WORT ZUM SONNTAG: Wie werden wir zu Edelmenschen?

Bekannt ist die Sage des „Rattenfängers von Hameln“. Die Stadt litt im Jahre 1284 angeblich unter einer Mäuse- und Ratteninvasion. Die Stadtbewohner konnten sich dieser Plage nicht erwehren. Da kam ein fremder Mann und erbot sich, die Stadt von dieser Plage zu befreien. Für seine Arbeit wurde auch ein bestimmter Lohn vereinbart. Nun nahm der Fremde ein Pfeifchen in die Hand und entlockte ihr eine wunderbare Melodie. Darauf folgten ihm alle Mäuse und Ratten der Stadt nach. Er stieg in den Weserfluss und die Ratten ertranken darin. Die Stadt war von der Plage befreit, aber sie verweigerte ihm den ausbedungenen Lohn. Da nahm der Mann sein Pfeifchen in die Hand, entlockte ihr betörende Melodien und es folgten ihm alle Kinder der Stadt. Er führte sie außerhalb der Stadt in eine Höhle. Sie kamen nie wieder hervor und waren für immer verschwunden. Angeblich sollen sie in Siebenbürgen wieder aus einer Höhle hervorgekommen sein. Stammen vielleicht unsere Siebenbürger Sachsen von den Kindern aus Hameln ab?

Leider hat der Rattenfänger von Hameln im Laufe der Geschichte so manche Nachfolger erhalten. Gerade in dem aufgeklärten 20. Jahrhundert traten einige Rattenfänger auf, die nicht unwissende Kinder, sondern Millionen von erwachsenen Menschen mit ihren Melodien von Weltherrschaft, von Rassenhass und Klassenkampf in Krieg und Tod führten. Viele folgten und sangen begeistert: „Führer, befiehl, wir folgen dir!“ Sie kamen nicht heil wie die Kinder aus Hameln in Siebenbürgen an. Viele fanden ihr Grab in fremder Erde, andere blieben Invaliden ihr Leben lang, Städte wurden dem Erdboden gleichgemacht.

Vor 2000 Jahren trat im „Gelobten Land“ ein Mann auf, der sagte: „Ich bin das Licht der Welt! Wer mir nachfolgt, wandelt nicht im Finstern!“ Er versprach denen, die ihm nachfolgten, weder materiellen Reichtum noch einflussreiche Posten. Ganz im Gegenteil: „ Wer mir nachfolgen will, nehme sein Kreuz auf die Schulter und so folge er mir nach!“ Was wird der Lohn für diese mühselige Nachfolge sein? „Euer Lohn wird groß im Himmel sein!“ Im Laufe der Geschichte sind ihm unzählige Menschen treu nachgefolgt und haben alle Mühseligkeiten auf sich genommen. Sie wurden weder reiche noch mächtige Menschen, aber sie wurden das, was die Welt zu allen Zeiten so notwendig hat, sie wurden durch die Nachfolge Christi zu „Edelmenschen“.
Wie sehen Menschen aus, die Christus nachfolgen? Ein Beispiel: In Ecuador in Südamerika herrschte fast ständig Bürgerkrieg.

Das Volk litt unter den kriegerischen Verhältnissen. In dieser Not wurde 1861 Dr. Garcia Moreno zum Präsidenten gewählt. Ihm gelang es, da er keine egoistischen Pläne hatte, das Land für einige Jahre zu befrieden. Das war ein Meisterstück. Der überzeugte Katholik weihte sein Land dem Heiligsten Herzen Jesu. Ein Reporter sagte zu ihm: „Welch ein Hochgefühl muss es für Sie sein, dass Sie sich wahrhaft Pater patriae, „Vater des Vaterlandes“, nennen dürfen!“ Da erwiderte der Präsident: „Ich rechne mir es zu noch größerer Ehre an, ein ‚Filius Ecclesiae’, ein Sohn der Kirche, zu sein.“ Wer in der Nachfolge Christi steht und zugleich Macht hat, wird zum „Friedensstifter“. Der große Kirchenlehrer Augustinus ermuntert auch uns zur Nachfolge Christi. „Bedenke, dass du einen Führer hast, der bereits in den Himmel vorgedrungen ist. Er hat dir die Bahn eröffnet, auf der du Ihm nachfolgen sollst!“