Minderheitenmedien in Rumänien im Blickpunkt

Bei einem Symposium in Konstanza wird engere Zusammenarbeit angedacht

„Journalisten der Minderheitenverbände Rumäniens sind eigentlich in einer ausgezeichneten Position“, ist sich Rajko Kornja sicher. Als Mitglied des Verwaltungsrates des Fernsehsenders TVR hat er einen geübten Blick auf die rumänische Medienlandschaft: „Das breite Publikum setzt kaum noch auf die einheimischen Medien und erwartet die üblichen bunten, schrillen Geschichten. Hier liegt eine besondere Chance.“ Doch wie können sich die Medien der Minderheitenverbände ein breiteres Gehör unter den Massenmedien verschaffen? Wie ist es um eine künftige Zusammenarbeit bestellt? Ein viertägiges Symposion in Konstanza/Constanţa sollte erste Antworten liefern und die Chancen einer Kooperation der nicht-rumänischsprachigen Medien ausloten. Unter der Schirmherrschaft des Departements der Regierung für interethnische Beziehungen nutzten Mitglieder der Minderheitenverbände diese Möglichkeit, um sich über ihren Redaktionsalltag, Herausforderungen und Perspektiven auszutauschen. Minderheitenverbände aus Konstanza gewährten zudem Einblicke in ihre Arbeit.

So veröffentlicht unter anderem der Demokratische Verband der muslimischen Turktataren Rumäniens sein Monatsmagazins „Qaradeniz“ (dt. „Schwarzes Meer“): In rund 2000 Ausgaben informiert der Verband auf Tatarisch und Rumänisch über seine Veranstaltungen. „Wir wollen uns damit an die gesamte regionale Gemeinschaft richten“, unterstreicht Geafer Dincer, zuständig für die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit. Allerdings setze ein knappes Budget der Reichweite und Auflagenstärke des Magazins recht enge Grenzen. Über die begrenzte Reichweite klagt auch Derya Halil, Moderatorin des türkischen Senders „Radio T“ in Konstanza: „Wir können vier Stunden täglich senden, aber leider nur in Konstanza und im näheren Umland – schon in Medgidia ist Rauschen das einzige Programm.“ Ob man auch auf einer reichweitenstärkeren Frequenz senden könne? Alles eine Kostenfrage, so Halil.

Natürlich gebe es Überlegungen, per Livestream im Internet zu senden, aber: „Wir müssen vorher langfristig unseren Sendebetrieb sicherstellen. Ausstattung, Gehälter, Betriebskosten – alles muss gezahlt werden. Nach einer Starthilfe aus der Türkei für die Ausstattung haben wir kaum finanziellen Spielraum.“ Das Geld beschäftigt auch die in Konstanza ansässige Gemeinschaft der Russen und Lipowaner. Ciprian Haralambie beklagt, dass die Volkszählung von 2011 nur knapp 24.000 Russen und Lipowaner in ganz Rumänien aufführt. „Die Angaben unserer Kirchengemeinden weichen jedoch nach oben ab – sie haben einen genauen Überblick über die Größe unserer Volksgruppe.“ Die Formel sei einfach: Je größer die eigene Gemeinschaft, desto größer die finanzielle Förderung. Der Verband kann seine Mitglieder dennoch auf dem Laufenden halten: Auf Russisch und Rumänisch informiert seine Monatszeitschrift „Zori“ (dt. „Morgenröte“) die Mitglieder über Kultur, Jugend und Veranstaltungen.

Die Minderheitenverbände eint also ein Problem: das Geld. Was liegt also näher, als sich enger zusammenzuschließen? Viele Journalisten haben einen ungeheuren Erfahrungsschatz. „Es ist doch wie bei diesen kleinen ‚3-in-1’- Kaffeeportionen an der Supermarktkasse: Die Redakteure sind Reporter, Fotograf und Fahrer zugleich“, vergleicht Kornja. So seien beispielsweise die Mitarbeiter der in Temeswar/Timişoara erscheinenden serbischen Wochenzeitschrift „Nasa Rec“ (dt. „Unser Wort“) seit 26 Jahren mit den Herausforderungen gewachsen. Bei aller Versiertheit und trotz fest umrissener Zielgruppen plage viele Redaktionen ein Problem: „Die Themen drehen sich im Kreis.“ Oft stünden wiederkehrende Veranstaltungen im Rahmen der Gemeinschaften im Mittelpunkt, weshalb ein breiteres Themenspektrum dringend notwendig sei.

Außerdem fände kaum journalistischer Nachwuchs den Weg in die Redaktionen. Ein  weiterer bitterer Beigeschmack seien trotz allen Potenzials der Minderheitenmedien die altbekannten Zustellprobleme mit der Post. Um sich in der Medienlandschaft behaupten zu können, müssten die Verbände zusätzliche Wege finden, um sich Gehör zu verschaffen. Hier kommt trotz ihrer katastrophalen finanziellen Lage die staatliche rumänische Fernsehgesellschaft TVR ins Spiel. 2008 wurde der Kanal TVR 3 ins Leben gerufen, der Sendungen aus den Lokalstudios aus dem ganzen Land ausstrahlt. Minderheiten können sich da auch Gehör verschaffen. Allerdings ist die Präsenz der Minderheiten hier noch ausbaufähig. Der Kanal als mögliche Plattform existiert, aber: „Wir als Minderheiten sind dort keine Priorität“, räumt Kornja ein.

„Kurzfristige Meldungen sind im Zweifelsfall wichtiger als eine Kulturveranstaltung, und die Leitung hat stets ein allzu wachsames Auge auf das Budget.“ TVR als Basis für eine bessere Präsenz der Minderheiten in der Öffentlichkeit? Das geht nicht ohne doppelten Rückhalt: Die politischen Entscheidungsträger müssten hierfür ein höheres Budget absegnen und die Minderheitenverbände müssten künftig ihren Anliegen mehr Nachdruck verleihen. Eine Zusammenarbeit zwischen den Medien der Minderheiten ist denkbar: Die rumänische Sprache verbindet alle, unabhängig von Wohnort und Muttersprache. So könnten aufeinander abgestimmte Fernsehsendungen mit rumänischen Untertiteln den Zugang und den Themenkreis erweitern – Berichte der Minderheiten könnten zugleich Berichte über die Minderheiten werden.

Wie geht es weiter? Auch hier kommt die Zweisprachigkeit ins Spiel: Der Rat der Serben in Rumänien drückt auf das Tempo und strebt die Gründung einer Journalistenvereinigung der Minderheiten an. Borislav Velimirovic, Vertreter des Rates: „Die Verbände müssen dahinterstehen und grünes Licht geben, sonst bleibt es wieder nur bei schönen Ideen.“ Die Zweisprachigkeit sei eine ungeheure Chance, zukünftig Meldungen von- und übereinander für ein breites Publikum zu veröffentlichen, ausdrücklich auch in Printmedien. Geldsorgen wischt Velimirovic beiseite: Bereits in der Vergangenheit habe das Departement für interethnische Beziehungen Projekte zum Großteil finanziert, und die „Nasa Rec“ erscheine ebenfalls mit dessen Unterstützung. Noch im Sommer sollen auf einem Folgetreffen die nächsten Schritte vereinbart werden.