Wieder ein Frunzăverde in der rumänischen Politik

Ex-Rektorin Doina Frunzăverde trat der ALDE bei und kandidiert bei den Parlamentswahlen

Doina Frunzăverde wird seitens der ALDE für einen Senatorenposten kandidieren.

Ende September 2016 gab es einen kleinen Paukenschlag im Politikgeschehen des Banater Berglands, der Auswirkungen auf die Landespolitik haben wird. Doina Frunzăverde, Ex-Rektorin der Reschitzaer „Eftimie Murgu“-Universität und dort gegenwärtig Präsidentin des Senats, ist der ALDE beigetreten, jener Partei, die als Absplitterung der PNL und Auffangbecken diverser Deserteure aus anderen Parteien gilt, die auf der Suche nach wählbaren Listenplätzen für die Parlamentswahlen am 11. Dezember sind. Forsch sagte Doina Frunzăverde im Anschluss an ihren Parteieintritt den Medien auch, dass sie nun anstelle ihres Ehemanns Sorin Frunzăverde, dem Politikmachen gerichtlich für mehrere Jahre untersagt wurde, Landespolitik zu machen gedenke. Damit gab sie implizit zu, dass die immer wieder als haltlos zurückgewiesenen Kolportagen der Medien in den vergangenen Wochen, sie werde für die ALDE für den Senat antreten, stimmen – ohne allerdings zu präzisieren, ob sie auf der Liste für das Abgeordnetenhaus oder den Senat antreten wird. Aber das wird eh von der zentralen Parteiführung, wohl direkt vom Senatspräsidenten und ALDE-Gründer und -Chef Călin Popescu-Tăriceanu, bestimmt.
 

Eine neunzehnjährige Historie

Sorin Frunzăverde hat als Landes- und Regionalpolitiker neunzehn Jahre lang (1996-2015) in der Regional- und Landespolitik Rumäniens in den vordersten Linien mitgemacht. Insofern ist eine Rückbesinnung auf diese Zeit inhaltlich aussagekräftig für ein Politikgebaren, das kaum Rückschläge, dafür aber viel Lavieren und viele Kompromisse beinhaltet, die letztendlich die Person des Politikers, mit ganz wenigen Rückschlägen, auf Schwimmlinie gehalten haben. Bis dem Ganzen, unter letztendlich für Insider fadenscheinigen Argumenten, gerichtlich ein Ende gesetzt wurde.
Richtig in die Landespolitik eingestiegen ist Sorin Frunzăverde 1996, als die PSDR des Postkommunisten und Untergrabers einer beschleunigten Entwicklung Rumäniens nach der Wende in Richtung sozialer Marktwirtschaft, Ion Iliescu, durch Wahlen entfernt und mit einer rechtsorientierten (leider schwachen...) Regierung ersetzt wurde. Die Demokratische Konvention und die Sozial-Demokratische Union, zu der Frunzăverdes Demokratische Partei (PD) gehörte, setzte sich durch. Frunzăverde, als Kopf der PD, eroberte durch Lavieren und Ausnutzung von Schwächen der Gegner als drittstärkste Partei den Kreisrat Karasch-Severin.
 

Beginn der Ministerkarriere

Schon 1997 berief ihn die Regierung Radu Vasile nach Bukarest, als Minister. Als Kreisratspräses ließ er seinen damaligen Famulus, Ilie Mustacilă zurück, der samt seiner Partei, der Grünen Bewegung, der PD beigetreten war. Dieser, ein Bauernschlauer, gewinnt 2000 mit der PD, unter Duldung Frunzăverdes, die Lokalwahlen und bleibt Kreisratspräses. Frunzăverde zieht es erst mal vor, in der Regierung Mugur Isărescu Minister zu bleiben. Im Herbst, bei den Parlamentswahlen, steht er an der Spitze der PD-Liste und wird Abgeordneter – ein für ihn offensichtlich zu beschränktes Wirkungsfeld, zumal die PD in der Opposition zur Koalition der PDSR stand. Er hält sich mehr im Bergland auf und dirigiert Mustacilă, den er auch intellektuell erdrückt, wie seinen Hampelmann. 2003 wird die PDSR, die sich inzwischen PSD nennt, eine breitangelegte Lockkampagne starten, die sich an wendehalswillige Spitzenpolitiker anderer Parteien wendet. Frunzăverde sagt „Njet“, Mustăcila „Da“, der Kreisratsvorsitz geht mit ihm an die PSD.

