WORT ZUM JAHRESWECHSEL: Die Nähe Gottes empfinden

Bischof Reinhart Guib
Foto: Hannelore Baier

Jahreslosung 2014: „Gott nahe zu sein ist mein Glück.“ Ps.73,28

Liebe Leserinnen und Leser!
Zum Anfang eines neuen Jahres wünschen wir uns „ein glückliches neues Jahr“. Was verstehen wir denn unter „Glück“? Und machen wir uns überhaupt Gedanken darüber? Für die griechischen Philosophen wie Aristoteles, ist das Glück das Höchste aller Güter, die man durch Handeln erreichen konnte, also eine Aktivität. Mit dem Glück war ein gutes Leben führen, menschliches Gedeihen gemeint. Die Heilige Schrift führt unseren Blick weiter und gibt uns zu verstehen, dass Glück eine Gabe Gottes ist und weder einem Zufall, noch einer weisen Lebensplanung zu verdanken ist. Der Beter des 73. Psalms spricht davon, dass Glück für ihn „Gott nahe zu sein“ bedeutet. Das ist ein guter Wunsch auch für uns, wenn wir ein neues Jahr beginnen. Diese Nähe zu Gott wird dem einen bewusst auf einer Bergwanderung beim Erklimmen der Bergspitze, dem anderen wenn er sein neugeborenes Kind zum ersten Mal im Arm hält oder auch wenn wir spüren, wir sind vor einem Unglück bewahrt worden.

Mit dem Glück, das der Beter meint, in Gottes Nähe zu finden, hat er weniger einzelne Glücksmomente vor Augen als einen Dauerzustand. Darum dürfen wir diese Jahreslosung als ein Bekenntnis nicht nur für jetzt und heute, sondern für die nächsten 365 Tage und darüber hinaus sehen. Martin Luther fragte vor 500 Jahren: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ und wir fragen uns heute: Wie bekomme ich einen nahen Gott?“ Wie damals so auch heute dürfen wir uns sagen lassen: Gott ist uns nahe, seit unsere Eltern uns das Leben geschenkt haben. Mit der Taufe gehören wir in die Geschichte Gottes mit uns Menschen. Diese Geschichte hat Gott mit Liebe, Hoffnung und Glauben geschrieben. Mit Jesus Christus nahm seine Liebe zu Weihnachten menschliche Gestalt an. Seine Botschaft, seine Heilungen, sein Leiden und Sterben für uns sprechen eine deutliche Sprache. Mit seiner Auferstehung hat er uns Grund zur Hoffnung auf ewige Gemeinschaft über Abschied, Trennung und Tod hinweg erwirkt. Seit Pfingsten geht der gute Geist Gottes um und tröstet, stärkt und hält uns, unsere Gemeinden und Kirchen, ja die weltweite Christenheit zusammen im Glauben.

Seine Treue steht über uns. Dass wir dies in einigen Augenblicken besonders stark empfinden ist Gnade. Dass wir das über Zeiten nicht spüren und wir doch weitergehen im Leben, trotz Leiden, Trauer, Zweifel zeigt, dass er auch dann uns nahe ist und uns hält und trägt. Aus seinen Händen können wir nicht herausfallen. Gott naht sich uns durch sein Wort und Sakrament. Durch das gute, aufmunternde, tröstende, wegweisende Wort, das wir uns nicht selbst sagen können. Durch sein reinigendes, verbindendes, gemeinschaftsstiftendes Sakrament, das uns gereicht wird. Die Frage ist: Inwieweit sind wir bereit, uns Gott zu nähern? Es liegt bei uns, sein gutes Wort und Sakrament mit Freuden zu hören und zu empfangen, daran festzuhalten und unserem Leben die Nähe Gottes zuzumuten. Nicht von ungefähr heißt die Jahreslosung in der Übersetzung Dr. Martin Luthers: „Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte.“

Die Freude über die Nähe zu Gott lädt zum Teilen ein. Dann vermehrt sie sich auch. Wer froh und glücklich ist, kann viel Gutes tun. Gott sei Dank gibt es überall Menschen, die viel Gutes tun. In der Gesellschaft, im Raum der Kirche und besonders auch in der Diakonie. Darum ist in der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien das Jahr 2014 der Diakonie gewidmet. Viele von Leid gezeichnete und bedürftige Menschen erfahren Linderung, Heilung, Anerkennung, Wertschätzung, Lebenssinn und Lebensfreude, ja Nähe und Glück gerade durch Menschen, die Gott nahe wissen und getrost das Naheliegende, den Nächsten- und Liebesdienst tun. Seien wir gewiss: Unser und der anderen Leben und Sterben, Liebe und Leiden, Freuden und Tränen, Tun und Beten im vergangenen wie im bevorstehenden Jahr geht nicht verloren, sondern wird bei Gott aufbewahrt und ermutigt uns alle zur Treue und Verantwortung für die, welche uns  brauchen. Wir gehören zu einer Geschichte. Der Geschichte Gottes, der uns Menschen ganz nahe gekommen ist und nahe bleibt bis in alle Ewigkeit. Von dieser Geschichte zu erzählen und das Glück, diese gute Gabe Gottes immer neu zu erfahren, wünsch ich uns im Jahr des Herrn 2014.