Vorschläge, Beanstandungen und Klärungen

Kronstädter Debatte zum neuen Tourismusgesetz

Das neue Tourismusgesetz soll bis Ende November vorliegen und dann schon vom Staatspräsidenten gegengezeichnet sein, sagte Tourismusminister Mircea Dobre am 6. September in Kronstadt/Braşov nach einer Debatte, die im Sitzungssaal des Kreisrates abgehalten wurde. In Kraft tritt dieses Gesetz aber erst 180 Tage nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt. Gegenwärtig regelt ein Regierungserlass (58/1998) die Tätigkeit in diesem Bereich, in dem allgemein ein Aufschwung erwartet wird.

Zertifizierung und Einstufung werden dezentralisiert

Was den Tourismus fördern könnte, welche Schwierigkeiten beseitigt werden sollten, was für Wünsche noch offen stehen – das waren die Hauptthemen dieser Debatte, die rund fünf Stunden dauerte und die Minister Dobre abschließend als „sehr konstruktiv“ einschätzte. Beteiligt hatten sich viele Tourismusunternehmer aus der Wirtschaftsregion Zentrum (die Landeskreise Alba, Kronstadt, Covasna, Harghita, Mureş und Hermannstadt/Sibiu). Ein viel diskutiertes Thema stellte die vorgesehene Dezentralisation der Zertifizierung und Einstufung der touristischen Unterkunftskapazität dar. Diese Aufgabe soll von den Kreisräten übernommen werden. Weil dort aber, laut Minister Dobre, in den letzten 12 – 13 Jahren niemand mehr in diesem Bereich zuständig war, muss der Übergang stufenweise geschehen. Das heißt, dass im ersten Jahr nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes die Kreisräte in dieser Angelegenheit mit dem Tourismusministerium zusammenarbeiten werden. Der stellvertretende Vorsitzende des Kreisrates Kronstadt, Adrian Gabor, begrüßte diese Initiative, wies aber darauf hin, dass schnell (in einem Monat) die notwendigen Schritte unternommen werden müssen, um die neuen Strukturen auf die Beine zu stellen und deren Personal entsprechend vorzubereiten. Er hoffe auch, dass es nicht wieder zu Fehlern komme, die bei anderen Dezentralisationsabläufen verzeichnet wurden. Im Klartext hieß das, aus Bukarest müssen auch die notwendigen Geldmittel sichergestellt werden, um das zusätzliche Personal einstellen zu können.

Aus dem Saal wurde beanstandet, dass die im Gesetzentwurf vorgesehene elektronische Registrierung der Abläufe im Tourismusgeschäft vielen kleineren Unternehmern, vor allem im Dorftourismus, Schwierigkeiten bereiten werde. Dabei geht es um die technische Infrastruktur, aber auch um Zeit und Arbeit, um alle gewünschten Daten des Kunden zu erfragen und festzuhalten (von dessen Namen bis Dauer und Zweck seines Aufenthaltes). Das ließ der Minister nicht unbeantwortet – er gehe davon aus, dass jede touristische Einheit im Lande über einen Rechner oder zumindest über ein Fax oder Scanner verfüge. „Wir nehmen immer an, dass etwas nicht machbar sei. Ich glaube, wir müssen voraussetzen, dass es möglich ist.“ Ein nicht gerade überzeugendes Argument, denn vorgesehen ist, dass der Sonderfernmeldedienst (STS) die Software für diese Erfassungen übernehmen soll. Es handle sich bei dieser Datenerfassung nicht um zusätzliche Bürokratie, sondern um eine genauere Übersicht der eigentlichen Touristenzahl, um eine bessere Kenntnis der Vorlieben der Touristen für die eine oder andere Destination oder Dienstleistung, sodass dann, aufgrund dieser Statistiken, beim Ministerium Prioritäten gesetzt werden können. Man arbeite im eigenen Interesse und nicht im Auftrag des Innenministeriums oder der Finanzverwaltung, behauptete der Minister und wollte so manche Kritik an dieser elektronischen Datenerfassung entschärfen.