2004 revanchiert sich Frunzăverde, indem er um die PD eine Allianz schmiedet, die einen glatten Wahlsieg bei den Kommunalwahlen einfährt. Frunzăverde wird Kreisratspräses von Karasch-Severin. Traian Băsescu, der von ihm unterstützte PD-Chef, gewinnt die Präsidentschaftswahlen. Und prompt zerbröselt er die Allianz, die die Parlamentswahlen gewonnen hatte (PSD-PUR, später PC) und hievt Călin Popescu-Tăriceanu zum Premierminister hoch, hinter dem eine Kreation von Frunzăverde und Băsescu, die Allianz DA (PNL+PD), steht, aber auch der Ungarnverband UDMR und die PUR... In der Regierung will Băsescu Frunzăverde nicht sehen.
 

Der Bruch mit Băsescu
Im Präsidentschaftswahlkampf kam es zwischen den beiden zum Bruch infolge eines heftigen Streits, den die beiden Trinkfesten, der Matrose und der Metallurgieingenieur, in einem Restaurant am Rande von Reschitza, fern unbefugter Blicke, am Abend eines Wahltags ausgetragen hatten. Künftig sprachen sie nicht mehr miteinander. Băsescu ist dafür bekannt, dass er weder verzeiht noch vergisst.

Trotzdem wird Frunzăverde neuerlich nach Bukarest zum Minister berufen und Băsescu vereidigt ihn. Unterm Zwang der Präsidentschaft. Verteidigungsminister Theodor Atanasiu wurde von Premier Popescu-Tăriceanu (wegen Eröffnung einer Strafverfolgung gegen ihn) geschasst, Băsescu hatte gerade kein Interesse an einer Regierungskrise und gab Frunzăverde grünes Licht. Genutzt hat Frunzăverde auch die Eskalation der Spannungen zwischen Präsident Băsescu (der sich ständig in die Regierungsgeschäfte einmischte) und Premier Popescu-Tăriceanu (der die Einmischungen nicht duldete). Das war 2006.

Doch schon 2007, infolge der Eskalation des Konflikts zwischen dem Premier und dem Präsidenten, wird die PD, die verlängerte Hand des Präsidenten, aus der Regierung entfernt und Tăriceanu regiert mit einer von der PSD geduldeten Minderheitsregierung. Frunzăverde kommt zurück nach Reschitza und übernimmt die Zügel von seinem Statthalter, dem Urologen Iosif Secăşan, den er daraufhin bei den Parlamentswahlen 2008 zum Senator macht. Schon im Herbst 2007 geht er mit der ersten Gruppe der rumänischen EU-Parlamentarier für knapp elf Monate nach Brüssel, wo er die PD aus der sozialdemokratischen Fraktion heraus- und in die Fraktion der Volksparteien hineinmanövriert, in seiner Eigenschaft als Vizepräsident der PD für internationale Beziehungen.
 

Unabsetzbarer Direktkandidat

2008 tritt er für den Vorsitz des Kreisrats als Direktkandidat an und macht mit einer komfortablen Mehrheit das Rennen. Er verweigert von da an jedweden Ministerposten in den drei Boc-Regierungen. Vor den Wahlen des Jahres 2012 beginnen für ihn die Probleme.

