Um an Bärentatzen heranzukommen

Manipulation des Wildbestands zwecks Abschussgenehmigungen für Gelage der Ortspotentaten

Symbolfoto: pixabay.com

Wie bereits ansatzweise berichtet (ADZ 5941/13.8.2016) ist im Banater Bergland der Bestand an Karpatenbären um 22 Prozent zurückgegangen, nachdem der WWF mit den Verwaltern der Jagdpachten gesprochen und diese ihre Wildzählungen revidiert haben. Zurückgeschraubt wurden auch die auf dem Papier verzeichneten Bestände an Luchsen und Wildkatzen (ebenfalls um 22 Prozent) und plötzlich gibt es auch um sieben Prozent weniger Wölfe im Banater Bergland.

Trotzdem ist die Bestandsdichte an großen Fleischfressern im Banater Bergland immer noch zu hoch, weil die Zahl der angeblich vorhandenen Tiere verhältnismäßig hoch ist im Vergleich zu den von den Menschen zugestandenen Lebensräumen. In der Jagdpacht mit dem auffällig hohen Bärenbestand Bucova-Băuţar an der Grenze zum Verwaltungskreis Hunedoara – 11.092 Hektar, zum Großteil an der Grenze zu einem knapp 300 Hektar großen Auerhahn-Schutzgebiet unter den Gipfeln Scorişoara (1888 m), Galben (1995 m) und Zeicu (2078 m) des Ţarcu-Gebirges, südöstlich des kleinen Gletschersees Iezerul Bucovei – leben angeblich nach der „revidierten Zählung“ noch elf Bären (vorher 19). Das ist ein „Rückgang“ auf nur noch knapp mehr als 57 Prozent gegenüber den Wildzählungen vergangener Jahre und eine Folge des Eingreifens des WWF. Laut den von Biologen festgestellten Mindestausmaßen der Lebensräume dürften dort aber höchstens zwei Bären vorkommen, wenn das wissenschaftlich errechnete ideale Bärenareal von 5000 – 27.000 Hektar pro Karpatenbär in Betracht gezogen wird.
 

Wildtierbestand Verhandlungssache?

Der WWF hat festgestellt: „Die Entscheidungen des Managements über die Populationen von Wildtieren sind vor allem von Kriterien der Profitabilität der Jagdtätigkeit bestimmt, statt vorrangig von Kriterien des Artenschutzes, obwohl Tierarten wie Bär und Luchs oder Wildkatze und Wolf streng geschützte Arten sind, sowohl auf nationaler rumänischer, als auch auf internationaler Ebene. Dafür gilt die Habitatdirektive der EU (bekannt auch als „Natura 2000“). Uns scheint“, schreibt der WWF weiter, „dass die gegenwärtigen Schätzungen des Wildtierbestands eher durchgeführt wurden, um kollektive Abschussquoten festzulegen und den Abschuss geschützter Arten vor den einschlägigen europäischen Behörden zu rechtfertigen.

Dort, wo die Schätzungen aufgrund des Eingreifens des WWF nachjustiert wurden, geschah das aufgrund von Verhandlungsbemühungen der auf Artenschutz spezialisierten Naturschutzorganisationen, nicht aber aufgrund von korrekten Schätzungen vor Ort, durch Feldbegehungen, oder, idealerweise, durch eine Korrektur der eigentlichen Zählungsmethodik, die veraltet ist und anfällig für Fehlergenerierungen.“
 

Wild-Schätzungsmethodik von1950

Unterschwellig spricht der WWF von „Übergriffen der gegenwärtigen Verwalter der Jagdpachten und der Pächter selbst“.
„In Rumänien wird die gegenwärtige Schätzungsmethodik des Wildbestands als Verwaltungsverfahren behandelt, das über keinerlei wissenschaftliche Grundlage verfügt“, kritisiert der WWF weiter. „Die Methodik stützt sich hauptsächlich auf eine Aufzeichnung der Wildspuren auf dem Gebiet einer Jagdpacht, nicht einmal auf einem regionalen Areal, also jagdpachtübergreifend.

Das ist ein System, das etwa Mitte des verflossenen Jahrhunderts aufkam, zwi-schendurch leicht abgeändert wurde, sodass die Jagdpächter gegenwärtig etwas andere Praktiken anwenden gegenüber den originären, in allen Fällen aber biologische und ökologische Charakteristika der jeweiligen Arten ignorieren. Letztendlich hat man den Eindruck, dass es sich um ein einfaches Prozedere zum Ausfüllen von Papieren handelt, bar jeder wissenschaftlichen Grundlage.

