WORT ZUM SONNTAG: Geistige Müllentsorgung

Im Mittelalter, als die großen Städte entstanden sind, brachen oft Typhus, Cholera und Pest aus. Warum? Es gab keine Müllentsorgung. Da konnten sich die Krankheitskeime leicht entwickeln und vermehren. Gäbe es heute in den Millionenstädten keine Müllentsorgung, würden deren Bewohner den gleichen Krankheiten zum Opfer fallen. Die Müllentsorgung ist also lebensnotwendig.

Fühlen wir uns krank, lassen wir uns vom Arzt untersuchen. Manchmal ist zur Untersuchung der Röntgenapparat notwendig. So kann manche Krankheit, die dem Auge des Arztes verborgen ist, erkannt und behandelt werden. Der Tomograf kann noch genauer die inneren Organe zeigen. Dadurch wird die Diagnose noch genauer und die Heilung kann erfolgreich beginnen.

Nun sind wir nicht nur Körperwesen, sondern wir besitzen auch ein geistiges Leben. Unser Geist, die Seele, ist genau so wie der Leib, für Krankheiten anfällig. Natürlich bestehen diese Krankheiten nicht aus Krebs, Magen- und Nierenleiden. Diese Seelenkrankheiten sind vielfältig und werden mit dem Sammelnamen „Sünde“ bezeichnet. Die Sünde ist der geistige Müll, der, außer unserer irdischen, auch unsere ewige Existenz bedroht. Schon der Apostel Paulus, dieser hervorragende Seelenarzt, hat sie im Galaterbrief beim Namen genannt: Unzucht, Unsittlichkeit, ausschweifendes Leben, Götzendienst, Feindschaften, Streit, Eifersucht, Jähzorn, Eigennutz, Spaltungen, Parteiungen, Neid, Missgunst, Trunk- und Esssucht und ähnliches mehr.“

Wir sehen, es gibt eine Unmenge von Krankheiten, die unseren gesunden Geist bedrohen. Auch hier müssen wir etwas Entscheidendes dagegen tun. Der Nachteil ist, dass bei den Sündenkrankheiten der Leib nicht so reagiert, wie bei Symptomen der Körperkrankheiten. Wer sündigt bekommt kein hohes Fieber. Das einzige wahrnehmbare Symptom sind Gewissensbisse. Viele Leute setzen sich darüber leichtsinnig hinweg. Statt eine sorgfältige Diagnose zu stellen, handeln sie in dieser Beziehung wie die bekannte Lieselotte von der Pfalz zur Zeit des französischen Sonnenkönigs Ludwigs XIV. Sie war eine nahe Verwandte des Königs und weilte ebenfalls an seinem Hofe. Sie war mit Geistesgaben reich ausgestattet, aber stiefmütterlich mit Leibesgaben. Sie besaß kein schönes Gesicht. Am Hofe aber befanden sich viele junge Damen, die zwar wenig Geistesgaben besaßen, aber von ihren Eltern als Erbteil ein einnehmendes, schönes Gesicht erhalten hatten. Lieselotte wollte, entsprechend ihrer Geistesgaben, am Hofe ebenfalls eine Rolle spielen. Ihr äußeres Erscheinungsbild war dazu wenig geeignet. Sie wollte nicht ständig an diesen Nachteil erinnert werden. Deshalb ließ sie in ihren Wohnräumen alle Spiegel entfernen oder mit Tüchern verhüllen. Auch am Hofe des Königs vermied sie es, wo sie es nur konnte, einem Spiegel in die Nähe zu kommen, der ihr wenig schmeichelhaftes Konterfei widerspiegeln konnte.

Handeln nicht viele von uns genauso? Sie schauen nicht in den geistigen Spiegel, den die Kirche „Beichtspiegel“ nennt. Er zeigt eben wenig Anziehendes an ihrem „geistigen Konterfei“. Aber mit dem Wegschauen ist niemandem geholfen. Unser körperliches Gesicht können wir nur geringfügig zum „Schöneren“ korrigieren. Die Schönheitschirurgen versuchen dies. Der Andrang ist, besonders von jungen Frauen, so groß, dass sich diese Schönheitsgestalter dabei eine „goldene Nase“ verdienen. Aber auch sie können mit all ihrer Kunst aus einem Aschenputtel kein Schneewittchen machen. Unser seelisches Konterfei können wir selber korrigieren und auch zur Gesundung unseres Geistes wesentlich beitragen.

Wir müssen so radikal mit der Geisteskur beginnen wie es uns Christus im Tempel zu Jerusalem vorgemacht hat. Er reinigte den Tempel vom Müll des Unheiligen. Damit sollen auch wir beginnen, den geistigen Müll aus dem Tempel unseres Herzens zu entfernen. Wie wichtig das für alle Christen ist, mahnte schon der Apostel Paulus die Korinther: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben. Denn Gottes Tempel ist heilig und der seid ihr!“

Zur Gesundung unseres Leibes, suchen wir, wenn es notwendig ist, Heilquellen auf. Als Heilquelle für unsre durch den Sündenmüll erkrankte Seele hat uns Christus das „Sakrament der Sündenvergebung“ geschenkt. Benützen wir eifrig diese geistige Heilquelle. Beginnen wir damit, in den Spiegel der Gewissensforschung zu blicken. Dieser Spiegel zeigt uns genau, wo sich die Krankheitskeime der Sünde verstecken und leitet uns an wie wir unsere seelische Schönheitskur erfolgreich zu Ende führen können.

Die Gewissenserforschung dient zugleich der Sicherheitspolizei. Tut die Polizei gewissenhaft ihre Pflicht, dann kann so leicht kein Verbrechen geschehen. Die Gewissenserforschung ist zugleich eine Gesundheitspolizei. Sie bewirkt eine gesunde geistige Atmosphäre, in der die Krankheitskeime des Bösen sich nicht entwickeln und vermehren können. Gerade die Fastenzeit ist dazu geeignet, dass wir den Sündenmüll entfernen und eine seelische Heilkur beginnen. Dann wird das Osterfest auch für uns ein Auferstehungsfest des Geistes werden.