Wichtige Schritte für die Kulturhauptstadt Europas

Der Verein TM2023 hat einen neuen Geschäftsführer

Ovidiu Megan ist der neue Geschäftsführer des Kulturhauptstadtvereins.
Foto: privat

Das neue Logo von TM2023. Zahlreiche Informationen zum Programm finden sich auf timisoara2023.eu

Bereits 2014 stellte die damalige Geschäftsführerin Simona Neumann im Rathaus eine neue Studie der West-Universität sowie die Aufklärungskampagne „Kultur vereint die Gemeinschaft“ vor.
Foto: Zoltán Pázmány

Ovidiu Megan ist der neue Geschäftsführer des Vereins „Temeswar Kulturhauptstadt Europas“. Der Verein wird sich in den kommenden Monaten um die Förderung und Kommunikation der Kulturhauptstadt Temeswar/Timi{oara kümmern, aber auch um Fundraising, Freiwilligenarbeit und die Monitorisierung der Fonds, die für die Umsetzung des Programms ausgegeben werden.
Der Universitätsprofessor und Geschäftsmann wurde einstimmig vom Vorstand des Vereins für drei Monate ernannt. Danach soll der Verein ein offenes Auswahlverfahren für diese Stelle durchführen. Ovidiu Megan hat eine bedeutsame Erfahrung im Führungsbereich: Er war Prorektor der West-Universität Temeswar, Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Geschäftsverwaltung sowie Leiter der Abteilung für Projektzugang und Implementierung innerhalb der West-Uni, aber auch Generalleiter des Vereins für Interkommunitäre Entwicklung – Wachstumspol Temeswar. Ovidiu Megan hat Erfahrung auch im Bereich der NGOs, als einer der Hauptorganisatoren des Flight Festivals in Temeswar – das einzige Festival für Musik, Kunst und Technologie landesweit, sowie im Bereich des Zugangs von nicht rückzahlbaren Fonds und Sponsoring. Nun nimmt sich der Wirtschaftswissenschaftler vor, das Beste aus der Kulturhauptstadt Temeswar zu machen. Über diese neue Herausforderung und den Auftrag, das Programm fünf Monate vor dem Kulturhauptstadtjahr zu fördern, sprach die ADZ-Redakteurin Andreea Oance mit Ovidiu Megan.


Seit 2016 steht es fest, dass die Bega-Stadt Kulturhauptstadt Europas wird. Zuerst sollte sie es im Jahr 2021 sein, dann kam die Pandemie und das Kulturhauptstadtjahr wurde auf 2023 verlegt. Umstritten war der ganze Ablauf des Vereins und die Strategie in den letzten Jahren. Ende vergangenen Jahres kündigte Simona Neumann ihre Stelle als Geschäftsführerin des Kulturhauptstadtvereins. Nun haben Sie diese Funktion übernommen. Wie sehen Sie Ihren neuen Auftrag?

Ich habe eine ziemlich hohe Dosis Optimismus, das hat mir immer in allem, was ich mir vorgenommen habe – sei es im Unternehmenswesen oder im Kulturbereich – geholfen. Immer wieder starte ich auf einem neuen Weg, in meinem Beruf oder in einem neuen Projekt, mit einem klaren Ziel im Kopf. Diesmal bin ich diesem Projekt der Kulturhauptstadt beigetreten und nehme mir vor, das Beste aus diesem Kontext zu gewinnen. Dies ist eine hervorragende Gelegenheit, der Temeswar in den nächsten wahrscheinlich 50 Jahren nicht mehr begegnen wird und es wäre schade, davon nicht zu profitieren. Ob es früh oder spät dafür ist? Natürlich ist es spät. Wir müssen realistisch sein. Doch noch kann man vieles tun. Die Gesellschaft ist skeptisch und das kann ich gut verstehen: Sie konnte seit Jahren kein konkretes Programm, keine klare Strategie sehen. Das liegt auch daran, dass bis vor Kurzem die Finanzierung vieler Initiativen und Projekte unklar war.

Nun steht es seit Juni laut Regierungsbeschluss 83 fest, dass die Gelder über das Projektezentrum von Temeswar sowie über das Zentrum für Kultur und Kunst des Temescher Kreisrats finanziert werden. Das, was wir als Verein machen müssen, ist diese Initiativen in einem klaren Kulturprogramm zusammenzubringen, es zu fördern und allen aus dem In- und Ausland bekannt zu machen und somit allen auch eine Vertrauenswürdigkeit zu verleihen.

Welche sind die wichtigsten zu unternehmenden Schritte?

Der erste Schritt ist die Erstellung des Kulturkalenders fürs Jahr 2023. Die Überlappung von Events soll vermieden werden, wir sollten keine Lücken in Programm haben und vor allem soll der Kulturkalender allen bekannt gemacht werden. Zuerst soll dieser den Temeswarer Bürgern vorgestellt werden, denn sie, jeder einzelne Bürger, kann einen guten Vektor der Kommunikation darstellen.

Der nächste Schritt ist es dann, eine klare Kommunikationsstrategie zu starten. Wir nehmen uns vor, mit Fachleuten aus dem Bereich zu arbeiten, damit dafür Werbung im In- und Ausland gemacht wird. Ich würde mich auch freuen, wenn die Anzahl von Direktflügen nach Temeswar ergänzt wird, damit die Stadt mit mehr Städten und Ländern aus Europa verbunden wird.

