Vom Schmutz- und vom meteorischen Wasser

Auf der Suche nach Lösungen für das bei Platzregen überschwemmungsgefährdete Reschitza

Bei der letzten großen Überflutung des Reschitzaer Hauptplatzes, 2014, war das Theater des Westens einer der meistgefährdeten Orte. Das Wasser lief einfach durchs Theater durch und hatte alle Depots und den ganzen Keller volllaufen lassen. Der Umfang der Zerstörungen ist bis heute nicht bekannt gegeben worden.

Da es zwischen der Schutzmauer vor Überschwemmungen der Bersau/Bârzava und dem Flussbett fast keine Durchflussmöglichkeit gab, staute sich das Regenwasser auf dem Hauptplatz, während die Bersau kaum einen höheren Wasserstand hatte.
Fotos: Werner Kremm

Die durch den Klimawandel immer häufigeren Platzregen und Wolkenbrüche haben das Problem der unterdimensionierten Kanalisierung von Reschitza ins Gespräch der Öffentlichkeit gebracht, zumal immer mehr Reschitzaer von vorübergehenden Wasserstaus und in Bäche verwandelten Straßenzügen betroffen sind. Das Problem ist vom Rathaus Reschitza erkannt, an manchen Stellen teilweise auch schon gelöst worden. Doch immer neue Problemstellen tauchen auf – und an allem ist der Bürgermeister schuld.

Dem wird von den Unzufriedenen vorgeworfen, er habe allerhand futuristische und Phantasieprojekte im Kopf, nicht aber die Dringlichkeitsbedürfnisse der Bewohner der Stadt. Die meisten übersehen dabei eine inmitten der Platzregen typische Szene, die übers Internet immer wieder zu sehen ist: Ein Reschitzaer müht sich im Regenguss ab, einen festsitzenden Kanaldeckel hochzuheben, um das aufgestaute Wasser schneller abfließen zu lassen, das schon den Innenraum der in der Nähe geparkten Autos erreicht hat. Dutzende Mitbewohner schauen aus dem Fenster ihrer Blockwohnung interessiert zu. Manche fotografieren oder filmen auch die Szene ...

Bürgermeister Popa kennt die Bilder und hat auch die Akteure identifiziert. Und jedes Mal regt er sich über die Passivität der Meckerer auf. Er hat schon mehrmals glaubhaft versichert, dass man sich mit dem Problem der überforderten Kanalisierung beschäftigt. Die Gründe für die immer häufigeren Wasserstaus an den Aufnahmestellen des Regenwassers sind identifiziert: Als das Kanalisationssystem der Stadt vor fünf, sechs Jahren erneuert wurde (für das Siedlungswassersystem von Reschitza gab es allein EU-Mittel um die 160 Millionen Euro) hat man bereits in der Entwurfsphase aus heute schwer nachvollziehbaren Gründen auf zwei parallele Kanal-Stränge zugunsten eines einzigen verzichtet. Zwei sind in der EU-Gesetzgebung vorgeschrieben, einer für das Brauch- oder Schmutzwasser der Haushalte, und einer für die Regenwassermagistrale („Magistrale für meteorisches Wasser“) – laut EU-Gesetzgebung müssen die beiden Wasser-Abflüsse separat der städtischen Kläranlage zugeführt werden. Das zweite große Problem, das schon – allerdings folgenlos – hervorgehoben wurde, als der Vorgang noch im Gang war, ist die Tatsache, dass bei der Asphaltierung in den Zeiten des den Bürgermeister spielenden Vizebürgermeisters und Asphaltmischanlagenbesitzers Ioan Crina (PSD – der gewählte Bürgermeister Mihai Stepanescu, ebenfalls PSD, war wegen Korruption ins Gefängnis gesteckt worden) viele Gullis zuasphaltiert und so die Aufnahmefähigkeit des Kanalsystems nochmal verringert wurde.

