Spitzenkandidaten für EU-Wahlen stellen ihre Vorhaben vor

Dan Barna und die Union Rettet Rumänien gehen optimistisch ins Wahlrennen

Nicolae Ștefănuță, Clotilde Armand, Dan Barna und Cristian Ghinea treten als Führungsquartett der USR im europäischen Wahlkampf Rumäniens auf. Foto: der Verfasser

Cristian Ghinea, Nicolae Ștefănuță, Clotilde Armand und Dan Barna, Vorsitzender der bürgerlichen Union Rettet Rumänien (USR), nahmen am Sonntag, dem 27. Januar, ihre Plätze an einem Längstisch in einem Konferenzsaal des Ibis-Hotels Hermannstadt/Sibiu ein und bezogen in Anwesenheit lokaler Medienvertreter klar definierte Stellung bezüglich des am 26. Mai laufenden Jahres anstehenden Wahlganges zur Aufstellung des neuen EU-Parlaments. Gleich zu Beginn der Pressekonferenz versäumte Dan Barna es nicht, die innen- wie außenpolitischen Machenschaften der aktuell europafeindlich regierenden Sozialdemokratischen Partei (PSD) entschieden zu kritisieren: „Der 26. Mai ist der Tag, an dem die PSD-Mitglieder aus den Reihen des Europaparlaments, die uns in Brüssel bis dato zu Schanden gemacht haben, ihre Koffer packen und die Heimreise antreten werden“. Mit ungebrochener Siegesgewissheit tritt die USR das politisch in vieler Hinsicht entscheidende Jahr 2019 an.

An den zwei vorangegangen Wochenendtagen hatte die USR ihr jährliches und parteiinternes Teambuilding zum bereits dritten Mal in Folge in Hermannstadt veranstaltet und dabei mehr als 600 angereiste Parteimitglieder auf eine möglichst erfolgreiche Umsetzung kommender Vorhaben eingeschworen. Als Indikator für das stetige Wachstum der USR gab Dan Barna bekannt, dass die letztjährige Auflage des Teambuildings von gerade mal 200 Parteimitgliedern besucht worden war. Anlässlich der im Dezember 2016 durchgeführten Parlamentswahlen hatte die damals wenige Monate vorher aus einer Fusion dreier bürgerlicher Vereine hervorgegangene USR ein Überraschungsergebnis eingefahren und nach Verkündigung des Wahlergebnisses als zahlenmäßig drittstärkste Partei den Weg in die Opposition zur Regierungskoalition von PSD und Demokratisch-Liberaler Allianz (ALDE) angetreten, den sie seither ohne Unterbrechung sowie mit der Durchführung der Kampagnen „Fără penali în funcții publice“ (Keine Straftäter in öffentlichen Ämtern) und „Oameni noi în politică“ (Neue Menschen in der Politik) zielstrebig verfolgt.

Auf einer Pressekonferenz Anfang März 2018 in Hermannstadt hatte Dan Barna erklärt, dass die USR zukünftig beabsichtigt, ihr Parteinetzwerk landesweit durch die Gründung zusätzlicher Ortsverbände auszuweiten und zu stärken. Diese Zielvorgabe entpuppt sich nicht als leeres Versprechen, da die Anzahl der USR-Organisationen auf über 290 angewachsen ist, davon 135 Vertretungen in ruralen Gebieten. Der Vorsitzende stellt zudem heraus, dass die USR vor einem Jahr 3000 Mitglieder zählte, unterdessen jedoch auf mehr als 8000 Mitglieder angewachsen ist. Kürzlich hat der Hermannstädter USR-Verband der regionalen Wahlbehörde ein Gesuch auf Einrichtung zweier Wahllokale in dem am Ortsrand von Heltau/Cisnădie gelegenen Neubau-Wohnviertel „Cartierul Arhitecților“ (Viertel der Architekten) vorgelegt, um den Wählern kilometerlange Wege zu ersparen.

