Wie geht es weiter mit dem Schloss am Kronstädter Schlossberg?

Bürgermeisteramt erhebt Anspruch auf Eigentumsrechte

Zur Zeit ist das Tor zum Schloss gesperrt. Touristen können nur auf bessere Zeiten hoffen.

Wiese, Blumen, schönes Wetter, herrliche Lage können den Verfall der Schlossmauern nicht aufhalten.
Fotos: „Karpatenrundschau“

Das Schloss am Schlossberg, das eher als Festung, Zitadelle gedacht war und rumänisch und englisch als solches bezeichnet wird (cetăţuia, bzw. citadel, fortress), sorgt erneut für Schlagzeilen in der Kronstädter Lokalpresse. Eine kurze Rückschau auf die ältere und jüngere Geschichte dieses Baudenkmals ist nicht fehl am Platz, weil daran vielleicht auch Überlegungen zur zukünftigen Nutzung des Schlosses geknüpft werden können.

Eine bewegte Geschichte

Das Schloss am Schlossberg hat unter den Habsburgern an militärischer Bedeutung viel hinzugewonnen. Diese bauten es am Ende des 17. Jahrhunderts in eine militärische Garnison um. Einige Jahre zuvor (1688) verschanzten sich die Teilnehmer des sogenannten „Schusteraufstandes“ noch kurzzeitig in der Festung, bis diese Revolte niedergeschlagen wurde. Eine ähnliche Begebenheit des verzweifelten Widerstandes spielte sich rund 160 Jahre später erneut in dieser Zitadelle ab, sagt der Direktor des Kronstädter Geschichtsmuseums, Nicolae Pepene. Die ungarische Armee der Revolutionäre, geleitet vom General Josef Bem, zieht sich ins Schloss zurück und versucht so, den vereinten österreichisch-russischen Verbänden Widerstand zu leisten. Mit dieser Episode endet eigentlich auch die Geschichte der Festung als Bau von hauptsächlich militärischer Bedeutung. Begonnen hatte diese Geschichte im 16. Jahrhundert, als der steinerne, hufeisenförmige, dreistöckige Beobachtungsturm am Schlossberg anfangs zu einer Bastei mit vier hölzernen Ecktürmen ausgebaut wurde.

Das Schloss soll, wie Pepene erinnert, von gleich drei österreichischen Kaisern besichtigt worden sein. Josef II., Franz I. mit Kaiserin Caroline und Franz Josef weilten da während ihrer Kronstadt-Besuche. An den Besuch des kaiserlichen Ehepaares vom September 1817 erinnert auch heute noch die Inschrift der Gedenktafel am Eingangstor („Carolinenthor den 13. Sept. 1817“). Schon früher wurde die Festung auch als Militärgefängnis genutzt. Diese dunklere Etappe in der Schlossgeschichte dauert bis 1954. Ab einem Jahr später diente das Schloss als Bücherdepot und Archiv für die Unterlagen Kronstädter Unternehmer sowie der Kronstädter Filiale des Staatsarchivs. 1961 wurden da auch einige Antennen aufgestellt; es wurde ein Störsender eingerichtet, um den Empfang westlicher Sender, darunter „Freies Europa“, in Kronstadt zu erschweren. Während seiner Geschichte sollte das Schloss mehrmals von der Stadt „abgestoßen“ werden, weil es die Stadtverwaltung zu viel kostete und eher zur Last als zum Vorzeigeobjekt wurde. Kaiserin Maria Theresia und in den 30-er Jahren des vorigen Jahrhunderts König Carol II. sollen das Schloss als Schenkung seitens der Stadt erhalten haben, ohne aber diese Schenkung auch zu akzeptieren.

Touristen sollen das Schloss entdecken und erobern

Das Schloss am Schlossberg ist Teil der Kronstädter Stadtgeschichte so wie das die Schwarze Kirche, der Marktplatz, die Stadtmauern und Basteien sind. In den 1960-er Jahren war es aber aus Sicht der kommunistischen Machthaber nicht angebracht, ausführlich auf diese Geschichte einzugehen, denn das bedeutete hauptsächlich, von der Geschichte der Kronstädter Sachsen zu sprechen. Museumsdirektor Pepene erinnert in diesem Zusammenhang eher an den damaligen Trend, rumänische Traditionen und Folklore für den Tourismus, vor allem für ausländische Touristen, zu fördern. In diesem Sinne sei an die in den 60-er und 70-er Jahren entstandenen Gaststätten „Şura Dacilor“ und „Coliba Haiducilor“ in der Schulerau/Poiana Braşov zu erinnern. Wahrscheinlich demselben Trend folgend, kam es zu dem damaligen Entschluss, das Schloss als Luxus-Gaststätte des nationalen Touristenamtes ONT einzurichten, wobei schon damals mit dem Mittelalter als touristische Attraktion spekuliert wurde.

Salons, Parkplätze, Innenhof wurden hergerichtet, zeitweise auch ein Shop für Westtouristen (wo also in harter Währung verkauft wurde). Eine wichtige Rolle bei der Übergabe der Verwaltung vom Innenministerium an das Tourismusministerium hatte zu jener Zeit ein gewisser Genosse Şerbănică, sehr einflussreich, mit Bekannten und Förderern in der höheren Parteiführung – ein „Lokalbaron“ jener Zeit, charakterisiert ihn Nicolae Pepene. So wurden andere Überlegungen (Einrichtung eines Kulturzentrums, Sitz der Philharmonie, Zentrum für Jugendarbeit) sowie andere Projekte, hinter denen Namen wie Răzvan Theodorescu oder die Architektin Eugenia Greceanu standen, einfach verworfen. Es galt das Prinzip „Tourismusförderung im Dienste der Rentabilität eines Baudenkmals“- eine Überlegung, die nicht einfach als sozialistisch oder marktwirtschaftlich kritisiert oder gelobt werden kann. Denn nach 1989 will man dasselbe mit dem Schloss am Schlossberg versuchen.

