Mit Essen die Welt bewegen

ADZ-Gespräch mit dem Vorsitzenden des Vereins „My Transylvania“, Cristian Cismaru

Seit diesem Herbst kann auch die Klausenburger Esskultur erkundet werden.

„Salone del Gusto“ in Turin bietet alle zwei Jahre eine Plattform für lokale Hersteller und Fachleute im Bereich, programmatische Vorträge und reichlich Gelegenheit zum Verkosten aller möglichen Leckerbissen. Fotos: „My Transylvania“

Der Verein setzt sich in Zukunft mehr für die Erhaltung des Burduf-Käse ein, hier ein Picknick in der Gegend Râu Sadului.

Das vierte Festival „Gastronomisches Siebenbürgen – Festival für Esskultur“, das zig Chefköche, Fachleute und Feinschmecker in Hermannstadt/Sibiu zusammenbrachte, organisierte der Verein My Transylvania Mitte September. Über die Inhalte des Festivals und weitere Themen sprach Vlad Popa mit dem Vorsitzenden des Vereins „My Transylvania“, Cristian Cismaru.


Das Novum des diesjährigen Festivals war das Thema Bildung. Warum und wie habt ihr das Thema angegangen?

Wir hatten uns als Aufgabe der ersten drei Jahre ausgesucht, dass wir die Restaurants mit den lokalen Produzenten verbinden. Nach den drei Jahren und den elf Jahren davor, in denen wir die Brunches veranstaltet haben, haben wir gedacht, dass diese Aufgabe zumindest teilweise gelöst ist. Außer den ganz kleinen Produzenten gibt es inzwischen drei-vier lokale Ketten, die lokale Produkte aktiv verkaufen, sodass wir der Ansicht waren, dass diese Aufgabe teilweise abgeschlossen ist. Dabei haben wir beobachtet, dass die Betreiber der Restaurants, Hotels oder Gästehäuser noch viel Ausbildung brauchen, und wir haben uns dieser neuen Rolle der Entwicklung durch Ausbildung angenommen. Wir haben versucht, das ganze Konzept des Festivals umzugestalten und nicht mehr so viele kulinarische Events sondern eine ganze Reihe Meisterkurse anzubieten. Die Köche in Hermannstadt selber lieferten dabei Themen, wie die Herstellung und Instandhaltung der Messer, Räuchertechniken und andere. Wir hatten dabei die wichtigsten 20 Köche der neuen rumänischen Küche anwesend, die vor Gruppen von acht bis 15 Teilnehmern – zum Großteil Leute im Gastronomiebereich, aber nicht nur – sprachen. Wir waren auch in Johannisberg (Nucet) im Harbachtal (Valea Hârtibaciului), wo ich den Teilnehmern zeigen wollte, was man in einer kleinen Familienwirtschaft machen kann. In diesem Fall bieten die Gastgeber nur Gemüse an, aber sie haben einen super Brunch nur mit Gemüse gemacht und die Vielfalt war groß, einfach damit die Köche sehen, dass man mit Gemüse in einem kleinen Dorf gute Ergebnisse haben kann. Dann waren wir im Zoodt-Tal, wo ich ihnen viel über den Burduf-Käse erzählen wollte.

Wir wollen nämlich auf der Plattform „Slow Food“ ein Präsidium einführen, was bedeutet, dass sich eine Gruppe von Menschen um ein emblematisches Produkt kümmert. Zurzeit ist bei Slow Food, aus unserem Gebiet, nur noch das Baaßner Schwein eingetragen. Hier erklärte der Vizebürgermeister Daniel Minea aus Râu Sadului, wie das Bürgermeisteramt die Weideflächen konzessioniert, wie das Verfahren vom Gesichtspunkt der Lokalverwaltung aussieht und wir haben zahlreiche Burduf-Käse-Sorten und Butter verkostet. Nicht zuletzt haben wir am Huetplatz/Piața Huet unsere Veranstaltung „Gastronomischer Turm“ nachgemacht, bei der wir mit den Gästen auf den Turm der Stadtpfarrkirche steigen, ihnen die Umgebung zeigen und ihnen erklären, wie die Landschaft und die Geografie auch das Essen prägen. Weitere Themen waren der Bedarf an lokalen Labels, Slow Food oder Vermeidung der Abfälle, wobei anlässlich eines Events gezeigt wurde, wie aus Resten ein schönes Abendessen vorbereitet werden kann und was dann mit den Resten von den Resten gemacht werden kann.

Was hatte diese Auflage für euch als Organisatoren Besonderes?

