Vervielfachte Freude zum Walburgafest

Karin Gündisch spendet Preisgeld der Heltauer Kindertagesstätte „Arche Noah“

Stadtpfarrer Zoran Kézdi überreicht der Walburga-Preisträgerin Karin Gündisch die Urkunde.

Karin Gündisch begeisterte die Kinder der Tagesstätte „Arche Noah“ für ihre Bücher.
Fotos: Eveline Cioflec

Helfen und Trost spenden kennzeichneten das traditionsreiche Walburgafest in der Heltauer evangelischen Kirche A.B. am 6. März, dem Sonntag der Freude, Lätare. Das Fest ist den freiwilligen Helfern und Helferinnen der Kirchengemeinde gewidmet und trägt den Namen jener, der die Kirche bei der Gründung geweiht wurde. Die heiliggesprochene Walburga war eine Wohltäterin ihrer Zeit, im 8. Jahrhundert. Das vom Kirchenvater Ortwin Herbert beim Einzug in die Kirche getragene Vortragekreuz soll aus dem 12. Jahrhundert stammen und erinnert an die Gründung der Kirche. Viele haben seither im Rahmen der Kirchengemeinde gedient und geholfen. Die Ehrung durch den Walburgapreis steht für besondere Verdienste in der Kirchengemeinde, aber auch für besondere Verdienste der Mitglieder der Kirchengemeinde für die Stadt Heltau/Cisnădie.

Im Einklang mit dem Thema des Festes – das Helfen und die Hilfsbereitschaft – sprach Bischof Reinhart Guib in seiner Predigt von Trost. Was Trost spendet, sind oft nicht Worte, und oft kann man in Not auch nicht tatkräftig helfen. Was aber Trost spendet, ist das Dabeisein, die Treue, das Begleiten dessen, der des Trostes bedarf. Diese Worte verband er mit dem zweiten Brief des Paulus an die Korinther, in dem es gleich zu Beginn um Trost geht. Bischof Guib griff aber nicht nur Trost bei Trübsal auf, sondern betonte, dass es des Trostes fast immer und überall bedarf.

Stadtpfarrer Zoran Kézdi würdigte die Preisträgerin Karin Gündisch, gebürtige Heltauerin, in einer an die Predigt anschließenden Laudatio. Die Ehrung sei ein Zeichen der Wertschätzung des literarischen Verdienstes. Der Verdienst sei nicht nur die Freude, die sie mit ihren Büchern ihren Lesern – Kindern und Erwachsenen – bringt, sondern auch das Bekanntmachen Heltaus jenseits der Grenzen des Landes, sowohl im deutschsprachigen Raum, als auch durch die Übersetzungen in vielen anderen Ländern. 1948 in Heltau geboren, studierte Karin Gündisch Germanistik und Rumänistik in Klausenburg/Cluj-Napoca und Bukarest und unterrichtete später in der Hauptstadt. Sie verfasste Lehrbücher, schrieb Beiträge für den „Neuen Weg“ und die „Neue Literatur“ und fand doch noch Zeit, Kinderbücher zu verfassen.

Ihre Kinderbücher sind geprägt von Erlebnissen und Erfahrungen in Heltau und der Heltauer Gegend. 1984 wanderte sie mit der Familie nach Deutschland aus, wo sie ihre schriftstellerische Tätigkeit fortsetzte. Noch in Rumänien wurde sie preisgekrönt. 1984 erhielt sie den rumänischen Kinderbuchpreis für „Lügengeschichten“. Es folgten zahlreiche Preise und Ehrungen, darunter der Härtling-Preis, der Kinderbuchpreis der Ausländerbeauftragten des Berliner Senats, und der Mildred L. Batchelder Award. Den Lesepeter erhielt sie 2005 für „Cosmin. Von einem, der auszog, das Leben zu lernen“.

Zu der Preisverleihung wurde Karin Gündisch von ihrer Familie begleitet, aber auch von vielen Freunden. Das sei eine Ausnahme, bestätigte sie in der Dankrede. Sie wurde in der Heltauer Kirche getauft, konfirmiert und getraut. Auch ihre Kinder seien in dieser Kirche getauft worden. Diese Verbundenheit verleihe der Ehrung eine ganz besondere Bedeutung. Sichtlich gerührt sprach Karin Gündisch von der Hilfsbereitschaft der Walburga. Als tatkräftige Frau hätte sie sich heute vermutlich für bedürftige Kinder eingesetzt. Das Preisgeld spendete Karin Gündisch der Tagesstätte für Schulkinder „Arche Noah“ und überreichte den Scheck dem Vertreter Wieland Köber, Vorsitzender im Beirat der Einrichtung von Seiten des Diakonischen Werks e.V. in Rumänien.

