„Lasst uns gemeinsam gehen“

Papst als Brückenbauer auf Besuch in Rumänien

Papst Franziskus wird vom 31. Mai bis 2. Juni 2019 im Land sein Foto: Wikimedia Commons

Das Logo der Reise von Papst Franziskus nach Rumänien

Anfang Januar 2019 war das Thema Rumänien auf den meisten Titelseiten der europäischen Zeitungen: Die EU-Ratspräsidentschaft wurde durch Rumänien übernommen. Die zweite Meldung, die durch die erste, wichtigere, fast verdrängt wurde, ist der Besuch des Papstes in Rumänien.

Am 11. Januar 2019 hat das Presseamt des Heiligen Stuhls offiziell den Besuch des Pontifex in Rumänien bekannt gegeben.
Cotidianul.ro wusste bereits mehr, obwohl der offizielle Text des Vatikans auf die Bekanntgabe des Programms vorläufig verzichtet und die Veröffentlichung der Einzelheiten „zu gegebener Zeit“, so die Notiz aus dem vatikanischen Pressesaal, erfolgen soll.

Laut „Cotidianul“ soll Papst Franziskus auf dem Flughafen Otopeni landen und sogleich von Rumäniens Präsident Klaus Johannis im Schloss Cotroceni empfangen werden. Anschließend wird eine Begegnung mit Patriarch Daniel im Patriarchenpalast stattfinden.

Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche ist mit ungefähr 17 Millionen Mitgliedern nach der Russischen Orthodoxen Kirche die zahlenmäßig zweitgrößte orthodoxe autokephale Kirche in der Welt. Rumänien weihte 2018 seine neue Hauptkirche ein und bricht damit mehrere Rekorde. Die höchste orthodoxe Kirche und die schwerste Glocke der Welt stehen neu in Bukarest. Die Kathedrale bietet 5000 Gläubigen Platz. Mit 120 Metern Höhe ist die neue Hauptkirche der rumänischen Orthodoxie das höchste orthodoxe Gotteshaus der Welt. Zudem verfügt die Kathe-drale für ihr Monumentalgeläut über die größte frei schwingende Glocke weltweit. Mit 3,35 Metern Durchmesser und 25,19 Tonnen Gewicht verdrängt sie die Petersglocke im Kölner Dom, den sogenannten „Dicken Pitter“, vom Spitzenplatz. In der neuen orthodoxen Hauptkirche soll ein ökumenischer Gottesdienst durch Patriarch Daniel und den Papst zelebriert werden.

Bereits am 12. Januar 2019 meldete in Bukarest die ADZ den Papstbesuch an und berief sich dabei auf das Pressebüro der Präsidentschaft. „Unter anderem soll die Reise nach Bukarest, Blasendorf/Blaj und Jassy/Iași gehen. Der Besuch wird insgesamt drei Tage dauern und kommt als Antwort auf eine Einladung des rumänischen Staatspräsidenten Klaus Johannis vom März 2017. Der letzte und einzige Besuch des katholischen Kirchenoberhauptes liegt schon eine Weile zurück – im Jahr 1999 war Papst Johannes Paul II. auf Einladung des Patriarchen Teoctist zu Gast in Rumänien.“ So die knappe Meldung der Tageszeitung „Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien“ (ADZ).

Der Apostolische Nuntius in Rumänien und Republik Moldau, Msgr. Miguel Maury Buendia, hat am 31. Januar 2019 nach einem Empfang beim Papst Franziskus in Rom betont, dass der Heilige Vater sich sehr freue, Rumänien zu besuchen, und bestätigte das Datum des Besuchs – 31. Mai - 2. Juni 2019 – und die vier Stationen des Papstbesuches in Rumänien.

Katholische Presseagenturen meldeten in der ganzen Welt den Besuch und veröffentlichten auch das für diesen Zweck geschaffene Logo. Das Motto der Apostolischen Reise in Rumänien lautet „Lasst uns gemeinsam gehen - Să mergem împreună“. Das Logo zeigt die in Rumänien besonders verehrte Gottesmutter als Mantelmadonna, ihre Hände schützend über das Gottesvolk ausbreitend. Die im Logo verwendeten Farben erinnern an die Farben der Nationalflagge: blau, gelb und rot.

Ernste Spekulationen gab es bereits im Mai 2017 bezüglich eines möglichen Papstbesuchs in Rumänien. Der römisch-katholische Erzbischof von Bukarest, Ioan Robu, berichtete der Presse, dass Papst Franziskus sowohl von der katholischen Bischofskonferenz als auch von Rumäniens Präsident Klaus Johannis und vom rumänisch-orthodoxen Patriarchen Daniel Ciobotea eingeladen worden sei.

Erzbischof Robu nannte 2017 als möglichen Anlass für eine Papstreise nach Rumänien die Heiligsprechung von sieben griechisch-katholischen Märtyrerbischöfen, die in der Zeit von 1950 bis 1970 während des kommunistischen Regimes gestorben sind. Als denkbare Reiseziele nannte der Bukarester Erzbischof schon damals die Wallfahrtsorte Blasendorf/Blaj und Șumuleu-Ciuc/Csíksomlyó /Schomlenberg.

Rund 86 Prozent der Rumänen gehören der rumänisch-orthodoxen Kirche an. Katholiken und Protestanten bilden kleine Minderheiten mit jeweils rund fünf Prozent Bevölkerungsanteil. Der Anteil der mit Rom verbundenen griechisch-katholischen Kirche beträgt etwa drei Prozent.