Warum kaufen und nicht zugesprochen bekommen?

Im undurchsichtigen Privatisierungsprozess des Staats- und Gemeindeeigentums in die private Hand ging es mit dem Schlossberg wie mit anderem ONT-Besitz oder wie mit Hunderten von Fabriken, Werkstätten, Kaufläden. Dabei ist in diesem Falle nun sehr wichtig zu klären, ob der Schlossberg dem rumänischen Staat oder der Stadt Kronstadt gehört hat. Als Eigentümer des Schlossberges tritt die GmbH „Aro Palace“ auf, deren Mehrheitsaktionär der Investmentfonds „SIF Transilvania“ ist. Dieser Eigentümer würde den Gaststättenkomplex am Schlossberg gern loswerden, weil dieser sich eher als Verlustgeschäft erwiesen habe. Dafür wurde ein Preis von 3,5 Millionen Euro festgesetzt. Kulturministerium und der Kreisrat Kronstadt, die Ersten, die die Vorkaufsrechte wahrnehmen konnten, zeigten sich nicht daran interessiert oder verzichteten zugunsten des Dritten – die Stadt Kronstadt. Das Bürgermeisteramt wollte zwar nicht in barer Münze zahlen, sondern den Handel in Form eines Tausches von Grundstücken abwickeln. Es zeigte sich zum Beispiel bereit, als Gegenwert die Parkplätze beim Aro-Hotel anzubieten, die der Stadt gehören, aber sehr interessant für einen geräumigen hoteleigenen Aro-Parkplatz wären. Das Bürgermeisteramt hatte im Vorfeld auch konkret etwas für das Schloss getan: Bäume wurden gefällt und mit Büschen ersetzt, um den Blick auf dieses Baudenkmal über der Stadt freizugeben. Oben wurden auch zwei schöne Aussichtsstellen eingerichtet. Die Zugangsalleen wurden erneuert, die nächtliche Beleuchtung eingeschaltet.

Aber vor Kurzem kam der Rückzieher. Nicht von Aro Palace, das bereits vor wenigen Jahren auf eine Zusammenarbeit zwecks Restaurierung und Verwertung der Anlagen am Schlossberg mit dem Kreisrat Kronstadt verzichten musste, sondern vom Bürgermeisteramt. Dort hätten die Experten bei der Untersuchung der Akten zwecks Grundstückaustausch mit dem Aro-Hotel festgestellt, dass eigentlich die Stadt selber sich schon beginnend mit dem Jahre 1800 als Eigentümer des Schlosses bezeichnen kann. Der Druck auf „Aro Palace“ wächst, weil in der Öffentlichkeit nun gefordert und erwartet wird, dass „Aro“ das Schloss der Stadt überlässt – erstens weil es nicht rechtmäßiger Eigentümer wäre und, zweitens, weil es nichts damit anfangen könnte. Die Stadtverwaltung aber könnte leichter z. B. EU-Mittel abrufen, um das Schloss zu sanieren. Das ist nämlich notwendig geworden und kostet genau die Summe, mit der es gekauft werden könnte (3,5 Millionen Euro). Die Stadt sollte fürs Schloss vor Gericht gehen, rät auch der Historiker Pepene, der in Sachen Burgen (siehe Rosenauer Bauernburg) viel Erfahrung sammeln konnte. Zumindest habe man damit seine Pflicht getan. Klappt es nicht, bleibt das Vorkaufsrecht.

Der Museumsdirektor behauptet, dass ein historisches Denkmal nicht, sozusagen aus eigener Kraft, Gewinne einbringt, sondern dafür auch das Umfeld berücksichtigt werden muss. Beim Schloss wird das wohl auch so sein. Es soll touristisch genutzt werden, wie das bereits der Verein zur Förderung und Entwicklung des Tourismus im Kreis Kronstadt (APDT) versucht, z. B. mit mittelalterlicher Messe, Ritterkämpfen, Gastronomie-Show usw. Wichtig ist aber, den Zugang zum oberhalb der Stadt am Schlossberg gelegenen Schloss zu erleichtern. Reisebusse kommen schwer oder gar nicht  durch die engen, kurvenreichen Straßen nach oben; mancher Tourist gibt auf, den steilen Treppenweg anzutreten, vor allem an heißen Sommertagen. Schon denkt man an eine Zahnradbahn, die vom Stadtpark hinauffährt, oder an einen Bummelzug, der die Touristen ab der Eminescu-Straße zum Schloss hinaufbringt. Bis dahin sollte zunächst geklärt werden, ob die Stadt das Schloss erhält. Denn bei der jetzigen ungewissen Lage will niemand eine Investition wagen. Inzwischen verfällt das Schloss – diesmal nicht durch einen feindlichen Angriff, sondern durch die Inkonsequenz und manchmal sogar Inkompetenz der zuständigen Kronstädter Behörden, von Denkmalschutz bis Juristen.