Präfektur zensiert Schadensbericht der Stadt

Bürgermeister Ioan Popa über Ausmaße der Überschwemmungsschäden

Die Sturzbäche und Überflutungen von Ende Juni haben in Reschitza laut Schätzung der Stadt einen Schaden von vier Millionen Lei angerichtet –  zerstörte Straßen und Infrastrukturelemente des öffentlichen Raums (Kommunikations- und Energiekabel, diverse Leitungsrohre), Geröllablagerungen und zerstörte Uferbefestigungen, unterspülte Straßenabschnitte, aber auch überschwemmte Hausgärten und vollgelaufene Häuser und Keller. So die Meinung der Stadt, die der Präfektur den entsprechenden detaillierten Bericht vorgelegt hat, zwecks einer Zur-Kenntnisnahme und Weiterleitung an die Regierung, um aus deren Reservefonds die Finanzierungen für die Behebung der Schäden zu erhalten.

Darüber hat die Regierung inzwischen am Mittwoch entschieden und rund 200 Millionen Lei für die Schäden im ganzen Land zur Verfügung gestellt, was von den Betroffenen als total unzureichend betrachtet wird. Die Reaktion der Präfektur des Kreises Karasch-Severin auf den Schadensbericht der Stadt Reschitza war für Kenner der dortigen Usancen keine Überraschung, wohl aber für den neuen Bürgermeister Ioan Popa. Die Präfektur strich nämlich die Schadensschätzung der Stadt auf 400.000 Lei zusammen, ein Zehntel der Schätzung der Stadt. Und dies, ohne dass auch nur ein einziger Angestellter der Präfektur die Büros am Reschitzaer Hauptplatz verlassen hätte. Sozusagen: Schätzung der Überschwemmungsschäden vom Bürofenster aus.

Inaugenscheinnahme der Schäden

Das hat den temperamentvollen Ioan Popa auf die Palme gebracht. Er lud die in Reschitza tätigen Journalisten – vor allem der Lokalmedien – zu einer gemeinsamen Inaugenscheinnahme zwecks korrekter Information der Öffentlichkeit ein und fuhr den Tross zusammen mit Ionuţ Gârtoi, dem Leiter der Freiwilligen Katastrophenschützer, zu allen Stellen, wo schwerwiegende Schäden verursacht wurden. Es ging in erster Linie zur seit der Überschwemmung vom 28. Juni stillgelegten städtischen Kläranlage am Ufer der Bersau/Bârzava, ins Ţerova-Tal, wo halbmetertiefe Krater aus der Straße ausgeschwemmt und die Asphaltdecke weitgehend abgeschält wurde, in die Vororte Câlnic und Ţerova, in die Gegend des Arbeiterheims, des ehemaligen Kommunalbads und der Straßen Kogălniceanu und Zadei, die „Hochdruckgegenden“, wie Popa sie nannte. „Die haben rund 90 Prozent unserer durchwegs vor Ort gemachten Schadenserhebungen durch einen Federstrich ungeschehen gemacht“, sagte Ioan Popa.

Verantwortung der Verursacher

„Wir fordern doch nichts für Schäden, die aus Leichtfertigkeit und Nachlässigkeit der Stadt geschehen sind – in der Zadei-Straße in der Lunca trägt eindeutig die Stadt die Schuld an der Tatsache, dass die Abflussgräben nicht gereinigt waren und es hier zu Überflutungen kam, hier müssen wir selber sehen, wie wir für den Schaden aufkommen und künftige Schäden vermeiden – sondern wir wollen nur die Schäden ersetzt haben, die durch Nachlässigkeit staatlich finanzierter Institutionen geschahen, wie die Verwaltung der Gewässer Apele Române. Wenn der Bachlauf des Ţerova-Bachs durch 20-30jährige Weiden zugewachsen ist, die dem Wasser im Weg standen und das Bachbett verstopften, wodurch sich der reißende Bach einen anderen Lauf suchen musste, dann zeigt das doch, dass seit 20-30 Jahren dort nichts getan wurde, um solche Schäden zu vermeiden. Dann soll der Staat eben, durch die Apele Române, für den Schaden aufkommen. Ich weigere mich, da seitens der Stadt etwas zu tun! Und wer entschädigt die Firmen, die durch Apele Române zu Schaden gekommen sind?“ Popa mag´s plastisch: Die von der Präfektur „genehmigte“ Entschädigungssumme reiche, um eine vier Zentimeter dicke Asphaltschicht auf ein paar Kilometern der Straße im Ţerova-Tal aufzutragen. Wie stopft man aber mit vier Zentimeter dickem Asphalt ein halbmetertiefes Loch in der Straße – deren es Dutzende gibt?

Ausgleich der Schadensschätzungen

Die Revolution von 1989 sei „der Augenblick Null“ gewesen, ab dem nichts mehr für die Sauberhaltung der Bachbetten getan wurde, dozierte Popa, und hatte dabei gar nicht so unrecht. „Die Lage im Bereich des Ţerova-Bachs ist identisch auf jene an der Bersau im Bereich des Vororts Câlnic übertragbar“, sagte Popa, der sich die Situation bereits am Tag der Katastrophe, aber auch nachher mehrmals angeschaut hatte. „Die Bersau ist strikt nur im Stadtbereich eingedeicht worden, im Vorort Câlnic steht bloß ein seit Jahren ungepflegter Damm, den das Hochwasser leicht überwunden hat. Und damit auch die städtische Kläranlage überflutete und sogar Teilstrecken der Nationalstraße DN 58B Reschitza-Temeswar, die unmittelbar am Bersauufer vorbeiführen. Allein die Schäden an den technischen Ausstattungen der städtischen Kläranlage überschreiten 200.000 Lei!“

Ioan Popa kann sehr konkret und überzeugend sein. Unseres Wissens hat er bislang die Schlussfolgerungen der vier Evaluierungskommissionen des Rathauses, die er noch am Tag der Überschwemmungen ins Leben rief, mit der Evaluierungskommission der Präfektur nicht in Übereinstimmung bringen können. Aber er ist ein Kämpfer, und das könnte der Stadt guttun.
2005, nach der letzten großen Überschwemmung im Banat, hatte die Päfektur ähnlich reagiert wie jetzt. Damals nahm Kreisratspräses Sorin Frunzăverde einfach die Mappen mit den Berichten und Schätzungen der Schäden und fuhr nach Bukarest. Als Ex-Minister öffneten sich ihm die Türen der Ministerien und er knallte die Mappen auf die Tische. Im Jahr darauf ist die DN 58B ab der Kreisgrenze zwischen Gataja und Moritzfeld und bis zur Einfahrt nach Reschitza neu asphaltiert worden. Es ist heute noch eine der besten Straßen im Banat.
Auch das war Frunzăverde.