Die EU akzeptiert die Jagd als Möglichkeit der Liquidierung von ´Problem-Bären‘, wofür es Sondergenehmigungen und Ausnahmeregelungen gibt, oder als Möglichkeit der Bestandskontrolle/-regelung. Das ist alles so in Ordnung, so lange es sich um reale Grundlagen dafür handelt. Also: so lange bei der Wildzählung ehrlich vorgegangen wurde. Im Falle Rumäniens wäre die dringendste und wichtigste Änderung beim Verfahren, dass alle Wildzählungen regional durchgeführt werden, sodass Doppelt- und Dreifachregistrierungen – wie gehabt – vermieden werden. Zweitens ist das Durchhalten dieser Wildzählmethoden über lange Zeiträume nötig. Und in jeder Saison, nicht nur, wie üblich, im Februar. Idealerweise müssten auch DNA-Proben entnommen und wiederholt werden. Sehr wichtig noch: Die Qualität der Daten der Wildzählungen muss von unabhängigen Organisationen überwacht und gegengezeichnet werden. Und nicht zuletzt: Die Ergebnisse müssen jederzeit transparent sein, also wirklich jedem zugänglich.“

Sollte sich unter solchen Wildzählbedingungen das Banater Bergland immer noch als jenes Gebiet Rumäniens erweisen, wo die Bären sich drängen, weil sie zu viele sind – wie das bisherige Wildzählungen suggerierten, die angeblich auf den von Biologen festgelegten Kriterien für entsprechende Lebensbedingungen der Bären beruhen – dann hätte der WWF nichts mehr dagegen einzuwenden, wenn einige abgeschossen werden müssen.
 

Festtagsschmaus für Potentaten

Ausgegangen waren die Zweifel und Untersuchungen des WWF von einem Abhörprotokoll des rumänischen Inlandsgeheimdienstes SRI, das „bekannt wurde“: Der damalige Kreisratsvize Ionesie Ghiorghioni bedrängte am Telefon seinen Chef Sorin Frunzăverde, unbedingt zum Bärentatzenschmaus zu kommen, an dem sich auch der orthodoxe Bischof von Karansebesch, Lucian Mic, beteiligte, und zu dem die beiden „Meisterköche“ der Parteigesellschaft das Gelage vorbereiten, Ioan Cojocaru (Direktor des Kulturhauses Karansebesch, Kreisratsmitglied seitens der PNL, genannt „Coajă“) und Nicolae Dumitru Vlădulescu (wegen fehlender Hochschulstudien seit Jahren Interims-Direktor des Reschitzaer „Theaters des Westens“, der Mann, der in Reschitza der „Revolutionär der ersten Stunde“ war, ein Intimus des Ex-Kreisratspräsidenten Frunzăverde).

Ghiorghioni war bis zum Antritt seiner über sechsjährigen Gefängnisstrafe auch Präsident des „Vereins Jägerclub Iezerul Bucovei“, der die Jagdpacht von über 11.000 Hektar von Bucova per Vertrag (Nr. 4236/2011) mit dem Ministerium für Umwelt, Gewässer und Wälder über das Territorialinspektorat Temeswar für Forst- und Jagdwesen bis 2020 verwaltet und wo jahrelang die höchsten Braunbärenbestände des Karpatenraums „gezählt“ wurden. Bei Abschussprämien zwischen 4000 und 15.000 Euro (je nach Trophäe) war es nicht schwierig, die jährliche Jagdpacht von 5704,2 Euro zu zahlen, solange „ausreichend Bären zum Abschuss freistanden“ – lies: solange die Wildzählungen im Interesse jagdgeiler Jäger und gieriger Potentaten manipuliert wurden und solange immer ausreichend “überzählige“ Bären vorhanden waren.

Da es zur Jagdtradition im Revier Bucova-Băuţar gehörte, auf deren Einhaltung Ghiorghioni (er selber ein fanatischer Jäger) bestand, dass nämlich von jedem erlegten Bären mindestens eine Tatze dem Jagdpächter „geschenkt“ wurde, so lange konnte mindestens einmal im Jahr auch ein Bärentatzenschmaus organisiert werden (wer jemals Karl May gelesen hat, erinnere sich, was dieser in seinen Winnetou-Büchern über die Bärentatzen als Rostbratendelikatesse schreibt).

Man darf gespannt sein, wann und wo das nächste Bärentatzengelage stattfindet, zumal feststeht, dass nach jetzt geltenden Wildzählerkenntnissen in Bucova-Băuţar immer noch viel zu viele Braunbären „zusammengedrängt leben müssen“...