Von Mardern, Ratten, Mäusen...

...und ihrer Vertreibung aus der Orgel

Inneres der Orgel von Radeln
Foto: Steffen Schlandt

Montiert und geölt am 26.09.1986 H. Binder nächstes Ölen: 1990!

Er gehört zu den ärgsten Feinden jeder Orgel: der Marder. Immer häufiger dringt er in wenig benutzte Kirchen ein. Mal liegen Skelette von Kleintieren im Orgelinneren, mal ganze oder zerschlagene Eier. Der Hunger treibt ihn zu schlimmen Taten: Er zernagt dünne Holzteile, frisst Löcher ins Leder, zerbeißt metallene Pfeifen. Deren Zinn-Blei-Legierung schmeckt ihm so gut wie uns die ungesunden Chips! Reihenweise legt er die „flierchen“ außer Betrieb. Vor den nicht minder aggressiven Mäusen hat schon in der Zwischenkriegszeit Professor Fanz Xaver Dressler warnen müssen. Er kannte fast alle Instrumente unserer Landeskirche und verfasste einen Aufruf in den „Kirchlichen Blättern“, demzufolge überall in Orgelnähe Mausefallen aufzustellen seien. Was Nager anstellen können, belegt ein Bild aus Radeln/Roadeş, das vor etwa zehn Jahren entstand:

Es ist besser, vorbeugend zu handeln, dachte sich der Orgelausschuss der Evangelischen Landeskirche und bestellte moderne „Marder-Ratten-Mäuse-Vertreiber“, elektronische Ultraschall-Erzeuger. Die Schreiberin dieser Zeilen hatte unlängst Gelegenheit, drei dieser Geräte in Kirchen des Repser Ländchens zu installieren. In Schweischer, wo die Orgel leider nicht mehr klingt, ist allein schon der Gang zur Kirche, in Begleitung der Familie Morgen, ein Abenteuer. Auf improvisierten Rodeln schlittern Kinder den Berg hinunter, Hunde kläffen, man schließt sich ein, wenn man den Torturm endlich erreicht hat. In der Kirche: zum Glück noch keine Spur von Nagetieren!

Ebenso sind in Meschendorf (noch) keine Marderspuren sichtbar. Herr Scoica öffnet die Kirche, freut sich, dass die Orgel „O ce veste minunată“ spielt und hilft, das batteriebetriebene Gerät in Funktion zu setzen. Es wird im Orgelinneren deponiert.

„Diese Banditen werden das Gerät stehlen“, schimpft Kurator Konnerth, als wir einen Stromanschluss suchen, um den letzten „Marderschreck“ in der Kirche von Stein zu installieren. Spuren jüngster Einbrüche sind sichtbar: Bretter, auch Teile der Verzierung an Orgel und Altar, fehlen oder liegen umher. Bitter murmelt der hochbetagte Herr: Was kann man schon machen? Türen und Fenster sind verrammelt, aber das nützt nicht wirklich, weiß er selbst. Im Orgelinneren ist wie in einem Tagebuch mit Bleistift vermerkt, wann der Motor geölt wurde, aber auch: „Repariert und vervollständigt nach Marderverwüstung 2001.“

Ausgerechnet hier gehen wir unverrichteter Dinge davon. Es muss ein Gerät her, das man im Inneren verstecken kann. Wer weiß, vielleicht vertreibt es dann auch die Einbrecher? Wenn diese nämlich Kinder sind, wie Herr Konnerth mutmaßt, dann hören ihre jungen Ohren unter Umständen die ultrahohen Frequenzen und sie tun es den Nagetieren gleich: abhauen!

Ausgerechnet Orgelspiel und Orgelbau gehören in Deutschland seit wenigen Tagen zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit. Tierschutz hin oder her, dem Marder haben wir den Kampf angesagt. Wenigstens vor diesem Feind sollten siebenbürgische Orgeln beschützt werden.