Neuerliche Attacke auf Urwälder

Umweltschützer alarmieren Öffentlichkeit: gesetzwidrige Markierungen am Ţarcu

Die immer aktivere Umweltschutzorganisation Agent Green und die in Temeswar ansässige „Altitudine“ schlagen Alarm: An den Hängen des Ţarcu-Massivs im Banater Teil der Südkarpaten haben Forstleute den Markierungshammer gezückt und markierten geschützte Wälder zum Fällen. Agent Green nennt die Forstdirektion Karasch-Severin als Auslöser der Markierungsaktion im Olteana-Tal, wo es einen mehr als 500 Hektar großen Wald gibt, der als Urwald bzw. Quasi-Urwald eingestuft werden kann und (vorläufig teilweise) unter Schutz steht. „Agent Green“ und „Altitudine“ stellen auch Fotos ins Netz, mit Angabe der geografischen Koordinaten, mit denen sie ihre Warnung konkretisieren und untermauern.

In einem Schreiben an Umweltministerin Cristiana Paşca Palmer heißt es: „Liebe Frau Cristiana Paşca Palmer, Ministerin im Ministerium für Umwelt, Gewässer und Forste! Hunderte Baumriesen im Urwald Olteana sind markiert worden, um noch in dieser Woche gefällt zu werden. Beiliegende Fotos zeigen Ihnen Baumstämme im Olteana-Tal mit der entsprechenden Markierung zum Fällen und die Koordinaten ihres Standorts. Diesen Urwald gibt es seit der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren. Er hat sich in seiner Struktur bis zum heutigen Tag erhalten können. Nun soll der Urwald gefällt werden. Um ehrlich zu sein: Die Hälfte dieses Urwalds ist bereits gefällt worden. Nun soll auch der Rest, der dieser Tage illegal markiert wurde, vernichtet werden. Damit wird die Ministerialverordnung 3397/2012 bezüglich des Schutzes von Urwäldern in den Karpaten nachweislich übertreten. Wir bitten Sie aus ganzem Herzen: Reagieren sie dringend auf das Schreiben, das „Agent Green“ und „Altitudine“ gemeinsam unter Nr. 7 / 22.02.2016 an Sie gerichtet haben.“

Das Umweltministerium gibt zu, dieses Schreiben erhalten zu haben und dass es an Staatssekretärin Erika Stanciu weitergeleitet wurde (eine unter Umweltschützern geschätzte Kronstädterin, die sich viel Lob mit ihren Aktionen zum Schutz der Wälder des ältesten rumänischen Naturschutzgebiets, des Retezat, erworben hat). Staatssekretärin Stanciu ließ wissen: „Wir haben dort Nachprüfungen unternommen. Ich garantiere Ihnen, dass die Ministerialverordnung bezüglich Urwälder eingehalten wird. Wir überprüfen noch die Vorgänge und werden das Fällen stoppen.“

Die Forstdirektion Romsilva Karasch-Severin kann Offensichtliches schwer leugnen. Sie gibt zu, dort, im Olteana-Tal, einen Forsteinschlag vorbereitet zu haben. Sie habe aber von der Forstaufsicht/Garda Forestieră eine Stellungnahme dazu eingefordert. Diese sei zustimmend gewesen. Im Rahmen des Projekts Pin-Matra sei in der Tat im oberen Olteana-Tal ein rund 123 Hektar großes Areal identifiziert worden, wo es „Parzellen mit Urwäldern und Quasi-Urwäldern“ gibt. Die Forschungen dort seien von der Königlich-Niederländischen Gesellschaft zur Konservierung der Natur, gemeinsam mit dem Rumänischen Institut für Forstforschung und -einrichtungen durchgeführt worden. Die zum Fällen markierten Bäume befänden sich aber nicht in jenen schützenswerten Forstschlägen, sondern außerhalb derselben und das zuständige Territorialamt für Forste und Wild (mit Sitz in Temeswar) habe seine Zustimmung zur Schlagabsicht von Romsilva gegeben. Die zum Schlagen anvisierten Forstbestände erfüllen die in der Ministerialverordnung beschriebenen Schutzkriterien und Indikatoren nicht, behauptet die staatliche Forstbehörde in Reschitza.

Die Kriterien und Indikatoren zum Schutz der Wälder, die in der besagten Verordnung von 2012 beschrieben sind, seien seither in den Wäldern des Verantwortungsbereichs von Romsilva Karasch-Severin nicht übertreten worden, auch nicht in den im Rahmen des Projekts Pin-Matra untersuchten Forsten, behauptet der Sprecher der staatlichen Forstbehörde des Banater Berglands, Dan Câmpan, und versucht zusätzlich, die Anschuldigungen von „Agent Green“ und „Altitudine“ zu entkräften.
Ihm widerspricht „Agent Green“, denn „die Forstschläge, die schützenswert sind im Olteana-Tal, sind wesentlich größer als seinerzeit im Pin-Matra-Projekt identifiziert: Sie bedecken mit Sicherheit ein mindestens 500 Hektar großes Areal.“ Und deshalb seien die gegenwärtigen Markierungen illegal, weil sie als dafür tabu nur das relativ kleine Areal von knapp 123 Hektar anerkennen, das von den holländischen Fachleuten im Rahmen des Pin-Matra-Projekts identifiziert wurde. In Wirklichkeit sei die schützenswerte Urwaldfläche viermal größer. Deshalb sei „dringend eine Anpassung der Forsteinrichtung an die neuen Erkenntnisse erforderlich, die sich genau nach den Kriterien richten, die in der Verordnung des Ministeriums für Umweltschutz und Forste von 2012 beschrieben sind.“

Diese Anpassung fordern die Umweltschützer nun umgehend, und auch, dass Romsilva seine Schlagabsicht widerruft, bis die Forsteinrichtung den realen Gegebenheiten vor Ort Rechnung trägt (was Forsteinrichtungen ohnehin alle zehn Jahre tun müssten, nur weiß man allgemein, dass die Forsteinrichter sich lieber nach den Forstplänen denn nach den realen Gegebenheiten vor Ort, im Wald, orientieren). Auch die Forstaufsicht wird aufgefordert, sich mal vor Ort umzusehen und nach realen Kriterien zu urteilen, nicht nach Hörensagen, nach Daten, die von Romsilva zur Verfügung gestellt werden, oder zweifelhaften Forstplänen. Vorher, so hoffen jetzt die Umweltschützer, wird es keine Forsteinschäge im Urwald des Olteana-Tals geben. Und wenn doch, dann sind diese als illegal einzustufen.