Protest der Besitzer von Privatwäldern

„Soll das Holz lieber im Wald faulen, als dass wir uns damit wärmen und gleichzeitig den Wald säubern?“

Mehrere Dutzend Besitzer kleiner Waldparzellen versammelten sich Montag vor dem Rathaus in Fârliug/Furlog zu einem spontanen Protest und forderten ein Gespräch mit den Autoritäten des Verwaltungskreises und mit der Forstbehörde, aber auch mit der von hier stammenden PSD-Abgeordneten Luminiţa Jivan. Sie äußersten ihre Unzufriedenheit über eine Lücke in der Forstgesetzgebung: dort steht zwar, jeder Besitzer eines Waldstücks könne daraus jährlich drei Kubikmeter Brennholz ernten – aber die konkreten Modalitäten, wie ihm das ermöglicht wird, sind unklar und Interpretationssache. Die Interpretation (in Rumänien heißt das: die „Anwendungsbestimmungen des Gesetzes“) lautet: die zu fällenden Bäume müssen, wie in jedem Holzschlag, vor-her von der staatlichen Forstverwaltung – im konkreten Fall Fârliug: der Forstamtsbezirk Deutsch-Bokschan – genehmigt und markiert werden.

Und da beginnt der Ärger. Unter den Protestierenden vor dem Rathaus Fârliug stand auch ein 80jähriger Forstbesitzer, der seit zwei Jahren auf den Markierhammer und dessen Schlagberechtigten vom Forstamtbezirk Deutsch-Bokschan wartet: „Inzwischen hätte meine ganze Familie über Winter erfrieren können“, grummelte er sarkastisch und wies auf die Absurdität der Lage der privaten Forstbesitzer hin: „Wenn sich die staatliche Forstverwaltung so viel Zeit lässt mit der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten, dann muss der Bürger aktiv werden. Aber als wir aus Fârliug und aus den umliegenden bzw. eingemeindeten Dörfern aktiv wurden, hat uns die Polizei abgepasst, mit Geldstrafen belegt, uns die Motorsägen, die Traktoren samt vollem Anhänger konfisziert. Dabei haben wir uns nur das Nötigste aus unserem persönlichen Besitz, dem Wald geholt. Keiner von uns ist so blöd, unter normalen Umständen seinen Besitz, den Wald, zerstören zu wollen. Wir haben unseren Wald von trockenem Holz gesäubert. Wann sollen wir das tun, wenn nicht im Sommer, wenn man den Waldboden nicht durch Einsinken zerstört? Mir haben sie zwei Motorsägen und den Traktor samt Anhänger abgenommen, die Polizisten. Und eine hohe Geldstrafe aufgebrummt.“

„Ich versteh nichts mehr“, mischte sich ein anderer von den Dorfpolizisten mit Konfiszierung und Geldstrafen abgefertigter Bürger ins Gespräch. „Was sind das für Gesetze, und was für Anwendungsbestimmungen, wenn sie auf ihrer positiven Seite nur für die großen Waldbesitzer und den Staat gelten? Wer hat solche Gesetze gemacht, wer hat darüber abgestimmt? Wir können nur jetzt, im Sommer, uns das Winterholz aus unserem Wald holen, wenn´s draußen trocken ist. Kommt der Herbst und der Regen, kann niemand mehr in den Wald, ohne zu versinken. Und Panzer zum Holzernten haben wir keine.“

Selbst beim Fällen der vertrockneten Pflaumenbäume in ihren Obstgärten sind die Bürger von Fârliug erwischt und mit Geldstrafen belegt worden, erzählen sie. Andrerseits: wenn sie die Obstgärten ungepflegt lassen, kappt ihnen die EU-Zahlstelle APIA ihre Subventionen. Aber jedem Gebirgsbauern widerstrebt es, einen nutzlos gewordenen Obstbaum zu fällen, ohne sein Holz anschließend zu verwerten – wofür ihn dann die Polizei abstraft, wegen Fällens unmarkierter Bäume.

