Timotion setzt Menschen und Projekte in Bewegung

ADZ-Gespräch mit zwei der Veranstalterinnen des Großsportevents in Temeswar

Cristina Potra Mureșan ist Veranstalterin des größten Sportevents zu einem wohltätigen Zweck in Westrumänien.
Daniela Chesaru ist seit der zweiten Auflage bei Timotion dabei.

Fotos: privat

Unter dem Motto „Temeswar in Bewegung“ werden bei Timotion nicht nur Beine in Bewegung gebracht, sondern auch wichtige Projekte für die Gemeinschaft in Gang gesetzt. Beim größten Laufwettbewerb zu einem wohltätigen Zweck in Westrumänien stellten sich in diesem Frühling über 4000 Teilnehmer an den Start. Das Ereignis sammelte dabei auch eine beeindruckende Summe für verschiedene Sozialprojekte.

Insgesamt 18 Projekte – zu sozialen Zwecken und Tätigkeiten, Behandlungen und Therapien, für Umweltschutz, Festivals und Vereine –, alle mit großer Auswirkung auf die Gesellschaft, bildeten in diesem Jahr die Liste. Die Teilnehmer durften bei ihrer Einschreibung das Projekt auswählen, das sie mit ihrer Teilnahmegebühr fördern wollten, sie konnten aber auch separat die Projekte finanziell unterstützen. Fast einen Monat nach dem Sportevent konnten noch Fördermittel überwiesen werden. Die nächste Auflage von Timotion wird am 14. April 2019 ausgetragen. Über Timotion und weitere Pläne für die Gemeinschaft sprach die ADZ-Redakteurin Andreea Oance mit zwei der Veranstalterinnen des Großsportevents in Temeswar, Cristina Potra Mureșan und Daniela Chesaru.

In diesem Jahr wurde die vierte Auflage des Großsportevents in Temeswar ausgetragen. Wie hat sich Timotion bisher entwickelt?

Cristina Potra Mureșan: Timotion ist von einem Jahr zum anderen ständig gewachsen. Wenn wir bei der ersten Auflage 2015 rund 1200 Teilnehmer hatten, so konnten wir in diesem Jahr über 4000 am Start zählen. Über ein Fünftel dieser waren Kinder unter 12. In der Zwischenzeit haben sich einige organisatorische Sachen bewährt und sogar unsere Beziehungen zu den Sponsoren vertieft. Viele dieser stehen uns seit Beginn zur Seite, andere sind im Laufe der Zeit dazugekommen. Was uns besonders freut, ist, dass wir nur durch diese Bereitschaft und Beteiligung sogar wachsen können und wir tun es ohne Zweifel.

Daniela Chesaru: Ich bin erst bei der zweiten Auflage dazugekommen und ebenfalls mit der zweiten Auflage ist auch die Gemeinschaftsstiftung Temeswar gegründet worden und Mitveranstalter von Timotion neben dem Alergotura Verein geworden. Diese Partnerschaft stärkt die wohltätige Seite der Veranstaltung.

Welches war der Auslöser für die Veranstaltung eines solchen Sportevents mit wohltätigem Zweck?

Cristina Potra Mureșan: Das Konzept an sich ist nicht neu. Vor allem in Westeuropa werden häufig solche Events in die Wege geleitet. Das Novum und die Schwierigkeit für uns war, all unsere Kräfte zu vereinen und dabei dies als Antwort auf viele unserer Probleme zu betrachten. Der Herbst 2014 war der Moment, indem wir uns sagten: „Gut, wir machen es!” Bis zu dem Zeitpunkt haben wir viele Inspirationsquellen aber auch unzählige Ermutigungen gesammelt. Einen großen Einfluss hatten viele Mitglieder des Alergotura-Vereins an sich. Viele dieser lebten bis zu einem Punkt mit dem Gedanken, dass sie nie laufen könnten... als sie ihre Grenzen überwanden, lernten sie, dass man tatsächlich im Leben vieles erreichen kann, man muss dies bloß wollen. So entschieden wir, auch anderen die Chance zu bieten, ihre Grenzen zu überwinden. Ein anderes Ereignis zeigte mir, dass Leute auch bereit sind zu helfen, nachdem ich für eine gute Freundin eine Mail erstellen sollte, um dabei Arbeitskollegen und Freunde zu bitten, Geld für Kinder in einem Heim zu sammeln und ihnen einen Ausflug ans Meer zu schenken. Obwohl ich anfangs Angst hatte, dass sich die Leute von dieser Mail gestört fühlen würden, konnte ich überraschender Weise erfahren, dass die Bereitschaft zu helfen groß ist und dass Leute sich gerne für wohltätige Zwecke einsetzen. Wenn ich aber alle Faktoren analysiere, die als Auslöser für uns gewirkt haben, muss ich zugeben, dass es sehr viele gab, die dazu geführt haben, dass sich alles so gefügt hat.

Daniela Chesaru: Eine Freundin hat mir von der ersten Timotion-Auflage erzählt. Da ich ständig neugierig bin und ich immer wieder interessante Initiativen für die Gemeinschaft begrüße, habe ich schnell mehr darüber erfahren wollen. So durfte ich die Initiatoren kennenlernen. Gemeinsam mit einigen von ihnen haben wir dann die Gemeinschaftsstiftung gegründet. Kurz zusammengefasst kann man sagen, dass Timotion aus dem Wunsch einiger Leute geboren wurde, das Laufen und all seine Vorteile zu fördern und dabei Menschen zu ermutigen, sich an Projekten für ihre Gemeinschaft zu beteiligen.

