Konservative Trippelschritte

Vergangenen Freitag ist für Deutschland und Europa die Ära Merkel zu Ende gegangen. Die Kanzlerin verabschiedete sich mit einer wohltemperiert emotionalen Rede (zuletzt mit Tremolo in der Stimme) als CDU-Vorsitzende von den 1001 Delegierten des Kongresses (Motto: „zusammenführen und zusammen führen“) und hatte die Genugtuung, ihre Wunschkandidatin „AKK” (Annegret Kramp-Karrenbauer) mit knapper Mehrheit als Nachfolgerin gewählt zu sehen – was (gemessen an den vermuteten Absichten der Gegenkandidaten von AKK) die einzige Garantie für ihren Verbleib bis 2021 als Kanzlerin war. Der erklärte Wunsch von Angela Merkel.

Wie Politik nun nach der Trennung von Parteivorsitz und Kanzlerschaft weiterhin laufen wird – warten wir es ab! Sicher weder für die Kanzlerin noch für die neue CDU-Vorsitzende (die seit Februar von Merkels Gnaden CDU-Generalsekretärin war) einfacher, zumal im Februar 2019 noch der Wechsel von Horst Seehofer zu Markus Söder ansteht und mit Söder ein gleichermaßen unbequemer wie lauter und flatterhafter Alliierter im Boot zappelt.

Auf alle Fälle ist AKK die sicherste Garantie, dass durch die Bundesrepublik und durch Europa weiterhin ein Merkelscher Geist der Abgeklärtheit, des konservativen Bewahrens aus der Position von mitte-rechts (… vielleicht von etwas weiter rechts…), der Ausgewogenheit, der um- und vorsichtigen Öffnung bewahrt wird. Der frühere exklusive Männerbund CDU („konservativ, wirtschaftsfreundlich, im Zweifel männlich“, meint „Der Spiegel”) bleibt weiterhin ohne Kopf, weil der Wunschkandidat des heimlichen Merkel-Kontrahenten Schäuble, Friedrich Merz, knapp, aber klar (mit 482 zu 517 Stimmen) gescheitert ist und wohl zurück ans Geldscheffeln geht.

Ob AKK aber die Wähler, die zur AFD oder zu Grün abdrifteten, zurückbringt? Die 56-jährige Mutter dreier Kinder, seit 37 Jahren in der CDU, hat ihr sicheres Ministeramt im Saarland aufgegeben. Sie kann auf 18-jährige politische Führungserfahrung hinweisen. Sie ist der Typ einer Siegerin im politischen Kampf (ihr Landtagssieg im Saarland 2017 hat praktisch die Schulz-Dampfwalze der SPD zum Stillstand gebracht), sie hat sich in diversen Ministerien gründlich, um- und weitsichtig umgesehen. „Merkel zwei“ dürfte sie kaum werden. Doch bleiben ihre öffentlichen Auftritte spröde (auch die Fernsehübertragung ihrer Reden und Statements vergangenen Freitag zeigte sie so). Eine Freundin hastiger Entscheidungen ist sie mit Sicherheit auch nicht. Sie kommt eher ruhig und abwägend herüber.

In dieser Art entsprach sie auch, unter den Kandidaten Merz, Spahn und AKK, am besten dem Motto des CDU-Kongresses. Der Wahlkampf der drei zeigte eine CDU, wo das bewährte Strippenziehen fairer Konkurrenz wich. Umfragen honorierten das mit +vier Prozent in der Sonntagsfrage. Ob AKK auch ihrem, absolut nötigen, Wirken als Vermittlerin zwischen den Parteiflügeln Erfolg beschert sein wird? Voraussetzungen bringt sie mit.

Dass sie auch Grobheiten des politischen Wahlkampfs beherrscht bzw. seitens ihres Teams toleriert, zeigte der Stich mit dem Privatflugzeug von Merz oder die Hinweise auf die Haltung des Gegenkandidaten Merz in Sachen Einführung der 42-Stunden-Woche und Abschaffung des Kündigungsschutzes. Wenn all das auch zehn Jahre zurücklag. Gegenkandidat Spahn, wie Friedrich Merz wirtschaftsliberal und mit einem Faible zum starken Staat, dürfte erst in den nächsten Jahren gefährlich an ihrem Stuhl rütteln, der auf (mit Entschiedenheit) „Mehr Demokratie wagen“ fest zu stehen scheint.

Die Ära Merkel ging zu Ende, wie es sich die Kanzlerin gewünscht hat. Den Staffelstab übernahm die Wunschkandidatin und einzige Garantin für die innenpolitische Merkel-Kontinuität in der Bundesrepublik. Ob das an der Autorität der Kanzlerin außenpolitisch kratzt, wird sich noch zeigen.
Mit konservativen Trippelschritten wird es jetzt weitergehen.