Wo einst Prinzen und Grafen...

Kleine Revue der herrenlosen Banater Herrenhäuser

Das Csekonics- Schloss im Stadtzentrum von Hatzfeld

Das verlassene ehemalige Jagdschloß des Grafen Mercy in Mercydorf

Von der Pracht der ehemaligen Banater Herrenhäuser und Paläste, von Ruhm und Reichtum ihrer ehemaligen Besitzer, Prinzen, Barone, Grafen oder einfach reichen  Leute  ist  heute leider zum Großteil nur mehr etwas vom Hörensagen bekannt. Die meisten dieser wertvollen Altbauten, deren bewegte Geschichte im Banat manchmal bis auf zwei Jahrhunderte, ins Kaiserreich, zurückgeht, sind heute nur noch in den staubigen Dokumenten der Archive oder in den schönen Sammlungen der hartnäckigen Liebhaber von Postkarten verewigt. Die große Geschichte hat sie überrollt, vor allem das von Weltkriegen, Umstürzen und Regimewechsel gebeutelte 20. Jahrhundert. Am ärgsten mitgespielt hat diesen Herrenhäusern, wie vielem anderem hierzulande, sicherlich die kommunistische Epoche. Programmatisch und auf brutale Weise wurde ab 1945 im Banat wie überall im Land alles Alte, das an Kaiser- und Königreich, die Welt der „Ausbeuter des Volkes“, der Großgrundbesitzer und des Großbürgertums erinnerte, abgeschafft. Die alten Herren, denen die Flucht nach Westen nicht gelang, wurden zwangsevakuiert, verschleppt, oder erhielten von den neuen Machthabern neue Quartiere im Gefängnis zugeteilt.

Die Herrenhäuser und Paläste wurden nicht nur enteignet, sondern gezielt zweckentfremdet, und in einer Weise entwürdigt, als ob sie selbst eine historische Schuld abzutragen gehabt hätten: Im Banat richtete das Regime dort mit Vorliebe die Sitze der SLB oder LPG, der Maschinen- und Traktorenstationen, Werkstätten und Lagerräume, Lungen und Nervenheilanstalten, im besten Fall noch Schulen, Kindergärten, Kinderkrippen oder die lokalen Rathäuser ein. Das traurige Schicksal dieser Altbauten, die meisten stehen gar unter Denkmalschutz, bietet heute geradezu ein Lehrbeispiel darüber, was der vom kommunistischen Regime so strapazierte, rundum positive und schöne Begriff „Volkseigentum“ oder „Eigentum des gesamten Volkes“, eigentlich in der Praxis angerichtet hat. Im Volksmund nannte man damals so ein Volkseigentum einfach und der Wahrheit näher ein Haus „das allen und niemandem gehörte“: Die leerstehenden Bauten wurden ausgeplündert, alles Wertvolle – von Stilmöbeln, Kunstwerken bis zu Fenstern und Türen, Kachelöfen, Fußböden oder Dachziegel – meist von Einheimischen weggeschleppt, sodass die Ruine mitten oder am Rande des Dorfes vorprogrammiert war. Die wenigen Bauten, die unter der Verwaltung der Lokal- oder Kreisbehörden, später, eher auf dem Papier, unter der des Kulturministeriums standen, kamen langsam aber sicher auch diesem Status nahe, da es nie Geld für Pflege, Reparatur, Instandsetzung oder gar eine gründliche Sanierung gab. Und diese Situation gibt es leider auch heute größtenteils bei diesen Herrenhäusern. Die stets geldknappen Kommunalverwaltungen sind wahrlich von anderen Kommunalsorgen geplagt und überfordert, für sündig teure Sanierungen gibt es keine Mittel im Haushalt. Die wenigen Versuche, dafür Gelder vom Kreisrat oder von der Regierung zu erhalten, schlugen meist kläglich fehl. Auch von den Kommunalverwaltungen groß angekündigte EU-Projekte zur Sanierung entpuppten sich dann in den meisten Fällen als Seifenblasen bzw. leichtsinnige Versprechen in wortreichen Wahlkampagnen.

Dorfruinen mit schönen Geschichten

Ein glückliches, eher normales Los könnte als einsame Ausnahme doch noch eines dieser Banater Schlösser und Herrenhäuser treffen: Das Banloker Schloss, das wohl bekannteste Temescher Schloss, das bisher vom Banloker Lokalrat jahrelang schlecht und recht verwaltet wurde, wurde nun per Gerichtsentscheid Prinz Paul von Rumänien als Erbstück zuerkannt. Das im Renaissance-Stil 1759 erbaute Schloss wurde 1935 samt dem schönen exotischen Park, einer Pferde-, Fisch- und Reiszucht und vielen Hektar Land von Prinzessin Elisabeth, der Schwester des rumänischen Königs Carol II., für 22 Millionen Lei erworben. Die Prinzessin musste 1948 ihr Schloss zurücklassen und ins Exil. In der kommunistischen Epoche wurde dort ein Altenheim, darauf ein Waisenhaus eingerichtet. Vor einigen Jahren hat die Kommunalverwaltung mangels irgendeiner Lösung für diesen Bau das verwahrloste Schloss für 49 Jahre der Banater orthodoxen Mitropolie für die Einrichtung eines ökumenischen Zentrums verpachtet. Gut erhalten und gepflegt, eine Rarität, sind derzeit das Schloss Csekonics in Hatzfeld und das Nako-Schloss aus Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare. Das erste wurde von dem Grafen Endre Csekonics in angelsächsischem Stil 1868-70 erbaut und ist seit Jahren Sitz der Hatzfelder Kommunalverwaltung. Ein zweites Schloss der Familie Csekonics, das Csito-Schloss im Süden der Stadt Hatzfeld, wurde 1868-70 errichtet, jedoch 1937 abgetragen. Von dem einst prunkvollen Bau sind nur noch Ruinen zu besichtigen.

