Reschitza und der Eiffelturm

Die rumänische EU-Parlamentarierin Maria Grapini (eine Textilunternehmerin, die in ihrem Temeswarer Werk „Pasmatex“ hauptsächlich Damen-Unterwäsche der Marke „Triumph“ produziert) hat den Ruf, unaufhörlich einen verbissenen Ringkampf mit der rumänischen Sprache auszutragen, wenn sie ihre Blogs schreibt. Mit Rumänisch wohlgemerkt, denn eine andere Sprache kennt sie ohnehin nicht. Vergangenen Samstag, in Reschitza, wollte sie im Rahmen einer Debatte, zu der eine obskure Partei im Rahmen des inoffiziellen Wahlkampfes geladen hatte, den Reschitzaern Mut zusprechen bezüglich der wirtschaftlichen Zukunft der Stadt. Zu diesem Zweck zitierte sie eine Legende, die sie zudem auch noch bekräftigte, indem sie behauptete, von ihrem Wahrheitsgehalt sich „persönlich überzeugt“ zu haben: nämlich, dass der Eiffelturm aus Reschitzaer Stahl gebaut sei. „Ich habe persönlich gesehen, dass dort auf den Stahlbarren steht, dass sie aus Reschitza stammen!“

Damit wiederholt sie eigentlich bloß denselben Blödsinn, sogar noch um einen Hauch besser, der auf der offiziellen Seite des Rathauses Reschitza zu lesen ist, dass nämlich „der Stahl des Eiffenturms aus dem Hochofen von Găvojdia stammt, welcher der StEG („k.u.k.österr.-ung. priv. Staats-Eisenbahn-Gesellschaft“, abgekürzt: StEG) gehörte“. Dieser Blödsinn übertrifft die wohl gutgemeinte, aufbauende Behauptung der EU-Parlamentarierin insofern, als bisher weltweit noch kein Hochofen bekannt ist, aus dem beim Abstich Stahl fließt. Roheisen, Grauguss – das ist alles, was aus dem gesinterten Eisenerz durch Schmelzen im Hochofen erzielt wird. Aber so etwas Elementares weiß wohl der Unbedarfte aus dem Reschitzaer Rathaus nicht, und auch nicht diejenigen, die seinen Text und Internetauftritt als Teil der offiziellen Seite der Stadt autorisiert haben.

Hätte die EU-Parlamentarierin in Paris die richtige Brille aufgehabt, hätte sie auf einer Tafel am Eiffelturm lesen können: „Forges et Usines de Pompey Fould-Dupont fournisseur des Fers de la Tour“ (auf dem Original fehlen die diakritischen Zeichen auf der Gussplatte), dass also das Material des Eiffelturms aus den Schmiede- und Eisen-Werken von Alphonse Fould und Auguste Dupont aus Pompey stammt, den „fournisseurs“ der Eisen des Turms. Zu bemerken: Auf der Tafel ist gar nicht von Stahl die Rede.
Einer, der seit Jahren gegen die Mystifizierung der Reschitzaer Eisenwerke ankämpft, „weil es absolut keine Belege für die Behauptung gibt, dass der Eiffelturm aus Reschitzaer Stahl besteht und über einen Transport quer durch Europa von einer solchen Riesenmenge Walzgut, die im Turm steckt“, ist der Reschitzaer Hobbyhistoriker Dan Perianu. Im Originalton: „Seit mehr als 15 Jahren demontiere ich beharrlich diese Legende. Aber die lässt sich nicht demontieren.“