Wort zum Sonntag: Gottes immerwährendes Heute

„Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr.“ Dieser Ruf der Engel ertönt jedes Jahr in der Advent- und Weihnachtszeit durch die ganze Welt, und er wird auch gehört: Menschen ändern ihr Verhalten, schmücken ihre Wohnungen und Arbeitsplätze, kaufen Geschenke für die Lieben und geloben Besserung. Mancher alte Streit wird beendet und manche Ungerechtigkeit zurechtgebracht. Ein jeder fühlt, dass sich die Feier der Geburt Christi nicht auf ein historisches Datum bezieht, sondern auf die Gegenwart. Das Heute spricht jeden direkt an und jeder reagiert darauf zu der Zeit, wo er den Fesseln des Gestern entkommt oder aus den Träumen des Morgen erwacht und in der Gegenwart auftaucht.

Missionarisch gesehen wäre ein weltweiter ganzjähriger Weihnachtsrummel wünschenswert, denn dann wäre das Leben tagein, tagaus von der frohen Botschaft des offenbarten Erlösers dominiert, überall herrschte Freude und niemand würde sich mehr fürchten vor dem, was auf uns zukommt. Das ist es doch, was der gnädige Gott durch sein Kommen in die Welt bezweckt hat, denn er hat über uns Gedanken des Friedens und nicht des Leides; er erhört, die ihn bitten, gibt Zukunft und Hoffnung und bereitet allem ein Ende, wie wir es erwarten. Dafür gebührt ihm unsererseits Dank, Lob, Preis und Anbetung, so wie uns das die Männer und Frauen im Umkreis des Jesuskindes ihrer Zeit exemplarisch vorgelebt haben.

Jesus Christus hier und heute. Das ist des himmlischen Vaters nachhaltiges Angebot für uns. Mit der Annahme Christi haben viele ihre Schwierigkeiten, weil sie einfach nicht im Hier und Heute leben, sondern mit ihrem Trachten andauernd in der Vergangenheit oder in der Zukunft umherschweifen. Aber so, wie die Hilfe nicht vom Osten, nicht vom Westen, nicht von den Bergen und nicht vom Meer kommt, so kommt sie auch nicht vom Gestern oder vom Morgen, sondern allein im Hier und Heute. Die Gegenwart ist der einzige Zeitraum, der uns gehört, sie ist zugleich auch die Tür zur Ewigkeit, die Jesus uns geöffnet hat. Jetzt sind wir Kinder Gottes und er ist unser Vater. Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des Heils.

In Psalm 95 heißt es: „Wenn ihr doch heute auf seine Stimme hören wolltet: Verstocket euer Herz nicht.“ Wie Gott ewig ist, so ist auch sein Heute seinerseits immerwährend, für uns aber ist es begrenzt: neben dem günstigen Zeitpunkt gibt es ein „zu früh“ und ein „zu spät“. Das „zu früh“ lassen wir uns gerne einreden, weil wir mit dem Glaubensleben in erster Reihe Verzicht auf weltliche Freuden verbinden; der schmale Weg soll also noch warten. Über das „zu spät“ kann nur Gott etwas sagen, ich verweise bloß auf Esau, der keinen Raum zur Buße fand, obwohl er sie mit Tränen suchte (Hebräer 12,17), und auf die Stadt Jerusalem, die Jesus beweint, weil ihre Bewohner die Zeichen der Zeit nicht erkannt hatten (Lukas 19,41ff).

Ja, die Zeichen sind sehr wichtig in der Kommunikation Gottes, vor allem, wenn es um die Anzeige des eingetretenen Heute geht. Da reichen die Worte der Propheten, des Heilands und der Apostel nicht aus, denn auch wahre Worte können widerlegt werden, wenn aus dem postfaktischen Raum heraus argumentiert wird, wo jeder seine eigene Wahrheit hat. Aber Gott liebt die Fakten, er gibt ein Zeichen seiner Gegenwart, indem er das Wort in Fleisch und Blut kleidet und an der Materie Wunder vollbringen lässt. Er gibt auch diskretere Zeichen seiner Herrlichkeit, um uns zur Umkehr zu bewegen, man lese hierzu Psalm 19. Aber auch ein Christbaum oder ein Glockengeläute zeigen uns an, dass Gott bei uns einkehren will. Amen.