WORT ZUM SONNTAG: Ein Herz für Afrika

Europäische Politiker und Wirtschaftsunternehmer haben sich im Laufe der Jahrhunderte schwer an Afrika versündigt. Als sie von den Naturschätzen Afrikas erfuhren, drangen sie mit Waffengewalt in die Gebiete ein und bemächtigten sich dieser Schätze. Wenn die Einwohner, die doch die Eigentümer dieser Schätze sind, sich gegen die Raubaktionen wehrten, wurden sie durch die überlegenen Feuerwaffen der Europäer besiegt.
Zum Glück gab es auch Menschen in Europa, die sich nicht um die Naturschätze, sondern um die Menschen des schwarzen Erdteils kümmerten. Sie wollten ihnen nicht materielle Güter rauben, sondern geistige Schätze bringen. Das wertvollste Gut ist die Erlösungsbotschaft Christi. Die Glaubensboten mühten sich, durch christliche Botschaft und Geistesbildung aus den „Wilden“ gesittete Menschen, vor allem gute Christen zu machen. Weitsichtige Missionare erkannten, dass der Erfolg der Glaubensverkündigung viel mehr gesteigert werden kann, wenn Glaubensboten ihrer eigenen Rasse und ihres eigenen Volkes ihnen diese Botschaft bringen.

Ein Mann, der begann, diese Erkenntnis zu verwirklichen, war der am 18. April 1993 seliggesprochene Franziskaner Ludovico da Casoria. Er wurde am 11. März 1814 in Casoria bei Neapel im Schoße einer armen Familie geboren. Als er heranwuchs, begann er die Lehre bei einem Tischler in Neapel. Ludovico aber fühlte sich zum Priestertum berufen. Seine Eltern waren zu arm, um sein Studium zu finanzieren. So bat er um Aufnahme bei den Alcantoriner-Minoriten. Er absolvierte alle Studiengänge der Philosophie und Theologie in Nola. Die Oberen erkannten seine intellektuelle Begabung und übertrugen ihm nach der Priesterweihe das Amt eines Dozenten der Philosophie. Aber mehr als die trockene Wissenschaft interessierten ihn die Menschen, vor allem jene, die Hilfe nötig hatten. Das waren in erster Linie die Kranken. Für sie richtete er im Kloster eine Krankenabteilung und eine Apotheke ein. Er pflegte außer seinen Ordensmitgliedern auch Weltgeistliche. Im Jahre 1854 inspirierte ein Ordensgeistlicher aus Genua den Franziskaner P. Ludovico da Casoria dazu, sich um den Loskauf und die christliche Erziehung von Neger-kindern, die zu Sklaven geworden waren, zu kümmern. Im Kloster Palma bei Neapel brachte er die zwei ersten losgekauften schwarzen Kinder unter. Die christliche Erziehung und Bildung gelang bei beiden Knaben. Dieser Erfolg brachte P. Ludovico auf den Gedanken, solche freigekaufte schwarze Knaben zu Missionaren für Afrika auszubilden.

Die Oberen unterstützten voll und ganz  P. Ludovicos Vorhaben. Als Sitz dieses Werkes für priesterliche Ausbildung von losgekauften jungen Afrikanern für die Bekehrung der Schwarzen in Afrika wurde das Kloster Palma bei Neapel bestimmt. Im August 1858 hatte P. Ludovico bereits neun Negerknaben in Palma untergebracht. Er überzeugte König Ferdinand von Neapel, dass dieser zwölf schwarze Knaben aus Ägypten loskaufte. P. Ludovico brachte sie selbst von Kairo nach Neapel. Die Zahl der Losgekauften stieg sogar auf 38. Aber nicht nur schwarze Knaben schmachteten als Sklaven in Ägypten, auch viele schwarze Mädchen mussten dasselbe traurige Los teilen. P. Ludovico dachte auch an sie und überlegte, wie ihnen zu helfen sei. Dazu hatte er Frauenkräfte nötig. Diese Kraft fand er bei Schwester Anna Maria Fiorelli. Für die losgekauften schwarzen Mädchen wurde das „Collegio delle Morette“ in Neapel errichtet. Heute gibt es in Schwarzafrika viele blühende Bistümer, Pfarreien und Missionsstationen. Schwarzhäutige Bischöfe und Priester betreuen ihre Landsleute. Schwarze Ordensschwestern kümmern sich um Alte, Kranke und Waisen.

Offenbar hat Afrika sogar einen Überschuss an Priestern, denn in Deutschland wirken auch schwarzhäutige Priester. Neulich wurde im Fernsehen aus Baden-Württemberg ein schwarzer Pfarrer vorgestellt. Bei seiner Einsetzung begrüßte er die Gemeinde mit dem Wort: „Habt ihr Angst vor einem Schwarzen?“ Damit gewann er die Sympathie der weißen Gläubigen. Wir fragen uns: Soll es im priesterarmen Europa so weit kommen, dass Afrika Europa bekehren muss? Die Liebestätigkeit P. Ludovicos galt nicht nur den losgekauften Negerkindern. Er half auch Waisenkindern in Italien, er half Taubstummen und anderen Leidenden. Da er sich selbst nicht schonte, erschöpfte sich letztlich seine Kraft. Gott nahm den Unermüdlichen am 30. März 1885 in sein ewiges Reich auf. Für uns bleibt er ein Vorbild christlicher Nächstenliebe. Er hat gezeigt, dass tätige Liebe mehr Gutes schafft als bloßer Humanismus.