Von der Antike zur Gegenwart

Eindrücke von einer abwechslungsreichen Touristenreise nach Jordanien

Die guterhaltenen Ruinen des Süd-Theaters in Jerash (Gerasa) | Fotos: die Verfasserin

Kamele werden im Wadi Rum nur noch für Touristen verwendet.

Statt dem bekannten Foto des Schatzhauses von Petra ein anderes

Mosaike in der Moses-Gedächtniskapelle am Berg Nebo

Sonnenuntergang im Touristenresort am Toten Meer

Die Reise nach Jordanien hatte ich im August gebucht. Nach dem 7. Oktober hätte ich vermutlich ein anderes Reiseziel gewählt. Von den dreißig eingeschriebenen Personen nutzten zehn (die von Tarom verursachte) Terminänderung, um auf die Tour zu verzichten. Unsere 20-köpfige Gruppe hatte einen angenehmen 7-tägigen, sehr interessanten und vielseitig gestalteten Aufenthalt in dem politisch stabilen Land im Nahen Osten. Selbst nahe an der Grenze zu Israel bekamen wir vom Krieg so gut wie nichts mit. Dank strenger Sicherheitschecks an den Hoteleingängen (nicht erst ab jetzt) und diskreter Präsenz von Sicherheitsbeamten fühlten wir uns behütet. Der rumänische Reiseleiter hatte heuer bereits 150 Tage in Jordanien verbracht.

Das Highlight jeder Jordanienreise ist die Felsenstadt Petra, eines der sieben Weltwunder, seit 1985 UNESCO-Weltkulturerbe. Was auch immer man über sie liest, dort zu sein ist ein besonderes Erlebnis, trotz aggresiver Souvenir-Verkäufer und Anmache durch Esel- oder Kamelritt-Anbieter. Vermarktet wird Petra mit der Abbildung des am schönsten verzierten Felsengrabs der über 600 bisher entdeckten, von denen die meisten aus dem 1. Jh. n. Chr. stammen. Das Sinnbild Petras ist das „Schatzhaus“ oder Al-Khazneh, eine Bezeichnung, die von Beduinen stammt, die vermuteten, in jenem Grab eines Pharaos sei ein Schatz versteckt – und es plünderten. Faszinierend der über einen Kilometer lange Weg durch die Schlucht Siq, einstmals der Karawanen-Weg nach Petra, zwischen bis zu 100 Meter hohen farbigen Sandstein-Felswänden, mit Resten des Schutzsystems gegen Springfluten, aber auch der Wasserleitungen – rechts, mit Keramik ausgeschalt, für Trinkwasser, links für Nutzwasser. Der Weg führt zum Schatzhaus, viele Touristen gehen gar nicht weiter. Dort aber erst beginnt die eigentliche Stadt, von der die Ruinen mehrerer Tempel und Paläste, einer Säulenstraße und Grabkomplexe zu erkennen sind. Die über 800 zum Teil aus Felsen bestehenden Stufen zum Kloster Ad-Deir habe ich angesichts der Hitze und dem bevorstehenden, gut neun Kilometer langen Rückweg nicht erklommen. Das Gesehene machte jedoch neugierig, über die Nabatäer, die Petra als Hauptstadt ihres Reiches errichtet haben, dessen Geschichte und Niedergang nachzulesen. Und über die Wiederentdeckung durch den Schweizer Johann Ludwig Burckhardt im Jahr 1812. 

Moabiter, Römer und Kreuzritter

Welch reiche Geschichte sich im Territorium abgespielt hat, das seit 1946 das Haschemitische Königreich Jordanien bildet, war mir vor der Reise nicht bewusst. Die Spuren der Weltgeschichte sind hier sehr präsent, werden bewahrt und touristisch genutzt. Von Moabitern – aus der Bibel bekannt – gegründet wurde die Stadt Madaba, 35 Kilometer südlich der Hauptstadt Amman. Im 8. Jahrhundert durch ein Erdbeben zerstört und aufgegeben, wurde sie 1880 von Christen wiederbesiedelt. Dabei entdeckte man Reste von Kirchen und Mosaiken. Bedeutsam sind die Reste des den Boden der griechisch-orthodoxen St. Georgs-Kirche fast ausfüllenden Mosaiks einer Landkarte Palästinas aus dem 6. Jahrhundert. Im Ort befindet sich eine Werkstatt der König-Hussein-Stiftung, wo Jugendliche mit Behinderungen Mosaike zusammenfügen, beliebte Souvenirs, die zum Verkauf angeboten werden.