„So zwingt uns das System, Diebe auf eigenem Grund und Boden zu werden“, formuliert es jemand aus dem eingemeindeten Valea Mare. „Und wir sind Diebe auf unserem Grund und Boden, für den wir Steuern zahlen. Das Gesetz sagt uns jährlich drei Kubikmeter Brennholz von einem Hektar Forst zu, aber wir brauchen dazu die Genehmigung der zuständigen Forstbehörde und deren Markierung. Weder Genehmigung noch Markierung kriegen wir aber. Wer solch einem Gesetz zugestimmt hat, hat einfach gar nicht an die kleinen Waldbesitzer gedacht, nur an die großen Forstunternehmer, nicht an den Mensch von Unten, der vielleicht ein Wäldchen von seinem Urgroßvater geerbt hat. Bei uns gibt es kein Erdgas. Sollen sie doch Erdgasheizung einführen! Dann lassen wir die Wälder ganz in Ruh! Oder schenken sie ihnen. Wie es jetzt läuft, so kann´s nicht weiter gehen.“

Bürgermeister Ioan Borduz, der im Fernkurs neben Wirtschaftswissenschaften auch Jura studiert hat, gibt den Bürgern Recht, beteuert aber, über die Polizisten keine Macht zu haben, weil es da um Gewaltenteilung geht. „Ich bin aber überzeugt, dass wir es in diesem Fall eindeutig mit einem Fehler in der Gesetzgebung zu tun haben“, sagt Bürgermeister Borduz. „Das müsste schleunigst novelliert werden. Es müsste zumindest einen Gesetzesartikel geben, wo steht, dass Privatbesitz absoluter Privatbesitz ist und dass nur der Besitzer dafür verantwortet. Kontrollen und Konfiszierung von Motorsägen und Traktoren sind Maßnahmen, die unter Umständen nötig sind – wenn aus öffentlichem Besitz gestohlen wird. Ich kenne kein Land, wo Diebstahl aus dem Eigenbesitz als Vergehen geführt wird. Und dass sie den Leuten Weidenholzstämme konfisziert haben – die in jedermanns Augen keinerlei wirtschaftlich-kommerziellen Nutzen haben – das ist eine fragwürdige Gesetzesauslegung. Wenn das so weiter geht, wird Rumänien in zehn Jahren 50.000 Einwohner und 17 Millionen Windelwechsler in Westeuropa haben! Gesetze sollen angewandt werden und anwendbar sein, aber es gibt immer noch die Unschuldsvermutung.“

Bürgermeister Borduz, der immer schon engste Kontakte zu seinen Bürgern hatte, weiß, dass er auf seinem Verwaltungsgebiet im Oberen Pogoniş-Tal mehrere Dutzend Mitbürger hat, die vor einem oder gar zwei Jahren beim Forstamtsbezirk Deutsch- Bokschan um Brennholzgenehmigung angesucht haben, aber immer noch auf eine Antwort warten. „Wahrscheinlich haben die dort keine Zeit...“, meint er.

Über seine Gemeindepolizisten: „Jüngst hatten wir da den Fall eines Schäfergehilfen aus dem Raum Boto{ani, der in Alba Iulia und in Botoşani zwei Menschen umgebracht hatte. Hier, in Fârliug, verprügelte er einen Mitbürger bis zur Bewusstlosigkeit. Unsere Polizisten haben ihn gestellt, aber nicht verhaftet. Prompt ist er verschwunden. Als hätten sie ihn laufen lassen. Verbrechen vorzubeugen und Verbrecher zu stellen und hinter Gitter zu bringen – das halte ich für die Hauptaufgabe der Ordnungskräfte, nicht Motorsägen und Traktoren konfiszieren und damit ganze Wirtschaften lahmlegen. Diese Menschen, meist alte Leute, haben ein Leben lang dafür geschuftet, entsprechende Arbeitsgeräte anzuschaffen. Die nimmt man ihnen nicht einfach weg. Es gibt auch vorbeugende Maßnahmen, es gibt Verwarnungen usw...“