WORT ZUM SONNTAG: Die Guten und die Bösen

Sicherlich haben wir uns schon oft über die schlechten Zeiten beklagt und über die Menschen geschimpft und gewettert, die an diesen unerfreulichen Zeiten schuld sind. Uns selbst nehmen wir heraus, denn wir gehören ja nicht zu dieser Kategorie von Unheilbringern. Nach unserer bescheidenen Meinung müsste Gott energischer gegen böse Menschen vorgehen und dieses „Unkraut“ zwischen dem „guten Weizen“ kurzerhand ausrotten. Warum tut er es nicht?

Laut der Bibel scheint Gott in alten Zeiten viel energischer gegen die Bösen vorgegangen zu sein. Über die Menschen vor der Sintflut urteilte Gott: „Mein Geist ist von ihnen gewichen, sie sind nur noch Fleisch. Deshalb will ich sie vertilgen!“ Die Riesenflut brach herein und ertränkte alle bösen Menschen. Auch mit den Bösen in Sodoma und Gomorrha scheint Gott nicht viel Federlesens gemacht zu haben. Eine gewaltige Feuerkatastrophe brach über diese unheilvollen Städte herein und vernichtete sie und ihre bösen Einwohner. Heute breitet sich das „Tote Meer“ über ihren Wohnstätten aus. Auch mit den heidnischen Ägyptern, die das auserwählte Volk der Israeliten drangsalierten, machte Gott kurzen Prozess. Ihre Heeresabteilungen ließ er im Roten Meer umkommen. Warum geht Gott heute nicht energischer gegen die bösen Menschen vor? Das Leben der guten Menschen auf Erden wäre viel schöner und friedlicher. Vielleicht denkst du: Gott sollte mir seine Allmacht für einige Zeit übergeben. Ich würde sehr bald in diesen Saustall Ordnung hineinbringen. Meine erste Regierungstat wäre: Alle bösen Menschen müssen augenblicklich sterben! Natürlich würde ein großes Weinen und Klagen auf Erden anheben, denn in fast jeder Familie wären einige Todesopfer zu beklagen, so ähnlich wie bei den Ägyptern, als in jedem Haus der Erstgeborene sterben musste. Und Mütter lieben auch ihre entarteten Kinder und beweinen ihren frühzeitigen Tod. Aber du bleibst fest in deiner Überzeugung: „Ordnung muss sein, und wenn die Welt dabei zugrunde geht!“

Was wäre die Folge? Die Jugendlichen würden, statt sich mit geistlosen Schlagern zu unterhalten, anfangen zu beten. An Sonntagen würden die Leute so eifrig in die Kirche zum Gottesdienst strömen wie jetzt zum Fußballplatz bei der Weltmeisterschaft. Vor den Beichtstühlen wäre ein Gedränge wie an der Kinokasse vor einem großartigen Film. In kurzer Zeit würde auf Erden eine Ordnung herrschen wie in einem Zuchthaus. Die Menschen würden in dir eher einen Zuchthausdirektor sehen als einen „lieben Gott“. Sie würden in ihren Gottesdiensten niemals singen: „Ich bete an die Macht der Liebe“, sondern: „Strenger Richter aller Sünder!“ Und die Liebe zu Gott in den Herzen der Menschen wäre so selten wie Blumen am Nordpol. Wer liebt schon einen Diktator? Den kann man nur fürchten.
Etwas Ähnliches geschah in Frankreich während der Revolution (1789-1795). Der Revolutionär Robespierre (1758-1794) schwang sich zum Diktator über das Land auf. Er sah den sittlichen Verfall und ordnete an, alle Bewohner Frankreichs müssen an ein höchstes Wesen glauben und tugendhaft leben. Wer dagegen handelte, landete unter dem Fallbeil. Es war eine Blut- und Schreckensherrschaft. Schließlich brach eine wilde Empörung aus. Robespierre wurde gestürzt und endete ebenfalls unter dem Fallbeil.

Christus hat uns das Gleichnis von Unkraut im Weizenfeld dargelegt. Dem Eigentümer legt er die Worte in den Mund: „Lasst beides, Unkraut und Weizen bis zur Ernte wachsen, sonst reißt ihr mit dem Unkraut auch Weizen aus.“ Erst zu Erntezeit werden Weizen und Unkraut von einander getrennt. Es muss uns verständlich sein, warum Gott Gute und Böse unter seiner Sonne leben lässt. Er gab uns das große Geschenk der Freiheit, durch das wir Ebenbilder Gottes und nicht Marionetten sind. In seiner Freiheit kann der Mensch sich gegen Gott, seine Offenbarung und seine Gebote sperren, ohne dass er sofort vom Blitz erschlagen wird. Das wäre doch keine Freiheit: Entweder du gehorchst oder du stirbst!
Es wird wohl bis zum Ende der Welt Gute und Böse, Heilige und Sünder geben. Wir müssen uns mit einer Erde abfinden, die eher einem Tränental als einem Garten Eden gleicht. Schuld daran sind wir Menschen mit unseren Fehlern und Sünden. Soll die Welt etwas besser werden, so müssen wir danach trachten „guter Weizen“ und nicht „Unkraut“ zu werden.