Täuschungsmanöver für Unbedarfte

Als das Gesetz der Militärrenten (Nr.223/2015, vorher eine Eilverordnung der Regierung Ponta) zur Parlamentsdebatte stand, haben Regierungsparteien und Opposition eifrig zugestimmt und Präsident Klaus Johannis hat sich ohne Zurückhaltung und Widerspruch gefügt und gegengezeichnet. Die Fluchtflut in die Rente lichtete die Reihen der militarisierten Institutionen. Bloß Naive hatten das nicht erwartet: Zwischen dem 1. Januar 2016 und April 2017 gingen 20.000 Mitarbeiter des Verteidigungs-, des Innenministeriums und der mehrfachen rumänischen Geheimdienste in Rente – alle 40- bis 45-jährig. Die allermeisten – dazu gibt es aber keine Übersicht – haben sich sofort wiederanstellen lassen. Auf demselben Posten. Sie genießen Einkommensverdoppelung (Superrente+ Megalohn, bezahlt von den Steuern „des Volkes“, denn beides wird nach wie vor allein aus dem Staatshaushalt finanziert, offiziell sechs Milliarden Lei jährlich – Privilegierte alimentieren die Rentenkasse nicht).

Krasse Beispiele sind die Polizei-Chefkommissarin Alina Popescu, die „rechte Hand“ der Innenministerin und Dragnea-Vertrauten Carmen Dan. A. Popescu reichte im Juni ihr Rentengesuch ein, anderntags wurde sie wieder angestellt. Ebenso der Staatssekretär im Innnenministerium Cornel Ciocoiu, seit Juni 2017 Rentner und auf demselben Posten wieder eingesetzt. Machen wir uns nichts vor: Es gibt einen unmittelbaren (und bis ganz oben geduldeten, ja geförderten) Zusammenhang zwischen den Sonderrenten der hochgekletterten Akteure im Verteidigungsapparat („der nationalen Sicherheit“...) und der Politikerklasse. Wir, alle, werden noch viele Jahre arbeiten müssen, um die Geldgier dieser vorgeblichen Patrioten der Nation zu stillen, um ihre Selbstbedienungsmechanismen zu schmieren.

Liviu Dragnea und sein amtierender Premier Tudose waren mitbeteiligt am Ursprung dieses Schröpfungssystems des Staatshaushalts. Unschuldslamm Dragnea sagte nun, man hätte „einen Fehler gemacht, als das Gesetz verabschiedet wurde“, das sei Wahlkampftaktik gewesen, „mit bestem Wissen und Gewissen, aber in Unkenntnis der Folgen“. Man versteht: Nicht er hat den Fehler gemacht. So was kommt bei ihm nicht vor. Angeblich war die Eilverordnung der Regierung nötig gewesen, um die Reihen der Militärs von den Günstlingen des abgetretenen Präsidenten Băsescu zu lichten. Er sollte nur sechs Monate gültig sein. Passiert ist etwas Menschliches: Man hat es vergessen. Und jetzt wäre auch keine Novellierung fällig, würde das nicht an der Zahlungskapazität des öffentlichen Rentensystems rütteln, an den „Renten der anderen Millionen Rumänen“. Ohne zu wollen macht Dragnea die klare Trennung von „wir“ (= die Privilegierten) und „den anderen“(= die die Privilegien finanzieren), die für ihn und seine PSD charakteristisch ist.
Dass das Rentensystem auf tönernen Füßen steht und jederzeit den Boden des Geldsacks erreichen kann, davor warnte mehrfach Dragoş Pâslaru, Arbeitsminister der Cioloş-Regierung. Dragnea sprang ihn damals an und warf ihm Miesmacherei und Kompetenzlosigkeit vor – dran erinnerte ihn nun Dacian Cioloş.

Grundsätzlich tut man in Bukarest so, als wolle man etwas gerade biegen, was andere versaut haben. Genauer hingesehen: Weder hat die Tudose-Regierung die Absicht, die Kalkulationsmethodologie der Sonderrenten zu ändern, noch die Berechnungsgrundlage, die Quelle, auch nicht das Rentenalter der Privilegierten. Einzig um den (insgesamt geringen) Aktualisierungsprozentsatz dieser Renten geht es, für die niemand etwas einzahlt, mit denen aber 60.000-70.000 Luxusprofiteure beliefert werden. Was uns die PSD/ALDE-Koalition weismachen will – „mehr Rentengerechtigkeit und -sicherheit“ – ist ein Täuschungsmanöver für Unbedarfte, weil von den (ebenfalls keine Rentenbeiträge zahlenden) Richtern und Staatsanwälten überhaupt keine Rede ist, weitere bestehende Sonderrenten unberührt bleiben und periodisch erhöht werden. Einzige Folge: noch ein paar Tausend Privilegierte mehr.