Abbruchtätigkeiten, sind am Bahndamm abgelagert worden. Entlang der Bahnstrecke kann man zahlreiche aufgelassene Industrieanlagen in beklagenswertem Zustand sehen, Ruinen einer einst blühenden Industrielandschaft neben wilden Ablagerungen von taubem Gestein und Grubenabfall, die total ungesichert die Landschaft und die Gesundheit der Anwohner gefährden. Vor allem die (auch nach fast dreißig Jahren nach Schließung der Grube) immer noch ungesicherten Abraumhalden des Uranbergwerks Ciuda-novița/Lișava und die Abraumhalden des seit zehn Jahren aufgegebenen Kohlenbergwerks Anina stören nicht nur die Harmonie der Landschaft, sondern sie sind ungesichert eine Gefahr für die Gesundheit und die physische Integrität der Menschen.

Nicht zuletzt war von den Anwohnern in Anina zu erfahren, dass bei fast jedem ernsthafteren Regenguss akute Erdrutschgefahr von diesen Halden ausgeht. In Anina sind Kohlenabraumhalden bereits in regenreichen Monaten auf Straßen und auf Wirtschaften der Anwohner abgerutscht und haben sie verschüttet. Die vielumworbenen Zugreisen mit der Banater Semmeringbahn werden den Reisenden durch den Anblick aufgelassener Industrieanlagen und ungesicherter Bergbauhalden vergällt. Zudem kontrastieren sie mit der Schönheit einer wirklich einmaligen Landschaft.

Zur Zugfahrt: Im Zug gibt es kein Informationsmaterial zur Strecke, über Viadukte, Tunnel, Brücken, Ortschaften, wo haltgemacht wird, über Legenden, die in der 150-jährigen Geschichte der Banater Semmeringbahn gesammelt wurden – kurzum: nichts, was die Fahrt zusätzlich attraktiv machen könnte. Dem versuchen zwar die GEC-Nera-Volontäre in der Touristiksaison abzuhelfen, aber die Eisenbahn CFR selbst nimmt die Chance kaum wahr, sich zu bewerben.

Horrortourismus könnte man in der Aninaer Neustadt und ihren siebzehn teils unbewohnten Wohnblocks machen, wo in den Stiegenhäusern die Kühe vor Wetterunbilden Schutz suchen und im Winter Wölfe in Abfallkübeln wühlen. Von dort kann man zum Mărghitaș-Stausee gelangen, einem der alten Stauseen des Banater Berglands, die bereits in die Natur reintegriert sind. Er gehört teilweise zum Naturschutzgebiet Buhui (ein anderer alter Stausee, der als Trinkwasserreservoir für Anina dient) -Mărghitaș und zum erweiterten Schutzgebiet des Nationalparks Semenik – Karasch-Schluchten. Im Wald und am Rande der Ortschaften seien Unmengen Müll, Verpackungsmaterial und Bauschutt gelagert, melden die Volontäre. Im Reservat wurden zahlreiche Stümpfe frisch geschlagener Baumriesen identifiziert, nur notdürftig mit Laub und Erdreich verdeckt, unmarkiert. Auch ganze Haufen Sägemehl vom „Tranchieren” der Stämme liegen he-rum. Zudem ist der Waldboden aufgewühlt von schweren Forstmaschinen. Beobachtet wurden zahlreiche Kleintransporter voll Brennholz, die die geschützten Wälder verließen. Unter der Hochspannungsleitung bei Mărghitaș gibt es ausschließlich Kahlschläge. In der Einschlaggenehmigung seitens der Verwaltung des Nationalparks steht die Empfehlung, dort „nur die höchsten Bäume, die die Leitung gefährden könnten”, zu schlagen.

Die festgestellten Zu- und Umstände seien hauptsächlich auf das Fehlen eines Managementplans im Nationalpark zurückzuführen – mit anderen Worten: Ohne einen solchen kann jeder im Nationalpark tun und lassen, was er will... Das ist seit 14 Jahren, seit dessen Gründung, unverändert die Reallage.
In beiden Natura-2000-Schutzgebieten im Minisch-Tal haben die Grundbesitzer Elektrozäune montiert. Dadurch gelangen die Wildtiere nur über Umwege zum Bach, ihrer Tränke. Elektrozäune übertreten auf jeden Fall das Gesetz der geschützten Naturareale. Vom Kreiskommissariat der Garde für Umweltschutz werden konkrete Maßnahmen erwartet, die dem Unfug ein Ende bereiten sollen, schreiben die Volontäre.