Sie haben vorher erwähnt, dass man nun genau weiß, wer wie viel Geld für die Umsetzung des Programms bekommt: Zum einen  das Projektezentrum der Stadt, zum anderen der Temescher Kreisrat. Glauben Sie, dass diese wichtigen Akteure nun endlich am selben Tisch sitzen und Hand in Hand für ein gemeinsames Ziel arbeiten können?

Wir alle wünschen uns dieses Verständnis und diese Zusammenarbeit. Wir müssen uns alle nun in derselben Richtung bewegen. Ja, es ist wahr, es steht nun seit Anfang Juni fest: Das Kulturprogramm 2023 bekommt 52 Millionen Lei von der rumänischen Regierung. Davon gehen 18 Millionen Lei an den Temescher Kreisrat bzw. 33 Millionen Lei an das Projektezentrum der Stadt.

Neben diesen Mitteln werden noch Fonds für Infrastruktur bereitgestellt: Rund 115 Millionen Lei bekommt das Bürgermeisteramt und 32 Millionen der Kreisrat, wobei noch das Temeswarer Nationaltheater 30 Millionen Lei für die Entwicklung der Infrastruktur bekommt. Das sind erhebliche Beiträge, wichtig ist nur, dass diese Gelder rechtzeitig und effizient ausgegeben werden. Unsere Aufgabe ist es, diese Verfahren zu monitorisieren. Wir werden die Projektaufrufe für diese Finanzierungen überwachen und müssen trimestriell darüber berichten, was mit den von der Regierung bereitgestellten Geldern geschieht, ob die Mittel beantragt und ausgegeben wurden, ob es Aufrufe gab, ob die Projekte durchgeführt wurden, usw.

Der Verein soll sich nun auch um die Kommunikations- und Förderungsstrategie, Fundraising und Freiwilligenarbeit kümmern. Was planen Sie dazu?

Das Fundraising steht in enger Zusammenarbeit mit dem Kulturprogramm. Man kann keine Gelder beantragen, ohne konkret zu wissen, was man anbieten kann. Das Programm ist entscheidend dafür. Ich schätze, das Programm wird in etwa drei Monaten fertig sein. Doch wir werden bis dahin nicht herumsitzen: Wir haben neulich eine Partnerschaft mit einer internationalen Beratungsfirma geschlossen. Dadurch wollen wir uns an multinationale Unternehmen wenden, denn sie haben die größte Finanzierungskraft.

Wir wollen diese Unternehmen informieren, dass sie in Rumänien die Möglichkeit haben, kostenlos 20 Prozent der Unternehmenssteuer an NGOs und Projekte weiterzuleiten. In unserem Fall könnten sie diese Mittel an die Kultur-NGOs, die sich um die Umsetzung des Kulturprogramms 2023 kümmern, weiterleiten. Sie können also direkt zum Kulturhauptstadtprogramm beitragen.  Wir planen also direkte Begegnungen mit Vertretern dieser Unternehmen, um ihnen die NGOs und ihre Projekte vorzustellen. Sie dürfen dann entscheiden, welches Projekt sie mit wie viel Geld unterstützen wollen. Das Fundraising ist uns besonders wichtig, denn so kann man das künstlerische Niveau im Kulturhauptstadtjahr heben und so unsere Stadt als Kulturreiseziel fördern.

Was haben Sie vor, wenn es um Freiwilligenarbeit geht?

Jedes Projekt besteht aus kleinen Puzzleteilen. Jeder vor uns stellt also ein Puzzleteil dar. Somit können wir zum Gesamtbild beitragen. Unser Plan ist, nachdem das Kulturprogramm für 2023 feststeht, eine Vorstellungskampagne zu starten. Die Bürger können sich dann selber in die Organisation einbringen – auch wenn es nur für einen einzigen Tag für ein bestimmtes Projekt ist. Eine weitere Komponente ist auch, dass sie ihr Tagesgehalt für ein Projekt spenden können. Durch diese symbolische Geste tragen sie zur Kulturhauptstadt Temeswar bei. Ich glaube fest daran, dass nur so das Bewusstsein für bzw. das Verbundenheitsgefühl mit dem Programm gefördert wird. Jeder wird dem Projekt, zu dem er beiträgt, treu bleiben und ein guter Botschafter dafür werden.

In diesem Sinne haben wir in zwei Richtungen gedacht: Ein Rekrutierungsprogramm und ein Vorbereitungsprogramm, denn jeder Freiwillige soll genaue Daten zur Stadt und zum Programm haben. Dafür arbeiten wir eng mit einem Fachmann aus dem Bereich Freiwilligenarbeit. Dieser verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Koordinierung von Freiwilligen, die er vor einigen Jahren bei den Olympischen Spielen in London gesammelt hat.

Welches bleibt nun die größte Stärke der Stadt Temeswar?

Die wichtigste Stärke bleibt nach wie vor die multiethnische und multikulturelle Vielfalt. Die Tatsache, dass hier so viele Ethnien in Harmonie leben, ermöglicht es uns, mit verschiedenen kulturellen Projekten in Kontakt zu kommen und viel leichter mit verschiedenen kulturellen Perspektiven in Kontakt zu kommen.

Der Slogan „Shine Your Light. Light Up The City“ bleibt weiterhin aktuell. Jeder von uns kann durch sein eigenes Licht, d.h. durch die eigene Kraft das Projekt der Kulturhauptstadt bewegen. Ich bleibe optimistisch, – auch wenn es spät ist,  ist es nicht zu spät, das Beste aus dieser Gelegenheit zu machen.