Dr.Serafim Joanta, der Rumänisch-Orthodoxe Erzbischof und Metropolit für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa mit Sitz in Nürnberg, erinnert sich gerne an den ersten Papstbesuch in Rumänien vom 6. bis 11. Mai 1999. „Zum ersten Mal hat der Bischof von Rom ein Land besucht, in dem die Mehrheit der Christen zur orthodoxen Tradition gehört“, betonte der Metropolit in seinem Erfahrungsbericht. Weiter heißt es: „Alle Menschen haben den Besuch positiv aufgenommen, Orthodoxe und Katholiken und Protestanten, die lateinischen Katholiken und die griechisch-katholischen Katholiken haben den Besuch als einen Segen gesehen.“

Rumänien ist ein Land mit vielen Facetten, mit vielen Sprachen und Religionen. Johannes Paul II. sagte damals „Rumänien erlebe ich als einen Garten Mariens, als ein Land der Begegnung“. Das sind gute Voraussetzungen für Papst Franziskus, der seine Reise nicht nur auf die Hauptstadt Bukarest beschränken wird, sondern seine Reiseziele mit viel Bedacht so aussuchte, damit im „Land der Begegnung“ auch konkrete Brücken der Verständigung zwischen den Menschen gebaut werden können.

Besuch in Blasendorf

Kardinal Lucian Mureșan, Präsident der Katholischen Bischofskonferenz Rumäniens, erklärte: „Wir hoffen, dass die Anwesenheit des Stellvertreters Petri Inspiration für Rumänien bringt, all das Gute und Kostbare zugunsten des Landes und des Gemeinwohls zu vereinen“.
Die Hoffnungen des Großerzbischofs Mureșan sind nach Medienberichten begründet, da die griechisch-katholische Kirche, die in Rumänien 1948 verboten wurde, sich immer noch benachteiligt fühlt. Erst nach der politischen Wende in Rumänien konnte Papst Johannes Paul II. am 14. März 1990 die Hierarchie der unierten Kirche wiederherstellen und ihre fünf Bistümer erneut besetzen.

Das nach Bukarest zweite angesteuerte Reiseziel des Papstes ist nach langen internen Verhandlungen Blasendorf, der Sitz des Großerzbistums Fogarasch und Karlsburg/Alba Iulia und des Oberhauptes der mit Rom unierten rumänischen griechisch-katholischen Kirche.

Besuch in Jassy


Jassy/Iași ist das nächste Reiseziel des Papstes. Das Katholische Bistum Jassy hat bereits am 13. Januar 2019 seine Gläubigen über den hohen Besuch informiert und ihnen konkret mitgeteilt, dass Jassy eine der „privilegierten Städte Rumäniens“ sei und vom Pontifex am 1. Juni 2019 besucht werde. Die Kirchenmitglieder wurden im Februar aufgefordert, sich in die Teilnehmerlisten für den Papstbesuch eintragen zu lassen. Bischof Petru Gherghel betont in einem Radiointerview: „Der Papst will durch seinen Besuch in Jassy, also in der Moldau, zeigen, dass die Kirche nicht vergessen wird, egal wo sie sich befindet“. Er weist auf die sprachliche Zusammensetzung der Gläubigen in seinem Bistum hin; der Großteil seien Rumänen aber auch viele Polen, Deutsche und Ungarn.

Das Bistum Jassy wurde am 27. Juni 1884 durch Papst Leo XIII. errichtet und hat viele Höhen und Tiefen erlebt. Erstmals wurde urkundlich ein katholisches Gotteshaus 1586 in Jassy erwähnt. Die Altkathedrale Mariä Entschlafung (Catedrala Adormirea Maicii Domnului) wurde 1789 erbaut. Sie erwies sich mittlerweile als zu klein für die Anzahl der Kirchenbesucher, sodass im Jahre 2005 die neue, moderne Kathedrale Maria Königin (Catedrala Sfânta Fecioara Maria, Regina) von Bischof Petru Gher-ghel eingeweiht wurde.

Besuch in Șumuleu Ciuc

Sicherlich ist die Bekanntgabe der letzten Station des Papstes weltweit bei sehr vielen Kommentatoren erstmals auf Nichtwissen gestoßen. Sogar Kenner des Landes Rumänien mussten die Landkarte zur Hand nehmen, um nach diesem nur für Insider bekannten Wallfahrtsort zu suchen. Allerdings war das Pilgern nach Csíksomlyó unter kommunistischer Herrschaft 40 Jahre lang nicht grundsätzlich verboten, dennoch versuchten die Organe des totalitären Staates, die Teilnahme durch zahlreiche Schikanen massiv zu behindern.

1990 fand erstmals seit 1949 wieder eine dem tradierten Regelwerk nach vollständige, öffentliche und von staatlicher Seite zugelassene Wallfahrt in Csíksomlyó statt. Bald fasste die Kirche die große Zahl der Wallfahrer nicht mehr. 1993 wurde ein überdachter Altar, mehrere hundert Meter von der Kirche entfernt, unter freiem Himmel errichtet. Der Wallfahrtsort ist demnach für den Pontifex-Besuch 2019 gerüstet. In den letzten Jahren nahmen an der Wallfahrt zur Marienkirche circa 300.000 Menschen teil.

Seit 1567 pilgerten jedes Jahr zu Pfingsten die katholischen Magyaren des Szeklerlandes, die Székler, und die Tschangos oder Tschangonen, eine mit den Széklern eng verwandte ungarische Volksgruppe, deren historisches Siedlungsgebiet am östlichen Abhang der Karpaten in der Moldau liegt, nach Csíksomlyó.

Unabhängig von ihrer Religion erhoffen sich die meisten Menschen in Rumänien durch den Papstbesuch eine nähere Brücke zu Europa. Er möge ein Zeichen setzen, sagen viele, gegen Nationalismus und Kleindenkerei, ein Zeichen für Frieden in einem Land, das während der vielen Jahrhunderte doch bewiesen hat, dass Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und Religionen miteinander friedlich leben können.