Kommentar: Grinsender Dritter

Die stärkste, fieseste und kleptomanischste Partei Rumäniens hatte seit ihrer Gründung 1990 fünf Vorsitzende. Gegen Gründer Ion Iliescu („Ich bin arm und ehrlich!“) läuft ein Verfahren wegen Menschenrechtsverletzungen. Nachfolger I Adrian Năstase saß wegen Korruption im Gefängnis. Nachfolger II Mircea Geoană (Iliescu: „der Dummkopf“= „prostănacul“) ist der einzige, der mit der Justiz nicht über Kreuz geriet, hielt sich aber nicht lange an der Parteispitze. Ausgebootet wurde er von Victor Ponta. Nachfolger III stolperte über einen Plagiatsskandal. Er wurde vom urbalkanischen Hinterwäldler Liviu Dragnea, „Daddy“, Nachfolger IV, ersetzt, der wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch im Gefängnis sitzt. Er gab Order, Waisenkinder zugunsten der PSD zu bestehlen. Auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit...

Nun hat die PSD eine Art weibliche Ausgabe von Mircea Geoană an ihrer Spitze, Vasilica Dăncilă. Anfangs taumelte sie von Fauxpas zu Fauxpas, fing sich aber zwischenzeitlich. Sie hat einen Straffälligen, Darius Vâlcov, vom Chefberaterposten entfernt und einen Vorbestraften, Remus Borza, an dessen Stelle gesetzt. Auch sonst tut sie traumwandlerisch alles Mögliche, die Macht der PSD aufrechtzuerhalten, bis hin zu einem – verhaltenen – Widerstand gegen-über Präsident Johannis. So gesehen hat die Dame, vom „Daddy“ aus einem Brüsseler parlamentarischen Nichts plötzlich zu seiner rechten Hand gemacht, einen Persönlichkeitssprung erlebt. Sie wirkt selbstbewusst und suggeriert, eine Strategie für ihre Partei (alles beim Alten lassen) und für Rumänien zu haben (für die Justiz nur noch das Minimalste an Änderungen, populistische Maßnahmen fortsetzen, vom Untergraben der Justiz nichts zurücknehmen, Konzerne ruhigstellen und bei der Stange halten usw.). Dieses „Programm“ ist ihre Empfehlung, um sich Ende des Monats beim Parteitag zur Nachfolgerin V küren zu lassen. Das bestätigt die Überzeugung aller Beobachter, dass die PSD sich nicht reformieren kann, ohne sich selber zu zerstören.

Die Linie des Aufrechterhaltens des Status quo durch die PSD in Partei und Regierung sollte der bei den Europawahlen siegreichen Opposition entgegenkommen. Anstandshalber müsste jetzt – knapp vor den zweimonatigen parlamentarischen Sommerferien – noch rasch ein Misstrauensantrag gegen die Regierungskoalition eingebracht werden, weil diese nach dem Wahldebakel nicht ehrenhaft zurücktrat. Das ist man seiner Wählerschaft schuldig, die weniger für die Opposition, sondern überwiegend gegen die Regierungskoalition gestimmt hat. Wenn die Opposition sich jetzt selbst beweihräuchert, statt Muskeln spielen zu lassen (auch wenn die Chancen eines Misstrauensantrags minimal sind), kann die Stimmung rasch kippen, etwa wenn es der Regierungskoalition einfallen sollte, eine ihrer finanziell halt- und wirkungslosen, aber populistisch effektvollen Lohn- und/oder Rentenerhöhungen zu dekretieren. Aus sämtlichen bisherigen Stellungnahmen des Präsidenten ist ersichtlich, dass auch er den Misstrauensantrag erwartet („Ich glaube, die Opposition schreibt bereits die letzten Sätze des Misstrauensantrags. So würde ich es machen.“)

Und was tut die Opposition? PNL, USR und PLUS zerfleddern sich gegenseitig. Sie waschen öffentlich ihre dreckige Wäsche, wo in der Politik Diskretion und Zurückhaltung oft viel mehr bewirken. Zumal es um konvergente Interessen geht. Sollte die USR/PLUS – alias Allianz 2020 – bei ihrer Entscheidung bleiben, bei den Präsidentschaftswahlen zum Jahresende einen eigenen Kandidaten ins Rennen zu schicken, könnten plötzlich Johannis (der zu früh bekannt gegebene PNL-Kandidat) und Cioloş (als Allianz 2020-Kandidat) sich in der Endausscheidung gegenüberstehen. Beim Dreckschleudern, das in Rumänien Wahlkampf heißt, eine Horrorvorstellung. Grinsender Dritter wär‘ einmal mehr eine reformunfähige PSD.