Mangel an Fachkräften

Bestandsaufnahme, Zertifizierung und Einstufung waren Stichwörter für das Vorbringen von Problemen im Zusammenhang mit unlauterer Konkurrenz. Vor allem in Kronstadt, aber auch in Dörfern mit touristischem Potenzial, werde „schwarz“ übernachtet, also in Appartements oder Wohnungen, die nicht eingetragen und eingestuft sind. Und weil sie nicht erfasst sind, werden auch keine Steuern beglichen, sodass auch der Übernachtungspreis günstiger ausfällt. Laut der Unternehmerin Ruxandra Popa gäbe es im Kreis Kronstadt zurzeit 464 solche Übernachtungsmöglichkeiten, wo keine Rechnungen ausgestellt werden, aufgrund derer eine Besteuerung erfolgen könnte. Bei solchen unangemeldeten Wohnungen mit Hotelfunktion sind Preise von rund 20-30 Euro möglich, gegen die ein Unternehmer, der seine Gebühren an den Staat zahlt und auch für eine entsprechende Qualität investiert hat, nicht aufkommen kann. Dass solche Angebote auch im Internet geführt werden, steigert nur den Ärger über diese aggressive und zunehmende Konkurrenz. Minister Dobre gab zu, dass beim Tourismusministerium auch solche Übernachtungsmöglichkeiten anerkannt werden; dass aber auch illegale Anbieter auftauchen – ein Problem, das europaweit gemeldet werde. Man müsse sich an die EU-Normen halten, wo auch über die Besteuerungsmöglichkeiten internationaler Webseiten, die in dieser Branche tätig sind, nachgedacht werde.

Nicht nur die unredliche Konkurrenz bringt Ärger, sondern auch die Qualität der Dienstleistungen, die den Touristen angeboten wird. Davon sind dann alle betroffen, denn der gesamte rumänische Tourismus könnte in Verruf geraten. Das Problem der Fachkräfte beschränkt sich nicht nur auf einige Einzimmer-Angebote sondern ist viel komplexer. „Umsonst hast du goldene Wasserhähne im Bad, wenn du Probleme mit den Dienstleistungen hast. Es gibt keine nationalen Tourismusschulen oder beruflichen Fortbildungszentren. Und in den Hochschulen lernt man nichts“, sagte dieselbe Unternehmerin Popa. Manche privaten Ausbildungszentren erweisen sich als „Diplomfabriken“, die mehr Schaden als Nutzen bringen. Popa wollte auch wissen, ob und welche nationale Strategie es in dieser Hinsicht gebe. Der Minister kündigte für nächstes Jahr die Gründung solcher nationaler Tourismusschulen an.

Der Kronstädter Ex-Senator Nicolae Vlad Popa (PNL) schlug vor, ein bis zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts dem Ausbau der touristischen Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Vor allem dem rumänischen Bergtourismus gehe es schlecht – ein Tourismusbereich, der im Gesetzentwurf ignoriert werde. „Der Bergtourismus geht zugrunde. Wenn Bergtourismusunternehmer nicht zur Steuerhinterziehung greifen, dann gehen sie pleite“, so Popa. Minister Dobre war verwundert, so etwas zu hören. Es scheine ihm, dass Popa eine Lanze für die Steuerhinterziehung breche. Aber zum Thema Bergtourismus hatte er allerdings nicht viel beizufügen. Lediglich, dass der Masterplan den Ausbau der Skigelände vorsehe, was mit dem Bergtourismus nur indirekt in Verbindung steht.
Noch scheint das Tourismusgesetz nicht ausgereift zu sein. Aber solche Debatten, wie jene in Kronstadt, wo offen Standpunkte und Meinungen, oft kritisch, geäußert wurden, sind nicht zu unterschätzen. Der Minister selbst sagte, er habe viel Sinnvolles und gut Begründetes in Kronstadt erfahren. Manchmal müsse man sich auch die Frage stellen, so Dobre, weshalb solche Stellungnahmen nicht bis zur Führungsetage der Bukarester Zentralbehörden vordringen.