2011 war die PDL von Boc/Băsescu infolge der willkürlichen Sparmaßnahmen angesichts der Finanzkrise, die es laut beiden gar nicht gab, in den Umfragen katastrophal abgesackt. Die Allianz ACD, später USL (PNL+PC+PSD) war im Aufwind. Bei den Kommunalwahlen wollten sie einen einzigen Kandidaten aufstellen, nominiert im Banater Bergland von der PNL. Im Februar trat Frunzăverde mit seinem ganzen Tross der PNL bei, löste damit auch eine Regierungskrise und den Fall der Boc-Regierung aus, die kurzfristig durch die Regierung von M.R. Ungureanu ersetzt wurde. Frunzăverde wurde vom PNL-Vorsitzenden Crin Antonescu, ohne Wahlen, zum Ersten Stellvertretenden PNL-Vizepräsidenten ernannt.

Einmal als solcher Kreisratschef, schließt Frunzăverde die PSD (den PNL-Hauptpartner in der USL) praktisch aus und schmiedet eine ihm genehme Allianz im Kreisrat, die ihm praktisch freie Hand lässt. Die Präsidentschaftswahlen von 2014, mit Ponta (PSD) als Hauptfavorit, zeigen einen lavierenden Frunzăverde, dem bald parteiintern vorgeworfen wird, die PNL und Johannis nicht voll zu unterstützen. Er erklärt öffentlich, seine Leute werden auf alle Fälle an der künftigen Regierung bleiben. Vor der Stichwahl zwischen Ponta und Johannis (ursprünglich gab es 14 Kandidaten) zeigte er Flagge. Und er tat es, wie er es gewohnt war. Er erteilte Befehle und Anweisungen mit Zuckerbrot und Peitsche – übrigens nicht anders, als es jeder Regionalpolitiker an seiner Stelle getan hätte – und wollte die Wahlen zugunsten von Johannis beeinflussen. Mit Erfolg.
 

Der Fallstrick und die Lösung

Aber fatal für ihn: er war vom Inlandsgeheimdienst SRI abgehört worden und die Antikorruptionsbehörde DNA drehte ihm daraus einen Strick, der ihn zu Fall brachte. Verurteilt auf Bewährung und ausgeschlossen aus der Politik, laboriert er an seiner Nierenkrebserkrankung, die ihn schon die operative Entfernung einer Niere gekostet hat.

Mit dem Eintritt seiner Frau, Prof. Dr. Ing. Doina Frunzăverde, in die Politik, wird erst mal ein bekannter Name reaktiviert – das allein schon bringt bei Wahlen Punkte. Dass dies in der ALDE geschieht, die sich bereits jetzt als Juniorpartner der PSD in einer künftigen Regierung betrachtet, unter Umständen, wo die PNL immer mehr absackt in der Wählergunst, bringt auch den anvisierten Senatorenposten für eine Frunzăverde in greifbare Nähe. Bei einem generellen Stimmenanteil von 5-6 Prozent, die der ALDE im Banater Bergland zugesprochen werden und nach einem Sprung um zwei Prozent nach oben, der sofort nach dem ALDE-Beitritt Doina Frunzăverdes verzeichnet wurde, dürfte die ALDE bei einer Umverteilung der Reststimmen mit mehr als 50prozentiger Sicherheit zum anvisierten Senatsposten kommen. Denn sie läge dann über dem Landesdurchschnitt und bekäme Reststimmen für ihre Kandidaten – worauf sie anscheinend setzt. Wenn, dann sogar zu ungunsten der PNL, denn dem Banater Bergland stehen zwei Senatsposten zu, und einer geht an die PSD. Der Spitzenmann der PNL für den Senat ist Ion Marcel Vela, der ehemalige Bürgermeister von Karansebesch und Kreisvorsitzende der Partei... Kompliziert wird es nur, wenn die PNL mit Vela an der Spitze in der Wählergunst weit über dem Landesdurchschnitt der Partei landet. Aber darüber zum gegebenen Augenblick.