Karansebesch ohne Trinkwasser?

Präfekt: „Wenn wir uns nicht alle beteiligen, geschieht nichts!“

Präfekt Matei Lupu, der Ka-ransebescher Bürgermeister Felix Borcean, AquaCaraș-Direktor Nicolae Miu-Ciobanu, der neue Leiter der Gewässerverwaltung Banat, Erwin Luci, und weitere Verantwortungsträger im Bereich Trinkwasserversorgung und Gewässerverwaltung trafen auf Einladung von Präfekt und Bürgermeister im Tagungssaal des Stadtrats Karansebesch zusammen. Gesucht wurde nach einer Lösung für die Reinhaltung des örtlichen Trinkwassers, da dieses schlimmstenfalls nur noch als Brauchwasser nutzbar sein wird.

„Es ist dringend“, unterstrich Präfekt Lupu, „wir sind gezwungen, die Lösung vom Stadt- an den Kreisrat zu delegieren. Es ist fast gefährlicher als in einer Katastrophensituation. 25.000 Menschen, alle Bewohner von Karansebesch, sind bedroht. Wir müssen mit mehreren Beteiligten übereinkommen, deren Besitztum betroffen ist, für welches sie übertrieben hohe Preise verlangen. Eine Enteignung ist dringend zu erwägen. Die Kommunalverwaltung Turnu Ruieni zeigt wenig Verständnis und hat auch keinerlei Interesse, das Problem des Dalci-Baches auf seinem Gemeindegebiet zu lösen. Dieser verschmutzt das Wasser des Stausees Zervești, welches Karansebesch für seine Trinkwassergewinnung benötigt. Sicher erwartet niemand, dass nach unserem heutigen Treffen morgen die Bulldozer auffahren und das Problem mit dem Dalci-Bach lösen. Aber wenn alle Hand anlegen, haben wir noch eine Chance. Bislang warten alle, dass der jeweils andere etwas unternimmt: AquaCaraș hat kein Geld, Apele Române sind nicht Besitzer dieses Baches, Hidro-electrica gibt an, sich nur um Staudamm und Stausee zu kümmern.“

Das Problem ist nicht neu. Der Dalci-Bach, der (nicht nur) in diesem verregneten Sommer oft ungewöhnlich große Wassermengen in den Zervești-Stausee führt, bringt dabei auch sehr viel Unrat aus dem anliegenden Dorf Dalci mit sich. Unverwertbares aus der Land- und Hauswirtschaft, wie im gesamten ländlichen Raum Rumäniens traditionell dem Herrgott und seinen fließenden Gewässern anvertraut, landet im Stausee und verschmutzt diesen bis an den Rand der Klär- und Säuberungsmöglichkeiten der Trinkwasseraufbereitungsanlage von Karansebesch. Daher muss das System wiederholt gereinigt werden, was Lieferunterbrechungen oder Verbraucherwarnungen nach sich zieht, weil die Anlagen keine keim- und sedimentfreie Klärung mehr gewährleisten. Als vertretbare Lösung sieht man eine Umleitung des Baches über einen Kanal an, der bis unterhalb der Aufnahmestelle des Rohwassers führen soll. Die Trasse des Kanals durchquert jedoch Privatland. Seit Jahren verhandelt die Stadtverwaltung Karansebesch mit den Bauern um den Preis der zu vergütenden Flächen. Mit mehreren von ihnen steht eine Einigung aus, weil deren Preisvorstellungen unvergleichlich hoch sind.

Bei der Begegnung in Karansebesch bot zunächst Felix Borcean (PNL) eine Zusammenfassung der aktuellen Lage, einschließlich des in dieser schwierigen Situation bisher Unternommenen. Bei den Worten von AquaCaraș-Direktor Miu-Ciobanu (PSD) wurde die Dramatik der Situation deutlich: „Wir unterschreiten alle 2-3 Tage die Qualitätsparameter der Trinkwasserqualität in Karansebesch. Bei aller Bemühung: Wir können die Trinkwasserqualität nicht mehr halten. Alle möglichen Varianten sind bereits getestet worden. Unsere technischen Möglichkeiten sind erschöpft. Das Einzige noch Mögliche: Die Qualität des Rohwassers aus Zervești muss besser werden! Wir brauchen die Unterstützung aller hier Anwesenden hierfür. In der gegenwärtigen finanziellen Lage von AquaCaraș können wir uns keine Investitionen erlauben. Aber der Dalci-Bach muss umgeleitet werden. Wer unterstützt uns und Karansebesch dabei? Uns droht, an Karansebesch kein Trinkwasser mehr liefern zu können, weil wir die moralische Verantwortung dafür nicht übernehmen können. Bleibt nur noch die Brauchwasserlieferung. Die Dringlichkeit ist akut!“

Erwin Luci, Direktor für Technikfragen bei der Gewässerverwaltung Banat (ABA Banat), sieht als Vorbedingung einer Lösung die Übernahme des Dalci-Baches durch die ABA Banat. Dann könne sein Unternehmen die Umleitung des Baches bewerkstelligen. So lange dieser ein Gemeindegewässer sei, könne nur die Gemeinde Turnu Ruieni, zu welcher das Dorf Dalci gehört, eingreifen – und diese sehe keinen Grund zu einer derartigen Investition. „Es gibt zwar den Vorschlag zu einer Gesetzesnovellierung, durch welche sämtliche Gewässer Rumäniens unter eine einzige Verwaltung gestellt werden sollen – womit wir das Problem in seiner Gesamtheit lösen könnten – aber wer kann sagen, wann die Novellierung wirksam wird?“ Eine andere Lösung – zu der auch Präfekt Lupu neigt – ist die Enteignung im öffentlichen Interesse: Wo versucht werde, von der Lage „gewaltsam“ zu profitieren, nehme man einfach weg, so der Präfekt. Ein Beschluss des Kreisrats für Katastrophenschutz würde hierfür reichen, meinten auch die Leiter von AquaCaraș und von APA Banat. Sogar ein ziemlich angestrengter Vergleich wurde laut: „Für die BRUA-Gasleitung kann man ohne Weiteres enteignen – und von der profitiert kaum ein Bürger Rumäniens – und für die Gesundheit von 25.000 Karansebeschern nicht!?“ Die Gaspipeline, an der quer durch Rumänien gearbeitet wird, führt in der Nähe von Karansebesch vorbei.

Man kam überein, dass Karansebesch eine offizielle Schätzung der zu enteignenden Grundstücke für die Umleitung des Dalci-Baches bestellt. Dafür verbürgten sich Vizebürgermeister Marius Isac und Citymanager Andrei Ungur. Apele Române werden durch ABA Banat dringendst und parallel die topographischen Erhebungen der Grundstücke und der Trasse durchführen. Hidroelectrica wird einen Situationsbericht über die Besitzlage der Grundstücke und die noch laufenden Prozesse zum Thema zusammenstellen. Man geht nämlich davon aus, dass viele unter denjenigen, denen in den 1970er Jahren, als man ihnen Grundstücke für die Überflutung durch den Stausee Zervești enteignet bzw. ihnen zum Tausch andere Grundstücke angeboten hatte (die Gegend war nie kollektiviert und hatte auch keine landwirtschaftlichen Staatsbetriebe), dies nicht in den Grundbüchern vermerken ließen. Danach wolle man sich erneut zusammensetzen. Wann genau? Das hat keiner gefragt.