WORT ZUM SONNTAG: Dreieinigkeit

Der Sonntag nach Pfingsten wird der Tag der Dreieinigkeit (Trinitatis) genannt. Darauf folgen die Sonntage nach Trinitatis, über zwanzig in jedem Jahr. Es lohnt sich also, einmal darüber zu nachzudenken, was es mit der Lehre von der Trinität auf sich hat. Denn rechnerisch ist die Formel 3=1 nicht gerade einleuchtend. Die kirchliche Lehre von der Dreieinigkeit ist eine der ganz großen Leistungen menschlichen Denkens. Nach unsern Vorstellungen von Logik geht das nicht. Denn Logik analysiert und fügt das Erkannte in das Wissen ein. Aber Denken kann mehr als die Logik vermag, Denken meint immer auch, Dinge zusammenzusehen, die sich nicht auf einen Nenner bringen lassen. Es war eine ungeheure Denkarbeit nötig, bis die Kirchenväter des 4. Jahrhunderts diese Formel gefunden haben: Gott ist einer in drei Seinsweisen (Personen).

Sie haben damit ernst gemacht, dass einerseits Welt, Mensch und Geschichte einheitlich gesehen werden können und sollen und dass die tägliche Erfahrung Dinge zeigt, die auf den ersten und wohl auch auf den zweiten Blick nicht zusammen verständlich gemacht werden können. Unser Leben ist voller Überraschungen und Rätsel, dass wir immer wieder Mühe haben, einen inneren Zusammenhang zu erkennen. Demgegenüber hält die Lehre von der Dreieinigkeit fest: Die greifbare und nicht erfassbare Welt ist eine Einheit, auch wenn sie nicht als solche erfahren werden kann. In ihr gibt es Leben und damit Wohlergehen und Freude und gleichzeitig Leid und Not, es gibt Hoffnung auf eine gute Zukunft und gleichzeitig Angst vor Neuem, es gibt die Erfahrung der Befreiung aus misslichen Umständen und gleichzeitig die Dauerhaftigkeit kaum erträglicher Zustände. So widersprüchlich zeigen sich die Welt und das Leben. Demgegenüber betont die Lehre von der Dreieinigkeit: Was immer du erlebst, es dient dir zum Heil. Denn in all dem bist du in Gottes Hand, dem Gott, der dir als Schöpfer der Welt und deines Lebens begegnet (Vater), der dich bei Versagen und Gewissensbissen hält und trägt und dein Verhalten mit Wohlwollen beurteilt (Sohn) und der dich ermutigt und zur Gemeinschaft fähig macht (Geist).

Seit dem großen Philosophen Hegel sehen viele Menschen in Gott den Weltgeist, die eine geistige Kraft, die das Weltall zusammenhält. Die Kirche lehrt, dass die Welt und das Leben nicht von einer geistigen Kraft zusammengehalten wird, sondern von „Personen“, die ein „Ich“ haben, zu denen sich zu beten lohnt. Auch wenn das Wort „Person“ dafür nur unzureichend ist, ist jede andere Bezeichnung noch weniger zutreffend. Wer will, kann das Wort „Überperson“ wählen und gebrauchen. Der Mensch kann, das weiß man in der Kirche seit jeher, weil er vergänglich ist, über Gott keine Aussage machen, die das Geheimnis seines Wesens und Wirkens erschließt. Auch die Lehre von der Dreieinigkeit ist Stückwerk. Aber in der Widersprüchlichkeit am ehesten angemessen. Diese Lehre erklärt die demokratische Struktur in dem Zusammenleben der Menschen als Gott gemäß, ohne die Welt in Stücke zu zerreißen. Die oft gebrauchte Wendung einer „Einheit in der Vielfalt“ in Kirche und Welt ist damit in Übereinstimmung. Das Judentum und der Islam kennen eine solche Lehre nicht. Von ihren religiösen Voraussetzungen her ist es für beide relativ schwer, eine Einheit in der Vielfalt zu denken. Von der Betonung des einen Gottes her legt sich die Forderung nach einem einheitlichen Gesetz, einer einheitlichen Führung der Welt und endlich einem einheitlichen Glauben nahe. Das kann sich in einem militanten Verhalten äußern, das es auch bei Christen gibt, aber vom Glauben her nicht geben sollte.

Martin Luther hat die Einheit der drei „Personen“ (Seinsweisen) Gottes so gesehen, dass sie miteinander in Liebe kommunizieren. Als Beispiel nennen wir zwei Zeilen aus dem Lied „Nun freut euch Christen insgemein (Gesangbuch 301,5); „Er sprach zu seinem lieben Sohn: Zeit ist es zum Erbarmen“. Man spricht und kommuniziert miteinander auf allerhöchster Ebene. Dann kann es doch nur gut werden. Das setzt auch der Segenswunsch des Paulus voraus: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft (stiftende Kraft) des heiligen Geistes sei mit euch allen.“