Das Nako-Schloss aus der Arankastadt – es wurde von den Brüdern und ungarischen Adligen Nako 1781 auf einer Versteigerung erworben - war schon immer ein Stadtsymbol und wird es wahrscheinlich auch in Zukunft bleiben. Das Schloss hatte ein bewegtes Schicksal: Nach dem Wechsel der Familie Nako Ende des Ersten Weltkriegs nach Ungarn wurde ihr gesamter Besitz stückweise verkauft. Hier wurde die erste Landwirtschaftsschule Rumäniens eingerichtet, im Zweiten Weltkrieg war hier der Sitz der Eisernen Garde, darauf war der Bau Kaserne und Lagerraum. In den 50ern wurde dort eine Traktoristenschule, dann erneut eine Landwirtschaftsschule eingerichtet. Seit 1981 kann dort das Bela-Bartok-Museum besucht werden. Nach der Wende gab es eine Disco, einen Fitnessklub, einen PC-Klub. Derzeit ist das Schloss Sitz des Museums und des städtischen Kulturhauses. 2001 wurden Teile des Schlosses an mehrere Erben zurückerstattet. Der Stadtrat versucht seither, das gesamte Schloss per Abkauf und Entschädigung in seinen Alleinbesitz zu bringen.

Das ehemalige Jagdschloss des Grafen Mercy, dem glorreichen General aus der Armee des Eugen von Savoyen, erster k.u.k. Militär- und Zivilgouverneur des Banats, ist noch in Mercydorf, Gemeinde Sanktandres, nahe Temeswar zu sehen. Es wurde 1733-1734 errichtet. Das Schloss befindet sich wohl auf der Liste der historischen Baudenkmäler des Kreises Temesch, Gelder für dessen Sanierung gibt es jedoch nicht. Anfang der 90er Jahre wurde der Bau von einem Unternehmer für eine Million DM von der lokalen LPG angekauft. Das Schloss blieb jedoch weiterhin der verwahrloste Bau von früher.
Das ehemalige Herrenhaus von Rudna aus dem 19. Jahrhundert, ehemals im Besitz des Barons Nicolici, wurde 1946 Sitz einer Grenzereinheit, dann Sitz der LPG. Nach der Wende wurde es bis auf die Grundmauern ausgeplündert. In diesem desolaten Zustand wurde das Haus den Erben des ehemaligen Besitzers rückerstattet, allein das Dach wurde seither ausgebessert.

Rückerstattet wurde in Klopodia das ehemalige Herrenhaus des Generals Vintilă Petala. Nach der Enteignung flüchtete dieser mit Familie aus dem Land. Lange Jahre stand das Haus leer, bis es vor einiger Zeit der Urenkelin des Generals, Maria-Rose Mociorniţă rückerstattet wurde.
Zu nennen noch das Herrenhaus Manase aus Hodoni mit einer 200-jährigen Geschichte, das Liptay-Schloss des ehemaligen Generals Anton Liptay aus Lowrin, das Herrenhaus Gudemus aus Gad.
Hoffnung gibt es seit einiger Zeit für das ehemalige Mocioni-Herrenhaus von Foeni, das zu den repräsentativen Temescher Herrenhäusern gehört. Hier haben derzeit der Kindergarten, das Kulturheim und die Dorfbibliothek ihren Sitz. Obwohl die Gemeindeverwaltung große Altlasten betreffend die schwache Infrastruktur, die Kanalisation und die Wasserleitung zu meistern hat, möchte der ehrgeizige Bürgermeister Miomir Cizmas trotzdem alle möglichen Hebel für eine gründliche Sanierung dieses wertvollsten Baus der Gemeinde ansetzen. Es gibt berechtigte Hoffnungen, dass man dieses Vorhaben mittels eines grenzüberschreitenden EU-Projekts mit Serbien baldigst verwirklichen könnte.

Vieles, was diese Herrenhäuser und Schlösser betrifft, kann selbstverständlich kaum von den jeweiligen Lokalbehörden allein gerichtet und zu einem guten Ende geführt werden. Eine hilfreiche Hand bietet da z.B. der Verein Arche, dem junge Architekten, Studenten und Absolventen der Bukarester Architektur-Fakultät „Ion Mincu“, aber auch Historiker und Wirtschaftswissenschaftler aus dem ganzen Land angehören. Der Verein hat auf seiner Webseite landesweit über 1000 ehemalige Schösser und Herrenhäuser identifiziert. Davon sind 34 aus dem Kreis Temesch, elf aus dem Kreis Arad und vier aus dem Banater Teil des Landkreises Arad. In der Praxis wird alles, wie gewöhnlich, dann ungemein schwierig: Es fehlen nur noch die Mittel und die erforderlichen, hilfreichen Hände.