Sparen

Foto: sxc.hu

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Dass man in Rumänien nicht ans Sparen gewöhnt ist, zeigte mir die Geschichte einer früheren Bekannten namens Nuţi, die sich immer wieder kleine Summen von mir lieh und am Gehaltstag – klaglos – zurückerstattete. Eines Tages erzählte sie stolz, ihr Mann hätte sich von dem Geborgten zum Geburtstag einen neuen Fernseher geleistet! Nun habe er endlich einen eigenen und müsse nicht mehr mit ihr gemeinsam in der Küche fernsehen. Schließlich hat doch jeder seine Lieblingsprogramme. Da die geliehene Summe recht moderat war, wunderte ich mich: Gibt’s denn so billige Fernsehgeräte? „Aber nein“, klärte mich Nuţi auf. „Wir haben nur die Anzahlung geleistet.“ Die Monatsraten seien verschmerzbar klein, man könne sie bequem in den nächsten zwölf Jahren abstottern... Ein einmaliges Angebot also! Sie staunte nicht schlecht, als ich ihr vorrechnete, dass sie den Fernseher bis dahin gleich mehrfach bezahlen würde. Wer weiß, ob er überhaupt solange funktionierte... Warum sie nicht gleich die paar Lei zur Seite gelegt hatten, bis die Summe für den Fernseher zusammenkam, war mir schleierhaft. Statt dessen schleckte sie fast täglich ein Eis. Natürlich nur ein ganz kleines um einen Leu.

„Kleinvieh macht auch Mist“, hatte man mir als Kind immer gesagt, wenn man mich dazu motivieren wollte, ein Zehn-Pfennig-Stück ins Sparschwein zu stecken, anstatt es gleich in ein Kaugummi umzusetzen. Und tatsächlich – die Summe, die man dem vollen Porzellanschwein irgendwann entlockte, war den Verzicht auf das Kaugummi wert.
In Rumänien hingegen, wo viele Leute arm sind, wird achtlos Hartgeld am Ladentresen liegenlassen. Oder man ist zu faul, den Einkaufswagen in den Stand zurückzuschieben. Kaum zu glauben auch, wie viele Ein-Ban Münzen man auf dem Asphalt auf Supermarktparkplätzen findet. Die werden doch nicht wohl sogar – weggeworfen? Nicht mal die Bettelkinder sammeln sie auf. Je ärmer das Land, desto unachtsamer der Umgang mit Kleingeld.
„Kleinvieh macht auch Mist“ zeigt aber auch dieses Beispiel. Mein Mann hatte auf einer Überlandfahrt in einem Dorfladen einen großen Ziegel Halva erstanden, den er, in ein riesiges Butterbrotpapier gewickelt, für die Allgemeinheit zugänglich oben auf den Kühlschrank legte, dazu ein kleines Messerchen. Nachdem wir zuerst ein wenig von der Köstlichkeit genascht hatten, beschlossen wir, eine längere Diätpause einzulegen. Dies wusste jedoch die 84-jährige Schwiegermutter nicht, die sich ebenfalls regelmäßig an dem Ziegel zu schaffen machte – wenn auch heimlich wie ein Mäuschen! Denn bei jedem offiziellen Angebot wies sie entrüstet darauf hin, doch um Himmels Willen nichts Süßes zu vertragen!

Na, so ein winziges Eckchen fällt bestimmt nicht auf, muss sie wohl gedacht haben. Bis sie uns eines Tages ganz verschämt fragte: „Sagt mal, esst ihr denn kein Halva mehr?“ Halva? Ach, den Halva-Ziegel – den hatten wir total vergessen! Ein Blick auf den Kühlschrank zeigte, was geschehen war: Der gewaltige Ziegel war wie von Zauberhand dahingeschmolzen, bis auf ein gaaanz winziges Stückchen... so klein, dass auch das schmalste heimlich vernaschte Scheibchen zwangsläufig auffallen musste.
Ja, und genauso ist es halt auch umgekehrt.