Überreste von wunderschönen Mosaiken sind am Boden und den Wänden der heute von Franziskanermönchen betreuten Moses-Gedächtnis-Kapelle am Berg Nebo zu bewundern. Von der ursprünglichen Kirche sind wenige Steinblöcke und ein ebenfalls mit Mosaik überzogenes Kreuz erhalten. Der Berg ist ebenfalls aus der Bibel bekannt. Hier soll Gott Moses das seinem aus Ägypten ausgezogenen Volk verheißene Land gezeigt haben; hier soll Moses in hohem Alter verstorben sein. Auf den Berg, aber auch zu der im Tal befindlichen Mosesquelle, wurde zu allen Zeiten gepilgert. Die frühchristlichen und aus biblischen Erzählungen bekannten Orte werden in dem islamischen Staat geachtet. 

Eine besondere Sorte „Pilger“ waren die Kreuzfahrer. In Kerak befindet sich die Ruine einer riesengroßen Festung, von wo aus hunderte Kreuzritter ihr Reich und die wichtigen Handelsrouten überwachten. Bis sie nach der dritten Belagerung durch Sultan Saladin 1187 erobert wurde. Im Verlauf der Zeit sind einige Burgmauern abgetragen und für Bauten in der Stadt genutzt worden, von den einstmals sieben Stockwerken sind nur drei bis vier übrig. 

Bedeutend war die Gegend desgleichen zur Römerzeit. Die Ruinen von Gerasa (heute Jerash) gelten als die bedeutendsten außerhalb Italiens. Die einstige Römerstadt erstreckt sich auf etwa zwei Kilometern Länge. Die Stadt wurde 749 durch das Erdbeben zerstört, war über Jahrhunderte im Wüstensand verborgen – wodurch seine Überreste gut erhalten blieben, vor allem der Hadriansbogen – vermutlich ein Stadttor – die ehemalige Pferderennbahn, das Forum, zwei Theater – in einem finden alljährlich Festivals statt – oder der Artemistempel, sehen kann man aber auch Überreste sonstiger Bauten und der Wasserzufuhranlage. 

Das Rote und das Tote Meer

Ein Highlight ist das Schwimmen über Korallenriffen nur wenige Meter vom Strand in Akaba entfernt im lauwarmen, glasklaren Roten Meer. Als sei man in einem Riesenaquarium, so ein Reisegruppen-Mitglied begeistert. Kleine und bis zu 30-40 Zentimeter große Fische in allen Farben und Formen tummeln sich zwischen den Riffen, ganz und gar nicht gestört durch die Schwimmer. Das Meer ist stellenweise sehr tief, dank dem klaren Wasser aber scheint es, man könne die Fische mit der Hand erwischen. An anderen Stellen sind Korallenriffe nahe der Oberfläche und man sollte sie nicht streifen, denn die spitzen Kanten verursachen arge Schürfwunden. Bei einer Fahrt aufs Meer in einem Boot mit durchsichtigem Boden haben wir weitere Korallenriffe, Fische und eine Schildkröte beobachtet und sogar ein Schiffs- und ein Flugzeugwrack am Meeresboden gesehen. 