Ioan Popa: „Wir haben das Problem der immer wieder unter Wasser gesetzten Unterführung beim Hüttenwerk TMK gelöst, ich glaube, auch jenes mit dem Stadtzentrum (das vor ein paar Jahren nach einem Platzregen komplett unter Wasser stand) und auch das Problem des Abflusses der Wässer, die von den Hügelhängen bei der Universität der Bersau/Bârzava zufließen und einen schlechten Abfluss hatten, also gestaut wurden. Teilweise ist das Problem auch in der Zadei-Bergstraße gelöst, deren Asphaltbelag mehrmals von Sturzbächen einfach weggeschält wurde. Die neuen Probleme tauchen jetzt in der Neustadt auf, in der F²g²ra{ului-Straße (die einen Hügelhang quert, also bei Wolkenbrüchen von einer Seite den Fluten ausgesetzt ist) und in der Straßenkreuzung beim Kaufland-Komplex in der Neustadt, wo Regenwasser aus drei Richtungen zusammenfließt. Aber wir finden auch dort die Lösung.“

Bürgermeister Popa sieht in der Frage der Kapazität des Kanalsystems der Stadt auch eine Frage der Kompetenz und Verantwortlichkeit: „Die Frage des Regenwassers ist eigentlich ein Verantwortungsgebiet der Siedlungswassergesellschaft AquaCara{, deren Geschäft auf Wasser aus der Natur fußt. Aber meine Vorgänger haben mit AquaCaraș einen Prozess zu dieser Frage geführt und durch die Unfähigkeit der Rechtsanwälte des Rathauses verloren. Die waren nicht im Stande, den Richtern zu erklären, dass das Regenwasser zu AquaCaraș gehört, weil es eh bei ihrer Kläranlage landet und ihr Hauptgeschäft ist. 50 Prozent des Regenwassers vermischt sich in der Kanalisation eh mit dem Schmutzwasser der Haushalte, wer kann da schon sagen, was mir und was dir gehört?! Deshalb muss die Verantwortlichkeit entweder von dem einen oder vom anderen übernommen werden. Wenn das beide tun sollen, wird es problematisch, denn dann sind wir wieder dort, von wo wir ausgegangen sind.“

Es gäbe einen Beschluss des Aufsichtsrats von AquaCaraș, der die Frage lösen könnte, indem die Siedlungswassergesellschaft Regen- und Schmutzwasser übernimmt. Doch der Beschluss wurde nie umgesetzt, vor allem weil AquaCara{ finanziell aus dem letzten Loch pfeift. Die Gespräche zum Thema, die Popa mit AquaCaraș-Chef Nicolae Miu-Ciobanu (PSD), einem Ex-Polizeioffizier und Ex-Präfekten, führte, verliefen bislang ergebnislos. Nach Ansicht des Stadtvaters gäbe es zwei Alternativen: Entweder übernimmt AquaCaraș das gesamte Kanalsystem und kassiert dafür von allen Nut-zern eine entsprechende Gebühr, auch fürs „meteorische Wasser”; oder, „wenn das zu schlecht klingt für die Bürger der Stadt”, wird ein Pauschalvertrag abgeschlossen, aufgrund dessen die Stadt monatlich eine gewisse Summe an AquacCaraș überweist, damit mit diesem Geld das Problem in den Griff kommt. „Bis zur Stunde habe ich keinerlei Antwort auf meine Vorschläge erhalten.“

Der Reschitzaer Bürgermeister wäre nicht er selbst, wenn er nicht jede Gelegenheit nutzen würde, auch die lethargischen Stadtbewohner aufzurütteln und den ewigen Nörglern paroli zu bieten. Gerade im Einsatz der Bürger sieht Popa eine Lösung des Problems: „In vielen westeuropäischen Ländern, vor Zeiten auch im Banat, hatte jedes Haus ein unterirdisch angelegtes Regenwasserbecken, das zwei oder mehr Kubikmeter Wasser fasste. Das Wasser wurde zum Waschen oder Baden oder zum Gießen von Blumenrabatten oder Gemüsebeeten genutzt. In Deutschland und vielen anderen Ländern gibt es Steuererleichterungen für Bürger, die solche Becken pflegen und nutzen. Auf Reschitza bezogen: Gäbe es im alten Teil der Stadt in jedem Haus Regenwasserbecken mit 2-3 Kubikmeter Fassungsvermögen, wären bei rund 5000 Reschitzaer Haushalten erst mal 10-15.000 Kubikmeter Wasser bei jedem Regen als erstes zurückgehalten und das Kanalsystem wäre entlastet. Und die Leute hätten ein ökologisch gutes Nutzwasser aus dem eigenen `Brunnen`. Den Wasserschwall bei Platzregen hätten wir gebändigt. Ist das wieder `futuristisch` und `Phantasie`? Glaub ich nicht. Wenn doch, dann haben wohl diejenigen recht, die meinen: `Unser Bürgermeister ist wohl a bisserl verrückt!`”