Klein, aber fein!

Das Studium an der Klausenburger Babeş-Bolyai-Universität ähnelt in vielerlei Hinsicht dem an einer deutschen Universität. In den meisten Fächern sind die Inhalte nahezu identisch, die Kurse folgen demselben Prinzip und die Studenten beklagen sich darüber, dass sie zu viele Hausaufgaben hätten und ohnehin das Studium ungerecht sei. Soweit, so normal. Beim genaueren Hinsehen ergeben sich aber doch einige Unterschiede. Besonders auffällig ist, dass die meisten Kurse sehr klein sind. Eine Einführungsvorlesung mit 500 Teilnehmern, wie sie an Universitäten in Deutschland gang und gäbe ist, sucht man in Klausenburg vergeblich. Mehrheitlich umfassen die Seminare und Vorlesungen weniger als 20 Studierende. Das liegt allerdings nicht nur daran, dass prinzipiell weniger Studenten eingeschrieben sind, sondern auch daran, dass fast alle Studenten neben ihrem Studium de facto Vollzeit arbeiten und deswegen nur selten zur Uni gehen.

Zwar muss in Deutschland auch ein großer Teil der Studierenden arbeiten, um die Ausbildung zu finanzieren – Vollzeitjobs verbietet der Gesetzgeber allerdings, schließlich soll genügend Zeit bleiben, um sich auf die Ausbildung zu konzentrieren. Ich habe wirklich großen Respekt vor denen, die das anspruchsvolle Studium meistern und gleichzeitig einer Vollzeit-Tätigkeit nachgehen, dennoch finde ich diesen Umstand äußerst problematisch. Kritisches Denken, gründliches Recherchieren und wissenschaftliches Schreiben erfordern Zeit. Fehlt diese, so ist auch echtes „Studieren“ nur eingeschränkt möglich. Eine weitere Besonderheit – an die ich mich bis jetzt nicht richtig gewöhnen konnte – ist, dass in den Seminaren erheblich weniger diskutiert wird, als an meiner Heimatuniversität. Selbstverständlich sind auch dort nicht alle Studenten mit vollem Eifer dabei und beteiligen sich aktiv am Geschehen, dennoch ist die Streitkultur eine andere. Stellt der Dozent eine Frage, so wird diese von den Studierenden auch beantwortet. In rumänischen Kursen herrscht dagegen oft ein beklemmendes Schweigen, wenn es darum geht, Themen kritisch zu diskutieren.

Ich habe den Eindruck, dass einige Dozenten es sich deswegen schon abgewöhnt haben, die Studenten nach ihrer Meinung zu fragen, weil sie bereits wissen, dass sie keine Antwort erhalten. Besonders kurios ist auch der Umstand, dass die Kommunikation mit den Dozenten oft über soziale Netzwerke funktioniert. So kann es passieren, dass der Dozent am späten Abend noch schnell wichtige Informationen bei Facebook postet. Dieser lockere Umgang miteinander wäre in Deutschland undenkbar. Dennoch ist mein Gesamteindruck überaus positiv. Die gute Betreuung durch die Dozenten, das internationale Feeling und die Freiheit, als Erasmus-Student aus dem gesamten Angebot der Universität wählen zu können, machen das Studium sehr besonders.