Ein Erlebnis ist natürlich das Liegen – Schwimmen sollte man nicht versuchen, um kein ätzendes Wasser in die Augen oder in den Mund zu bekommen – auf der Wasseroberfläche des Toten Meers. Das Wasser fühlt sich ölig-salzig an – der Salzgehalt liegt bei 31 Prozent, hinzu kommen 21 Minerale – zusammen mit dem Schlamm sicher sehr heilsam für viele Leiden. Empfohlen wird, nicht länger als 30 Minuten am Tag in diesem Wasser zu verbringen. Da es mehr als 400 Meter unter dem Meeresspiegel liegt, sind die gefährlichen UV-Strahlen weniger intensiv, man ist geschützter als im Gebirge. Aus Salz und Schlamm wird eine Vielzahl Kosmetik-Produkte hergestellt. Nicht die Salz- und Kali-Entnahme sind jedoch die Hauptursache für das Austrocknen des Toten Meeres, sondern die Wasserentnahme aus dem Jordan für die Trinkwasserversorgung und Landwirtschaft der Anrainerstaaten Jordanien, Israel und Syrien. Die Hotels des Resorts, in dem wir untergebracht waren, hatte man einst nahe am Strand gebaut, nun liegen sie viele Meter weit davon entfernt. Auf Tafeln kann man den Wasserstand in den Jahren 2000, 2005, 2010, 2015 und 2020 nachlesen. Von den ersten beiden aus ist der Strand nicht mehr zu sehen. Messungen zufolge sinkt der Meeresspiegel jährlich um etwa 1,5 Meter.

Sowohl in Akaba – von wo man auf die Sinai-Halbinsel und in das gegenüberliegende israelische Eilat blicken kann – als auch danach am Toten Meer wurde uns Frauen empfohlen, uns an öffentlichen Stränden nicht im Badeanzug zu zeigen. Selbst im Hotelpool schwamm eine Araberin im Burkini, der nur Gesicht, Hände und Füße entblößt. Wir badeten in Resorts für Touristen. Die wunderschöne, 1975 erbaute Al-Sharif- Hussein-Bin-Ali-Moschee in Akaba durften die Männer in Shorts betreten, wir Frauen mussten eine Abaya überziehen. Andere Kulturen, andere Sitten. Sowohl in der Moschee als auch in Läden, auf der Straße oder an sonstigen Kontaktorten mit der einheimischen Bevölkerung sind wir jedoch sehr freundlich und zuvorkommend behandelt worden, selbst ohne Reiseleiter oder männliche Begleitung. 

UNESCO-Naturschutzgebiet

Faszinierend ist das Entlangfahren an farbenfrohen, mehr oder weniger zerfurchten Felswänden aus Sandstein und Granit. Besonders schön anzusehen sind jene im Wüstensand des Wadi Rum, seit 2011 UNESCO-Welterbe-Naturschutzgebiet. Das Wadi (arabische Bezeichnung für ein ausgetrocknetes Flussbett) hat eine Fläche von 740 Quadratmetern, wurde früher von Kamel-Karawanen durchquert, die es infolge Grenzziehungen und modernen Transportmitteln nicht mehr gibt. Felszeichnungen deuten darauf hin, dass es seit prähistorischen Zeiten besiedelt war, was zahlreiche Wasserquellen möglich machten. Die Bezeichnung „Rum“ – im Orient für das Römische Reich benutzt – lässt darauf schließen, dass es zur Römerzeit eine wichtige Handelsroute war. Entdeckt wurde unter der Wüste ein riesengroßer See mit Süßwasser, das für das Trinkwassernetz Ammans, aber auch für Landwirtschaft abgepumpt wird. Im Bemühen, die mehrere hundert Beduinen sesshaft zu machen, ließ die Regierung im Dorf Wadi Rum Häuser, Schulen, Läden und sonstige Einrichtungen errichten. Ihre Kultur wird touristisch vermarktet: Im Wadi sind mehrere „Zeltlager“ zu sehen, mit allem Schnickschnack eingerichtet, wo Touristen eine Nacht unter freiem Sternenhimmel erleben können.  

Es gäbe noch so viel zu erzählen... von der Burg Ajlun, der Festung in Amman, dem Fort in Akaba oder der arabischen Revolte 1916. Das Fazit: Sieben Tage reichen nicht annähernd aus, um alle Sehenswürdigkeiten Jordaniens zu besuchen.