Von einem Jahr zum anderen beteiligten sich an Timotion immer mehr Leute. Auch immer mehr Projekte stehen für eine Unterstützung auf der Liste. Mittlerweile hat sich Timotion zum größten Sportevent mit wohltätigem Zweck in Westrumänien entwickelt. In diesem Jahr hat sich das Timotion-Netzwerk auch in der Region erweitert, sodass Projekte aus den Verwaltungskreisen Arad und Hunedoara aufgenommen wurden. Wie ist es eigentlich dazu gekommen?

Cristina Potra Mureșan: Die Entwicklung in der Region kam in dem Kontext, dass sich immer mehr Leute aus Ortschaften aus den benachbarten Verwaltungskreisen an Timotion beteiligten. Dazu zählen wir auch Leute, die aus den Nachbarkreisen kommen, jedoch mittlerweile in Temeswar leben, arbeiten oder studieren. Durch diese neuen Projekte wollten wir ihnen die Gelegenheit bieten, sich für ihre Heimatortschaften und Verwaltungskreise zu engagieren.

Daniela Chesaru: Unter dem Motto „Temeswar in Bewegung“ wollten wir nicht nur Leute in Bewegung setzen, sondern auch Projekte in die Wege leiten. Nach drei erfolgreichen Auflagen, war es leicht herauszufinden, dass die Stadt Temeswar Humanressourcen aus der ganzen Region vereint und dass es immer willkommen ist, der Gemeinschaft etwas zurückzugeben. Durch den Aufruf zur Teilnahme mit jeweiligen Projekten aus den benachbarten Verwaltungskreisen wollten wir diesen bestimmten Leuten die Gelegenheit bieten, Projekte aus der Region kennenzulernen und zu unterstützen.

Auf der Liste kann man Jahr für Jahr unter anderen Projekte in Bereichen wie Sport, Gesundheit, Bildung und Förderung von Menschen mit Behinderung finden. Wie wird die Auswahl dieser Projekte getroffen? Wer kann eine Förderung bei Timotion beantragen?

Daniela Chesaru: Wir sind stolz, dass die Timotion-Projekte eine Vielzahl von Bereichen umfassen. Wir glauben fest daran, dass sie die Widerspiegelung der jeweiligen Gemeinschaft, in der wir leben, sind. Die Auswahl der Projekte wurde von Auflage zu Auflage an das Wachstum des Events angepasst. Bei der diesjährigen Auflage haben wir eine Maximalzahl von 18 Projekten festgelegt. Diese Entscheidung trafen wir, da eine all zu lange Liste die Teilnehmer und Spender hätte entmutigen können. Die Gemeinschaftsstiftung berät und unterstützt die interessierten Vereine bei ihrer Anfrage zur Teilnahme, dann wählt eine Jury, gebildet aus fünf Personen, die passenden 18 Projekte aus.

Welche sind ihre Zukunftspläne für Timotion?

Cristina Potra Mureșan: Unser größter Traum ist, dass Timotion je mehr Leute aus unseren Gemeinschaften heranzieht. Egal ob sie tatsächlich laufen oder nur spenden, die Teilnehmer vom Rande ermutigen oder sich freiwillig für die Veranstaltung des Events engagieren. Wir werden auch von nun an unser Bestes tun, dass die Leute, die bereits mitgemacht haben, jedes Jahr mit Freude zurückkehren. Für die kommende Auflage haben wir einige bemerkenswerte Neuigkeiten in Sicht. Derzeit lassen wir noch diese Ideen reifen, später werden wir sie auch bekannt machen. Sie müssen unsere Aktionen bloß verfolgen!

Daniala Chesaru: Das nächste Timotion wird am 14. April 2019 ausgetragen. Da das Event von einem Jahr zum anderen ständig gewachsen ist, erwarten wir für das kommende Jahr noch mehr Menschen, die sich für eine gute Tat in Bewegung setzen. Auch wir als Veranstalterteam wollen noch wachsen. Die ersten Vorbereitungen für Timotion 2019 beginnen schon im Herbst. Wer helfen will, ist willkommen!

Was bedeutet Timotion, kurz zusammengefasst? Welches ist die für Außenstehende unsichtbare Seite des Ereignisses?

Cristina Potra Mureșan: Timotion bedeutet Hunderte Stunden Arbeit, zahlreiche Sponsoren und Partner, einige Dutzend Helfer, Hunderte Freiwillige und zahlreiche Projekte für die Gemeinschaft, die infolge unseres Ereignisses gefördert wurden. Timotion bedeutet aber auch einige Tausend Läufer sowie Spender und Förderer, die die Sportler ermutigen, auch ohne selber an den Rennen teilzunehmen, und zahlreiche lächelnde Gesichter, die froh sind, auf egal welche Art mitmachen zu dürfen. Das Event bedeutet neben all diesen Dingen auch sehr viele Leute, die uns einfach fragen „Wie kann auch ich helfen?” und die nicht darauf verzichten, ihre Ärmel – wortwörtlich – hochzukrempeln, um Sachen entstehen zu lassen.

Daniela Chesaru: Hinter Timotion befindet sich eine Gruppe energievoller Menschen, die ihre Freude am Laufen und Schenken teilen wollen. Die Veranstaltung benötigt aber eine stundenlange Vorbereitung. Konkret: Eine Timotion-Auflage wird in 18 Monaten vorbereitet – von der Auswahl der Projekte, bis zu den kleinsten Details, wie Genehmigungen beschaffen und Routen festlegen. Durch die Komplexität von Timotion schafft das Sportevent Verbindungen und Kooperationen mit NGOs, öffentlichen Institutionen, zahlreichen lokalen Unternehmen und Freiwilligen. Die Herausforderungen sind oft unerwartet: Wie verschaffen wir Strom an einer bestimmte Stelle, wie können wir ein Loch im Asphalt stopfen usw. Es ist klar, dass wir von einer Auflage zur anderen immer mehr lernen und hoffen, dass wir immer besser werden.