Recht auf Zustimmung

Vergangenen Samstag knallte es in Bad Neptun (wer bezahlt die Kosten für diesen Schwarzmeeraufenthalt der PSD-Spitzen?). Damit scheint der Kampf für die Totalübernahme der Administration dieses Landes durch die PSD/ALDE in die Phase des Machtkampfes an der PSD-Spitze überzugehen, zwischen der Oberbürgermeisterin von Bukarest, Gabriela Firea-Pandele (hinter ihr die mächtige PSD-Gruppierung der Bukarester Peripherie/n), und dem zunehmend Zeichen von Verfolgungswahn von sich gebenden Parteichef Daddy Dragnea, von dem Beobachter behaupten, dass er in psychiatrische Behandlung gehört (seit der Episode des eingebildeten Mordanschlags der „vier schwarz gekleideten Männer“ auf ihn, den er den ihm hörigen Medien verkauft).

Es gibt rumänienweit nur noch ein paar Institutionen, die nicht von den Halbgebildeten aus dem Umfeld Dragneas in Teleorman besetzt sind, darunter die Generalstaatsanwaltschaft. Von ihr war damals in Neptun im halbstündigen emotionalen Gerede der Bukarester Oberbürgermeisterin vor den geballten Mikrophonen der rumänischen Medien keine Rede. Dafür im engsten Parteirat, wo Gabi Firea ihren ersten Sprengungsversuch absolvierte (wieder wegen Innenministerin Carmen Dan, die schon die Tudose-Regierung stürzte).

Handlanger beim Abriss des rumänischen Rechtsstaats ist Justizminister Tudorel Toader, der „Chefpapagei des Durchführungskommandos“, der, trotz gegenteiliger Beteuerungen, den Augenblick der „Evaluierung“ des Oberstaatsanwalts mit der ihm eigenen Hinterlistigkeit wählte: als die staatsanwaltlichen Untersuchungen bezüglich des Gendarmeneingriffs gegen die Demo vom 10. August starteten... Sollten diese Untersuchungen ehrlich geführt werden (können? dürfen?), rufen sie ein Tiefbeben in der aktuellen Führungsstruktur Rumäniens hervor. Toader soll es verhindern.

Wahrscheinlicher: der Oberstaatsanwalt wird gefällt. Zu oft bot er dem Justizminister Paroli. Die ausländischen Lobbysten – allen voran Trumps Anwalt und Ex-Bürgermeister von New York, Rudolph Giuliani – tun ihr Übriges. Es schwindet jede Spur des Dialogs. Der Schaden, den Giuliani in seiner immensen Ignoranz über Rumänien verursacht hat, nimmt vielen die letzte Hoffnung (auf moralische Unterstützung aus dem Ausland). Andrerseits: Sein Brief ist ein Mittel zum Abschütteln der Lethargie aller, die bisher stumm opponieren, zum Verzicht auf Neutralität und stille Beobachtung. Eine Regierung, die gegen ihre Bürger agiert, sie zu prügeln befiehlt, sie systematisch belügt, ihre Interessen ignoriert, die primitiven Revanchismus und Fremdenfeindlichkeit propagiert und hart an den faschistoiden Methoden der 1990er Jahre der PRM vorbeischrammt (inklusive die Angriffe gegen das Deutsche Forum) – deren Legitimität muss öffentlich angezweifelt werden. Demokratie kann in undemokratischen Gesellschaftsstrukturen nicht funktionieren. Wo es fast keine Gleichheit mehr gibt vor dem Gesetz, wo das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit mit blutigen Köpfen bezahlt wird, wo Gesetze bei Nacht und Nebel verabschiedet werden und wo Vordiskussionen darüber unterbunden sind, wo alleinige Legitimität nur noch einem, Daddy, zuerkannt wird und wo das einzige Allgemeinrecht jenes auf Zustimmung ist – kann man da anders reagieren? Sie sprechen von „Staatsstreichversuch” (Vorbild: Erdogan), sie raunen vom Explosionspotenzial der Mămăligă (wenn die – außerparlamentarische – Opposition nicht stillhält!), deren Zünder sie in den Händen zu halten meinen, sie ermutigen Exaltierte, Feuer zu legen, um sich gemeinsam an den Flammen zu erfreuen.

Vielleicht sollten wir uns an Oswald Spenglers „Untergang des Abendlands” erinnern, das vor 100 Jahren erschien: Bisher habe man sich vielerlei Vorstellungen von der Zukunft machen können, nun gehe es nur noch darum, „das Notwendige oder nichts“ zu tun.

Entscheidet sich Buridans Esel?