Ihr anhaltendes Wachstum bietet der USR jene materielle Grundlage, ohne die ein positives Wahlergebnis zum Zeitpunkt der Europaparlamentswahlen nicht anzustreben wäre. Die Kandidatenliste der USR ist auf dem Link www.usr.ro einzusehen und wird von den drei eingangs genannten Parteimitgliedern, die an der Pressekonferenz im Hermannstädter Ibis-Hotel teilgenommen haben, angeführt. Die Hauptkandidaten der USR, alle um die Mitte vierzig, haben ihr beruflich-geistiges Rüstzeug an führenden Universitäten in Wien, London und Boston erlangt: der EU-Diplomat Nicolae Ștefănuță, für die Vermittlung zu den USA in den Bereichen Verteidigung, Sicherheit, Menschenrechte und Entwicklung zuständig, der Abgeordnete und Kommissionsmitglied für EU-Wirtschaftsabkommen Cristian Ghinea und die gebürtige Französin Clotilde Armand, Wahlrumänin und mit dem Mathematiker und Forscher an der Rumänischen Akademie Sergiu Moroianu verheiratet.

Cristian Ghinea, Politikwissenschaftler und ehemaliger Redakteur der Zeitung „Dilema Veche“, hatte von April bis Oktober 2016 als amtierender Minister für EU-Fonds ein nationales Programm zur Verhinderung vorzeitigen Schulabbruchs gegründet und möchte sich zukünftig als Mitglied des Europaparlaments in die rumänische Außenpolitik einbringen. Nicolae Ștefănuță vertritt Rumänien seit dem 2007 erfolgten EU-Beitritt ohne Unterbrechung in Brüssel, war jedoch zu Beginn seiner politischen Laufbahn Mitglied der Demokratischen Partei (PD) gewesen und gibt in seinem Lebenslauf bekannt, vor seinem Eintritt in die USR keiner weiteren Partei angehört zu haben. In seiner diplomatischen Tätigkeit legt er Wert auf Respekt gegenüber unterschiedlichen kulturellen Eigenheiten, möchte sich aber auch darum bemühen, „die Staatsbürger Rumäniens detailliert über europäisches Sozialrecht zu informieren“. Er erinnert an die umstrittene österreichische Kindergeld-Causa, die der Wiener Bundesregierung jüngst die Ankündigung eines EU-Rechtsverfahrens eingebracht hatte (die ADZ berichtete). Auf der Liste der USR-Kandidaten für das EU-Parlament behauptet Nicolae Ștefănuță die dritte von insgesamt 72 wählbaren Positionen.

Clotilde Armand, Mitglied des USR-Landesrates und Lokalrätin des ersten Bukarester Stadtbezirks, ist eine erfahrene Managerin im Bereich Infrastruktur und Energieverkehr und möchte sich von Brüssel aus dafür einsetzen, „dass der Bau unzähliger Kilometer Autobahn in Rumänien nicht nur durch EU-Fördermittel finanziert wird, sondern auch tatsächlich zur Durchführung gelangt“. Sie hält einen maximal sechsjährigen Zeitplan, der die Dauer eines Jahres für den Vertragsabschluss und vier bis höchstens fünf Jahre zum Errichten von derzeit noch nicht vorhandenen Autobahnkilometern umfasst, für realistisch. Dafür müsse jedoch das bisherige System zur Beantragung von EU-Fonds von Grund auf erneuert werden.

Die USR räumt die Möglichkeit einer Wahlkampf-Allianz mit der am 15. Dezember 2018 von Ex-Premierminister Dacian Cioloș neugegründeten Partei der Freiheit, Einheit und Solidarität (Partidul Libertății, Unității și Solidarității, PLUS) ein, wartet aber deren Zusammenkunft am 2. und 3. Februar ab. Der Vorsitzende Dan Barna räumt der USR reelle Chancen ein, sich nach den rumänischen Parlamentswahlen im Dezember 2020 als zweitstärkste Fraktion an der nationalen Regierungspolitik zu beteiligen.