Mehr Verantwortung für Adoptionswillige

Adoptionsrate in Rumänien nahm zu / Trotzdem sind Waisenhäuser immer noch voll

Fast 6000 Kinder befinden sich zurzeit in sozialen Einrichtungen in Rumänien – eine viel zu hohe Zahl, finden die Mitglieder der regierungsunabhängigen Organisation „ADOR COPIII“, die sich für ein besseres Adoptionssystem stark macht. Dazu kommt, dass jährlich etwa 300 Familien, die ein Kind adoptieren möchten, dies einfach nicht schaffen, weil sie mit dem Pflegekind nicht übereinstimmen. Auf diesen und andere Aspekte machte „ADOR COPIII“ in Temeswar/Timişoara aufmerksam. Hier wurde anlässlich des Nationalen Adoptionstages am 2. Juni eine Konferenz organisiert. „Wir glauben, dass mehr Verantwortung seitens der Adoptionswilligen und deren Ausbilder nötig ist“, betonte Simona Czudar, die Vorsitzende der Organisation „ADOR COPIII“. Die adoptionswilligen Eltern würden ihre Vorstellung von einem idealen Kind auf das zu adoptierende Kind projizieren, was im Grunde falsch sei. „Jedes Kind hat das Recht, in einer Familie aufzuwachsen“, so Simona Czudar weiter. Sie hob gleichzeitig hervor, dass das Alter der Adoptivkinder in den vergangenen Jahren gestiegen ist, was eine erfreuliche Entwicklung darstelle. „Vor sechs Jahren, als wir das Kind adoptierten, war es noch ein Tabu, drei- oder vierjährige Kinder zu adoptieren. Ich freue mich, dass die Menschen ihre Herzen geöffnet haben“, sagte Czudar.

Landesweit wurden im vergangenen Jahr 821 Kinder zur Adoption vermittelt. 13 internationale Adoptionen meldete die Landesbehörde für Kinderrechtsschutz und Adoption. Gegenwärtig gibt es in Rumänien ungefähr 4000 Kinder zu adoptieren – ungefähr die Hälfte davon ist zwischen 7 und 13 Jahre alt. „Ich ermahne alle adoptionswilligen Personen, den legalen Weg zu gehen und nicht zu versuchen, das Adoptionsverfahren auf irgend eine Art und Weise zu verkürzen. Wenn sie den direkten Kontakt zur natürlichen Familie des Kindes suchen, so riskieren sie, ein Leben lang erpresst zu werden“, sagte Emilia Milutinovici, die Leiterin des Temescher Kinderschutzamtes. „Ich rate den Adoptiveltern zu mehr Geduld, denn schließlich geht es um den zukünftigen Lebensweg eines Kindes“, fügte Milutinovici hinzu. Im Kreis Temesch erlebte die Adoptionsrate eine „positive Entwicklung“, so die Leiterin des Temescher Kinderschutzamtes. Im Jahr 2013 wurden im Kreis 29 Kinder adoptiert, wobei es ein Jahr später 60 Kinder waren, die eine neue Familie fanden. Emilia Milutinovici erklärte auch, dass sich das Adoptionsverfahren in die Länge zieht, wenn die Adoptionswilligen spezielle Erwartungen von ihrem künftigen Kind haben. „Wenn sie zum Beispiel angeben, dass sie sich ein Mädchen oder ein sehr kleines Kind wünschen, so kann es sein, dass es länger dauert, bis sie ein Kind finden“, sagte sie.

„Es wurden Vorschläge eingereicht, um das rumänische Adoptionsgesetz zu vereinfachen. In diesen Vorschlägen geht es unter anderem um eine einfachere Evaluation der adoptionswilligen Eltern und der Adoptivkinder. Ein weiterer Aspekt bezieht sich auf den Arbeitgeber der Pflegeeltern. Es sollte gesetzlich geregelt sein, dass sich adoptionswillige Eltern bis zu 40 Stunden im Jahr frei nehmen dürfen, um sich an diversen Ausbildungskursen zu beteiligen“, erklärte Tatiana Popa, die Leiterin der Adoptionsabteilung innerhalb der Landesbehörde für Kinderrechtsschutz und Adoption. Die Verlängerung des Adoptionseignungszertifikats von einem auf zwei Jahre wird ebenfalls beantragt. „Die Mehrheit der Adoptionswilligen in Rumänien sind Paare, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können“, sagte Simona Czudar. „Als Adoptiveltern muss man ausgesprochen hohe emotionale Qualitäten aufweisen. Eine Adoption darf nicht aus purem Mitleid geschehen“, betonte die Adoptivmutter. Das rumänische Adoptionsgesetz sieht vor, dass auch allein lebende Personen Kinder adoptieren können. Es sei nicht einmal wichtig, eine eigene Wohnung zu besitzen, so Simona Czudar. „Am wichtigsten ist, was sie seelisch zu bieten haben“, schloss die Vorsitzende von „ADOR COPIII“.