Wir verfolgen zwei Ziele: Zum einen, dass die Branche etwas zusammenkommt und dass es eine Gruppe von Köchen gibt, mit der man gut zusammenarbeiten kann, und die Aufgabe, die wir diesen Köchen geben ist, dass sie sehr stark innovieren. Wir behalten unsere traditionellen Produkte und Rezepte, aber wir brauchen auch Innovation, eines der zwei Themen, das uns die Jury für das Programmjahr 2019 aufgegeben hat. Bei uns fehlt diese Innovation. Wir haben traditionelle Produkte und Rezepte, aber sehr wenig Innovatives, und ich hoffe, dass wir nicht nur beim Rezept innovieren, sondern auch mit den Produkten selber. Man muss kreativ sein und die Produkte, die jetzt aussterben, durch Innovation retten. Ein Thema war die Zukunft des Burduf-Käses. Vor sieben Jahren gab es beispielsweise in Râu Sadului anlässlich des letzten Konzessions-Verfahrens 40 Hirten, die Weidelandschaft brauchten, und jetzt gab es nur noch die Hälfte. In sieben Jahren sind es dann wahrscheinlich nur noch zehn oder acht, was heißt, dass dieser Käse langsam ausstirbt. Die Köchin Mădălina Șanta aus Sankt Georgen (Sfântu Gheorghe) zeigte uns diesbezüglich, wie ein modernes Rezept funktionieren kann: Sie hat eine Kombination von Burduf-Käse mit jeweils einer Schicht Himbeer-Püree, Veilchensirup und Tomatenwasser zubereitet, bei der die Geschmäcker sich abwechseln und die äußerst lecker ist.

Im Bereich der Gastronomie kam auch das Street Food Festival in Hermannstadt gut an. Wie lässt sich das mit eurer Tätigkeit verbinden?

Beim Street Food Festival sind die Leute clever. Da fragen die Kochmannschaften selber nach den lokalen Herstellern: „Wer verkauft uns Brot lokal“, „Wer kann uns mit Fleisch beliefern?“, „Wo gibt es Gemüse?“. Es läuft alles parallel miteinander: lokales Essen auch beim Street Food, aber z. B. auch beim Craft Beer Festival, wo auch einige lokale Produzenten vertreten waren.

Wie geht es in der nächsten Saison mit den Brunches weiter?

Jetzt, im Herbst, eröffnen wir, abgesehen von den drei bestehenden Regionen Siebenbürgen, Oltenien und Muntenien, das neue Gebiet Nordsiebenbürgen mit Klausenburg/Cluj Napoca, Sălaj, Bistritz, Bihar und bieten die Brunch-Reihe zudem im Banat, der Dobrudscha und der Maramuresch an. Dabei werden diese Events von anderen Mannschaften organisiert, Leute und Partner, die als Freiwillige eben das machen, was wir hier machen. Wir bieten nur Unterstützung bei einer Einführungseinheit und der Lancierung des Events, wonach sie sich relativ unabhängig um die Events kümmern können.

Nächstes Jahr gibt es eine kleine Änderung in der Weise, wie wir die Veranstaltungen organisieren. Wir brechen die Liste etwas auf und es wird eine Sommerpause geben. Im Juli und im August wird es fast nur Events geben, bei denen wir in einem alpinen Gebiet sind, immer über 800 Meter. Wir waren in vielen Dörfern in diesen Hügeln, auch bei uns, aber auch im Süden, aber um die Alpine Landschaft kümmert sich niemand und die Heuhütten und Sennen verfallen auch, es geht auch dort alles verloren. Nach einem ersten Event bei der Suru-Hütte, wo wir ein Schaf in einer Kohlegrube zubereitet haben, beschlossen wir, mehrere Erfahrungen wie Wild Watching, Biologie, alte Kochkunst, Wandern zusammenzubringen und längere Events anzubieten. So wird es kommenden Juli und August nur Events mit Übernachtung im Gebirge geben, die auch für die Gastgeber wirtschaftlich Sinn machen und die von diesen selbstständig oder auf Anfrage von Touristengruppen wiederholt werden können.

Was wir noch versuchen wollen ist, die Plattform Slow Food bekannter zu machen. Wir haben jetzt vier Tage lang am „Terra Madre Salon del Gusto“ in Turin/Italien teilgenommen, wo die besten Fachleute der Branche alle zwei Jahre zusammenkommen und Essen als Instrument für viele verschiedene Zwecke verstehen. Die neue Kampagne der Slow Food International heißt jetzt „Food for Change“, wobei die Idee ist, dass Essen gleichzeitig die Ursache aber auch die Lösung für den Klimawandel ist und die Gemeinschaft, den Naturschutz, das lokale Erbe und die Traditionen prägt. Die Bewegung hat weltweit zahlreiche Unterstützer, richtet sich gegen die Industrialisierung und Technologisierung der Lebensmittelherstellung und hat gleichzeitig mit viel Aktivismus zu tun: Man setzt sich für die Freizügigkeit der Hirten ein, für den Zugang der Frauen weltweit zur Arbeit in der Landwirtschaft oder für die Gebirgsgebiete.

Welche Höhepunkte bringt das neue Jahr?

Mit dem Festival für Esskultur werden wir anstreben, uns dem Prinzip des Slow Food zu nähern, aber nicht nur versuchen, die Dörfer und die Gebirgsgegenden zu retten, sondern auch Food for Change zu betreiben und mit Essen Änderungen hervorzubringen, die für die Natur gut sind. Wir werden für die Brunches fünf neue Regionen haben und hier werden wir, abgesehen von den zwei Teilen Gastronomie und Kultur, auch einen Workshop zu einem bestimmten Produkt einführen, beispielsweise Honig, aber auch andere.

Ich danke für das Gespräch.