„Wir sichern den Menschen einen vernünftigen Lebensabend“

ADZ-Gespräch mit Helmut Weinschrott, dem Vorsitzenden der Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung

Heimleiter Helmut Weinschrott: „Die Sozialarbeit ist ein Job rund um die Uhr“. Foto: Zoltán Pázmány

25 Jahre ist es her, seitdem im Temescher Dorf Bakowa ein Altenheim für deutsche Senioren gegründet wurde. Getragen wird das Projekt vom Hilfswerk der Banater Schwaben e. V. aus Deutschland. Helmut Weinschrott, der Vorsitzende der Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung, kümmert sich zusammen mit seiner Frau Anni Weinschrott um das Bakowaer Altenheim, aber auch um jenes in Temeswar, aus der Arader Kleinstadt Sanktanna/Sântana sowie um die Sozialstationen in Billed und Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare. Mit Heimleiter Helmut Weinschrott sprach Raluca Nelepcu.

Vor 25 Jahren wurde in Bakowa das Altenheim für hilfsbedürftige Senioren gegründet. Wie kam es zu diesem Projekt?
Dieses Projekt war gleich nach der Wende eine Herausforderung im Kirchenrat. Wir konnten damals feststellen, dass zu jener Zeit noch relativ viele Deutsche in Bakowa geblieben waren. Man hörte damals, dass die alten Menschen zurückbleiben und die jungen weggehen. Wir überlegten also, wie wir diesen Menschen helfen können. Die Frage war auch, wie wird das aufgenommen? Werden es die Leute annehmen oder nicht? Also haben wir ein Pilotprojekt in Bakowa auf die Beine gestellt.
Initiiert wurde es also von uns aus dem Kirchenrat, mit Pfarrer Otto Barth. Gleich zu Ostern, nach der Wende, kam Helmut Schneider, der damalige Vorsitzende des Hilfswerks der Banater Schwaben, der heute Ehrenvorsitzender der Organisation ist, hinzu, der die Sache endgültig übernahm. Er sicherte die Finanzierung von der Bundesregierung und auch die Folgekosten über die darauffolgenden 25 Jahre.
 

Wer finanziert heute das Altenheim in Bakowa?
Wir haben in den drei Altenheimen drei Finanzierungsquellen: einen Beitrag der Heimbewohner, die Subventionen vom rumänischen Staat über das Gesetz 34 und die größte Finanzierungsquelle – die Gelder von der Bundesregierung, über das Hilfswerk der Banater Schwaben.
 

Was leistet man für die deutschen Senioren im Bakowaer Altenheim?
In diesem Altenheim wird sehr viel geleistet. Wir sichern den Menschen in erster Linie einen vernünftigen Lebensabend, eine sichere und würdige Unterkunft, die sie zu Hause in diesem Alter mit Sicherheit nicht mehr gehabt hätten, beginnend von Wärme, Warmwasser, Küche, Betreuung, Gestaltung der Freizeit und vieles andere mehr.
 

Wer sind die Menschen, die heute in dem Altenheim leben?
In Bakowa gab es noch viele Deutsche nach der Wende. Das Altenheim wurde gegründet, um die Leute aus Bakowa und Umgebung ins Altenheim aufzunehmen. In der Zwischenzeit hat sich das aber geändert – wir haben nun drei Altenheime und richten uns nach den Wünschen der Antragsteller. Es sind Leute, die aus den Dörfern kommen, und die bevorzugen, aufs Dorf zu gehen, wo sie noch zum Fenster hinausschauen oder auf den Dorfstraßen spazieren gehen und noch eine Gans sehen, zum Beispiel. Wir haben Leute von überall, aus dem ganzen Banat.
 

Wie groß ist aktuell die deutsche Gemeinschaft in Bakowa?
Ich würde die Frage anders formulieren und fragen, wir klein ist die deutsche Gemeinschaft. Die Zahl der Deutschen ist stark geschrumpft. Wenn wir die 17 Heimbewohner nicht dazu zählen, dann dürfte ich wohl sagen, dass heutzutage in Bakowa noch etwa 40 Deutsche leben.
 

Das Altenheim erfüllt auch andere Funktionen – hier werden auch andere Sozialdienstleistungen angeboten. Welches sind diese?
Das Altenheim ist verbunden mit dem Sitz des Demokratischen Forums in Bakowa, wo wir einen Kultursaal, eine Bibliothek, den Sitz mit Büro und allem, was dazugehört, haben. Es ist ein offenes Haus, wo viele Veranstaltungen stattfinden. Im Winter, wenn es draußen sehr kalt ist, hält der Pfarrer manch-mal die Messe für das ganze Dorf in unserem Klubraum.
Von uns, dem Altenheim, haben wir auch das Essen auf Rädern, und über die Arbeitsgemeinschaft „Berchtesgaden hilft Rumänien“ bekommen 35 schulpflichtige Kinder aus Bakowa täglich eine warme Mahlzeit vom Altenheim.
 

Durch diese sozialen Dienstleistungen wird der rumänische Staat um ein Vielfaches entlastet. Welcher ist der Beitrag des rumänischen Staates?
250 Lei pro betreute Person im Monat, das bedeutet knapp zehn Prozent der Gesamtkosten. Es wäre ja erwünscht, dass der rumänische Staat mehr Kosten übernimmt. Es wird auch immer wieder in den Protokollen der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission festgehalten, dass der rumänische Staat seinen Beitrag erhöhen soll, was schon mal geschehen ist, aber jetzt schon längere Zeit nicht mehr. Solange uns der deutsche Staat weiterhin unterstützt, ist es gut, und wir hoffen, dass das auch so weitergeht.
 

Sie kümmern sich seit 25 Jahren um die drei Altenheime. Wie haben Sie das geschafft?
Ich habe mir damals nicht ausmalen können, was diese Sozialarbeit bedeutet. Es hat in Bakowa begonnen, da war ich fast vier Jahre lang ehrenamtlich im Einsatz und übernahm anschließend die Sozialeinrichtungen in Temeswar, Sanktanna, Billed und Großsanktnikolaus. Es ist ein Job rund um die Uhr, wo die Familie eingebunden sein muss. Meine Frau arbeitet mit mir. Wir sind zu Hause nur noch am Wochenende, als Gast.
 

Welche sind die Herausforderungen, denen Sie heutzutage bei der Betreuung der alten Menschen begegnen?
Es gibt immer mehr Arbeit. Die Leute werden immer älter und das größte Problem, das wir zur Zeit haben, ist das Personalproblem. Leider entscheiden sich wenig junge Leute für diese Arbeit, und da haben wir die größten Schwierigkeiten.