Stepanescu hat Korruption zugegeben

Trotzdem muss der Reschitzaer Bürgermeister für 30 Tage in Untersuchungshaft

Vergangenen Donnerstag, just als Werner Hans Lauk, der Botschafter Deutschlands, in Reschitza zu Besuch war und u. a. auch den Bürgermeister treffen sollte, gab es im Rathaus Reschitza den von vielen Verantwortungsträgern gefürchteten Auflauf schwerbewaffneter, schwarzgekleideter Maskierter, die einige Staatsanwälte der Antikorruptionsbehörde DNA unter Führung des Bukaresters Lucian Dulcu flankierten und ins Amtszimmer des Reschitzaer Bürgermeisters Mihai Stepanescu (PSD) stürmten. Dieses und mehrere Büros der Investitionsabteilung des Rathauses wurden durchsucht, der Bürgermeister selber direkt in seinem Arbeitszimmer einem ersten Verhör unterzogen. Der Vorwurf gegen ihn, erhärtet durch eine am Abend zuvor stattgefundene und elektronisch aufgezeichnete Schmiergeldannahme: Korruption. Der zweistündige „Überfall“ im Rathaus endete mit der Abführung eines Bürgermeisters in Handschellen. Er wurde zur weiteren Überprüfung der Vorwürfe zum DNA-Sitz nach Temeswar gefahren. Auf den Treppen des Rathauses rief ein sichtlich nervöser und unsicherer Stepanescu der rasch herbeigesausten Journaille noch zu: „Die haben Durchsuchungen durchgeführt. Ich werde Erklärungen abgeben. Ich habe von niemand etwas genommen. Ich habe von diesem Vertrag niemals etwas als meinen Anteil gefordert. Ich bin überzeugt, dass hinter dem Ganzen auch politische Interessen stecken. Ich habe weder direkt noch indirekt etwas gefordert. Keine Ahnung, was für politische Interessen dahinterstecken!“

Der Saubermann war bestechlich

Schnell machte unter den Journalisten das Gerücht die Runde: Bürgermeister Stepanescu hat von einer Firma aus dem Verwaltungskreis Alba (SC Elis Pavaje SRL Alba), die sich mit der Pflasterung von Straßen und Plätzen beschäftigt, für einen Großvertrag mit der Stadt einen „Anteil“ von 600.000 Lei gefordert – in der Form der unter Verantwortungsträgern gängigen „10-Prozent-Regel“, also zehn Prozent der Zahlungsverpflichtung der Stadt werden unter der Hand an denjenigen zurückgereicht, der den Vertrag mit seiner Unterschrift besiegelt: an den Bürgermeister. Im Falle Stepanescu war der DNA-Auftritt im Reschitzaer Rathaus umso überraschender, als er sich bei jeder Gelegenheit als Saubermann gebärdete und bei jeder öffentlichen Stellungnahme Korruptionsandeutungen gegen andere (aus anderen Parteien als der PSD) machte. Zwischendurch durchsuchten die DNA-Staatsanwälte auch mehrere Villen des Bürgermeisters in Reschitza und Temeswar, wo sie einen weiteren Teil der „10-Prozent-Regel“ identifizierten: von der Firma aus Alba angelieferte Steinplatten zur Pflasterung und Arbeiter der Firma bei der Verlegung des Baumaterials, die den Innenhof seiner Temeswarer Villa verschönern sollten. Vermutlich gratis, als Teil des „Vertragsversprechens“ – was aber noch zu klären ist.

Innenarchitektin stand im Auftrag der DNA

Aus dem Kommuniqué der DNA-Staatsanwaltschaft vom vergangenen Freitag Nachmittag geht hervor, dass die Untersuchungen Korruptionstaten aus den Jahren 2014 - 2015 im Visier haben. Zu den Beweisen, über welche die DNA-Staatsanwaltschaft verfügt, gehören drei Videoaufnahmen, die mit versteckter Kamera gedreht wurden, mehrere Tonaufnahmen, die von der Überbringerin des Geldes – in Absprache mit der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft und mit der von dieser zur Verfügung gestellten Technik – durchgeführt wurden (die letzte am Mittwochabend der vergangenen Woche, als sie Stepanescu eine 20.000 Lei-Tranche in dessen Reschitzaer Villa im Domantal überreichte). Allein diese Anzeigeerstatterin – eine Innenarchitektin, die auch für Stepanescus in Bau befindliche Villa in Temeswar tätig ist, folglich in seinem Reschitzaer Hauptwohnsitz ein und aus ging und angeblich, laut informellen Quellen, sein volles Vertrauen genoss – soll Stepanescu 72.000 Lei in drei Tranchen überbracht haben.

Rasches Geständnis, Hoffnung auf mildes Urteil

Nach den mehrstündigen Verhören beim Sitz der Temeswarer DNA-Vertretung kam am Donnerstagabend ein anderer Mihai Stepanescu aus dem Gebäude heraus, um ins Gefängnis abgeführt zu werden – vorerst für 24 Stunden, seit vergangenem Freitag Nachmittag aber für eine 30-tägige U-Haft. Immer noch in Handschellen, sagte er nach der Begegnung mit den DNA-Staatsanwälten in Temeswar bloß kleinlaut, dass er den Journalisten nicht mehr zu sagen hätte, als er vorher bei der DNA unterschrieben hat und dass er auf schnellstem Weg sein Bürgermeisteramt und den Vorsitz der Reschitzaer PSD-Munizipalorganisation abtreten wird. Was am Montag Vormittag auch geschehen ist (ADZ berichtete). Von der DNA war, informell, zu hören, dass Stepanescu angesichts der Beweise, die ihm vorgelegt wurden, und zum Unterschied von seinen auf den Treppen des Rathauses in Reschitza gemachten Aussagen alle Vorwürfe angenommen habe – wohl in der Hoffnung auf ein mildes Urteil, wie es die DNA in solchen Fällen jedem Beschuldigten verspricht.

214.954 Lei Schmiergeld angenommen

Ebenfalls aus inoffiziellen Quellen war zu erfahren, dass die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft über die schon erwähnte Innenarchitektin auf den Korruptionsfall Stepanescu aufmerksam wurde: Sie war Angestellte der SC Elis Pavaje SRL Alba und wurde von der Firmenleitung für heikle Schmiergeldübergaben eingesetzt – und als die DNA sie mit ihren Erkenntnissen konfrontierte, hatte sie sich sofort zur Zusammenarbeit bereit erklärt. Gegenüber Stepanescu stand sie unter Vertrag für seinen Villenbau in Temeswar. Im jüngsten DNA-Kommuniqué zum Fall Stepanescu heißt es u. a., dass dieser von einem Geschäftsmann für vergebene Verträge Schmiergelder, Arbeiten und Materialien im Wert von insgesamt 214.954 Lei annahm. In dieser causa laufen Strafermittlungen auch gegenüber weiteren Personen.“ Stepanescu ist der zweite Reschitzaer Bürgermeister (nach Liviu Spătaru), der über eine Korruptionsaffäre im Bereich Straßenbau stolpert. Von den drei gewählten Bürgermeistern, die Reschitza nach 1989 hatte, ist nur Mircea Ioan Popa unbescholten aus dem Dienst geschieden.