Die ergreifende musikalische Begleitung mit Orgel- und Trompetenklängen, sowie die Ansprachen der Ehrengäste aus Hermannstadt/Sibiu – die Konsulin der Bundesrepublik Deutschland, Judith Urban, und der österreichische Honorarkonsul, Andreas Huber, – trugen zur besonderen Festlichkeit bei. Die Feierlichkeiten wurden mit Gratulationen und Gesprächen bei Kaffee und Kuchen im Burghof abgerundet. Die Botschaft des Festes bleibt. Karin Gündisch folgte der Einladung, die „Arche Noah“ zu besuchen und persönlich die Kinder der Tagesstätte kennenzulernen. 35 Kindern im Alter von sieben bis vierzehn Jahren aus sozial schwierigen Verhältnissen bietet die Einrichtung vor oder nach der Schule, je nach Unterrichtszeit, ein zweites Zuhause sowie einen Rettungsanker für ihre Familien.

Die „Arche Noah“, geht zurück auf den ökumenischen Diakoniekreis und die Sozialstation Heltau und hat 2002 als Projekt der evangelischen Kirchengemeinde Kassel Bad Wilhelmshöhe Gestalt angenommen. Getragen wird die Einrichtung von der Stiftung „Schülertagesstätte Arche Noah“ aus Kassel unter der Leitung von Frau Marianne Dithmar, Ehrenbürgerin der Stadt Heltau, mit Zuschüssen auch aus Mitteln des Stadtrates. Sie steht unter der Schirmherrschaft und Verwaltung des Diakonischen Werkes e.V. Rumänien mit Sitz in Hermannstadt. Das Anliegen der „Arche Noah“ ist die ganzheitliche Förderung der körperlichen und geistigen Entwicklung der Kinder. Ein qualifiziertes, hauptsächlich ehrenamtlich engagiertes Team setzt sich ein, dass die Kinder Verpflegung und individuelle Betreuung erhalten. Bei gemeinsamen Lernübungen und Spielen lernen die Kinder einander, aber auch sich selbst zu achten.

Als Karin Gündisch den gerade anwesenden Kindern aus ihren Büchern zu lesen begann, wurde es ganz still. In ihren Büchern zeigt Karin Gündisch die Welt aus der Perspektive der Kinder. Viele ihrer eigenen Kindheitserinnerungen sind darin verwoben. Letzteres erkannte eines der gebannt zuhörenden Kinder, als die Autorin aus der Übersetzung ins Rumänische von „Geschichten über Astrid“ vorlas. „Sind Sie Astrid?“ stieß das Mädchen hervor und brachte damit frohes Lachen in die Runde. Rührend war der Kommentar eines etwa neunjährigen Mädchens, als es erfuhr, dass Astrid keine richtigen Winterschuhe hatte und sich deswegen auch schämen musste: „Darauf kommt es nicht an, es kommt darauf an, wie man als Mensch ist, innerlich.“

Bei der Lesung aus dem im Niculescu-Verlag zweisprachig erschienenen Jugendbuch  „Cosmin. Von einem, der auszog, das Leben zu lernen“, das von einem Jungen aus Prislop bei Răşinari, einem Roma-Dorf unweit von Heltau, handelt, waren die Kinder bereits eingeweiht. Sie hatten verstanden, dass die Autorin der Bücher vor ihnen steht. Sie wollten wissen, wie lange es dauert, eine Geschichte zu schreiben, ja sogar in welcher Sprache die Geschichten verfasst werden. Karin Gündisch versprach, den Kindern mehrere Exemplare ihrer Bücher zu schicken oder vielleicht auch selbst bei nächster Gelegenheit vorbeizubringen. In der Freude der Kinder, die über ihren Fragen fast das Mittagessen vergessen hätten, ist der Sinn des diesjährigen Walburgafestes eingeschrieben. Spätestens daraus liest man, wie wichtig Helfen, Trost spenden und Freude bringen sind und was die Feierlichkeit des Festes getragen hat.