Süd-Autobahn in weite Ferne gerückt

Autobahn Craiova-Lugosch würde 1,85 Milliarden Euro verschlingen

Die Süd-Autobahn gibt's, aber nur auf den Verkehrsschildern: Hier Anzeige für Calafat auf der Autobahn bei Lugosch
Foto: Zoltan Pázmány

Heftig reagierten vor Kurzem zwei Abgeordnete des Landkreises Gorj im rumänischen Parlament auf die Art und Weise, wie die rumänische Regierung und die Landesgesellschaft für Autobahnen und Nationalstraßen CNADR die historische Region Oltenien, die Großstadt Craiova und damit die Hälfte Süd-Rumäniens erneut nonchalant aus ihren prioritären Autobahnplänen ausgeklammert und in eine ungewisse Zukunft verschoben hat. Die Süd-Autobahn, seit der Wende ein Evergreen der einheimischen Autobahngeschichte, die die Hauptstadt mit Craiova, Temeswar, der Westregion und letztlich dem paneuropäischen Verkehrskorridor IV verbinden soll, wurde nämlich von CNADR auf die Autobahnprojektliste des Jahres 2030 gesetzt. Niculina Mocioi, Abgeordnete des Kreises Gorj, verweist darauf, dass der Bau dieser Autobahn die einzige Entwicklungschance für Oltenien darstellt. Das Fehlen der modernen Verkehrsinfrastruktur verdammt diese Region, genau wie die Region Moldau, zu Armut und Unterentwicklung. Ein berechtigtes Vorhaben, doch derzeit scheint niemand, weder die Regierung noch CNADR, eine Lösung für die Durchführung zu haben.

Seit der Wende wurde viel darüber diskutiert, sogar von Machbarkeitsstudien wurde schon gesprochen, alle Pläne fielen jedoch ins Wasser, bevor ein konkretes Projekt auf dem Tisch lag. Zum ersten Mal wurde das Projekt in der Amtszeit des aus Craiova gebürtigen Transportministers Radu Berceanu angegangen: Die Baupläne sollten 2010 gestartet werden. Damals schätzte man, in recht unrealistischer Art, die Gesamtkosten für die Süd-Autobahn auf nur etwa 300 Millionen Euro ein. Die Finanzierung sollte über EU-Mittel, die Europabank und die rumänische Regierung gesichert werden. Das Projekt wurde dann nach einigen Jahren erneut von der Ponta-Regierung aufs Tapet gebracht. Man ordnete es auf dem Papier immerhin der Infrastruktur-Prioritätenliste zu. Geplant war eine Fertigstellung in der Zeitspanne 2014-2020 mittels EU-Geldern. Soviel, denn amtlich hatte man mit dieser Autobahn nie richtig Ernst gemacht. Dabei sind sich alle Entscheidungsträger über die internationale, europäische Bedeutung dieser Autobahn einig: Sie soll Bukarest über Alexandria, Slatina, Craiova, Orschowa, Karansebesch, Lugosch, Temeswar, Arad mit Nadlak und außerdem Europa über die Donaubrücke Calafat-Vidin mit Bulgarien und dem restlichen Balkan verbinden. Auch die damit mögliche Verbindung zwischen den beiden wichtigen Industriezonen (Autoindustrie) Craiova- Piteşti ist unbestritten von nationaler und internationaler Bedeutung.

Das rumänische Transportministerium ist theoretisch mit allen Argumenten mit dem Bau der Süd-Autobahn einverstanden, neigt aber im Allgemeinen Transport-Masterplan eher zu der Variante Schnellstraße zwischen Craiova und Temeswar. Über den derzeitigen technischen Zustand dieser Strecke der Nationalstraße DN 6 kann man, wie von Vertretern des Transportministeriums zugegeben, wenig Positives berichten: 84 Prozent dieser Strecke verfügt nur über eine einzige Fahrbahn per Fahrtrichtung. Obwohl es hier einen dichten Verkehr, vor allem einen Schwerlasterverkehr rund um die Uhr gibt, schafft man hier, zum Ärger der Fahrer, nur eine durchschnittliche Geschwindigkeit bis zu 71 Kilometer pro Stunde. Eine Schnellstraße Craiova-Temeswar würde die durchschnittliche Geschwindigkeit auf 98 Kilometer pro Stunde heben. Die Fahrtdauer würde um 32 Prozent gesenkt werden. Das Projekt der Süd-Autobahn hat den Erwartungen gemäß auch in der nächsten Zukunft einen großen Haken, beziehungweise die hohen und derzeit unerschwinglichen Baukosten. Wie laienhaft und unernst die ersten Kostenschätzungen des rumänischen Transportministeriums unter Minister Radu Berceanu 2010 waren, zeigen nun die derzeitigen etwas realistischeren Berechnungen: Der Bau der Strecke Craiova - Drobeta-Turnu Severin würde 615,6 Millionen Euro, ohne Mehrwertsteuer, kosten, die Strecke Drobeta-Turnu Severin - Lugosch würde jedoch das Doppelte bzw. 1,24 Milliarden Euro verschlingen. Außerdem könnte CNADR aus heutiger Sicht erst spätestens 2021 mit dem Bau einer Süd-Autobahn beginnen, als Bauende würde dann 2030 gelten.