Zum Tempel von Zalmoxis

Ein Fahrrad-Ausflug zur Dakerfestung Sarmizegetusa Regia

Den 19 Kilometer langen Weg von Costeşti nach Sarmizegetusa kann man mit dem Auto oder Motorrad sowie mit dem Fahrrad zurücklegen.

Cabana Dar: eine der Unterkünfte in der Gemeinde Costeşti

Die archäologische Stätte bietet einen Einblick in die Kultur der Daker im 1. Jahrhundert vor Christus.

Die Daker-Festung Sarmizegetusa Regia im Broos-Gebirge wird oft auch als rumänisches Stonehenge bezeichnet.
Fotos: die Verfasserin

Das Wetter ist an diesem Samstagmorgen perfekt: Die Sonne scheint, ein leichter Wind weht und bringt vom Berg eine willkommene Kühle herab, und die Gegend strahlt in unterschiedlichen Grüntönen so weit das Auge reicht. Die Hügel rundum sind von Wäldern bedeckt und am Himmel sieht man weiße, dicke Wolken schweben. Die Stille wird allein von den Geräuschen der Falken, die gerade ihren Morgenflug über den Bäumen unternehmen, unterbrochen. Man kann es kaum glauben, dass dies derselbe Ort ist wie der am Vorabend, bei der Ankunft im Dunkeln. Alles sieht nun vollkommen anders aus. Sogar die Fotos auf der Buchungsseite der Unterkunft können nur schwer verraten, was der Ort tatsächlich zu bieten hat. In der Gemeinde Costeşti, im Verwaltungskreis Hunedoara, bloß wenige Kilometer von Broos/Orăştie entfernt, vergisst man rasch den chaotischen Alltag in der Stadt.

Zu diesem puren Entspannungsort gelangt man nach einer knapp über zwei Stunden langen Reise aus Temeswar/Timişoara über Landstraßen und Autobahnstrecken nach Broos. Von dort aus muss man noch rund 15-20 Minuten durch Ortschaften wie Beriu und Orăştioara bis nach Costeşti fahren. Die Gemeinde am Fuße der dakischen Festungen Blidaru, Costeşti und einige Kilometer entfernt von Sarmizegetusa Regia, der ehemaligen Hauptstadt der Daker, hat sich in den letzten Jahren zu einer Wochenend- und Ferienattraktion entwickelt. Über einen Bach kommt man durch einen engen Steinweg mit dem Auto zur Cabana Dar. Die Gaststätte ist mittlerweile zu einem Unterkunftskomplex geworden. Mehrere Holzhäuschen bieten hier Doppelzimmer mit Bad und  Küche und kompletter Ausstattung für einen angenehmen Aufenthalt, von viel Grün umgeben. Gerade dieses Grüne wirkt an diesem Morgen verlockend. Sogar der Kaffee schmeckt hier besser und verleiht mehr Energie als sonst. Gut, dass man die Fahrräder mitgenommen hat.  Wer kein eigenes Fahrrad mitbringt, kann sich bei Cabana Dar eines leihen. Allerdings sind dies keine Mountainbikes und man sollte nicht außer Acht lassen, dass die Straßen etwas weiter von der Gemeinde entfernt ziemlich steil werden können.

Mit dem Fahrrad in die Hauptstadt der Daker

Ab in den Sattel und los geht´s nach Sarmizegetusa Regia! Die 19 Kilometer lange Straße von Costeşti bis zur historischen Stätte wurde im letzten Jahr neu asphaltiert und führt bis zu einem Kilometer an die ehemalige Hauptstadt der Daker. Der Weg führt durch Grădiştea de Munte (Teil der Gemeinde Orăştioara de Sus) und ist bis auf die letzten Kilometer angenehm. Die Gegend wirkt bäuerlich und äußerst malerisch: Neben der Waldstraße verläuft ein Fluss, der ruhig vor sich hin plätschert; Kühe stehen auf der Weide, am Hals bimmeln Glocken; Hunde bellen in der Ferne und Schäfer wachen ruhig über ihre Schafherden  und winken den Passanten und Fahrradfahrern freundlich zu.

Die letzten vier Kilometer der Straße sind steil. Dies kann sogar für fitte Radler anspruchsvoll werden. Außer Atem angekommen, dürfen sich die Fahrradfahrer nun etwas erholen. Denn die letzten 850 Meter zur historischen Stätte muss man zu Fuß auf Andesitkopfsteinpflaster zurücklegen. Am Ende  markiert ein Holzhäuschen den Eingang zum Gelände. Der Eintrittspreis für Erwachsene beträgt fünf Lei. Auch ein Audioguide wird für 15 Lei auf Wunsch angeboten. Man betritt den Platz und gleich enthüllt sich die Hauptstadt des antiken Reichs der Daker mitten im Broos-Gebirge. Hohe, alte Buchen und Eichen führen bis zum sogenannten rumänischen Stonehenge, wie Sarmizegetusa Regia oft, vor allem von ausländischen Touristen, genannt wird. Es ist leicht zu verstehen, denn gleich sieht man die Überreste des Tempels mit seinen konzentrischen Steinkreisen. Doch hier handelt es sich um mehr als nur einen Haufen Steine. Hier soll man auch eine außergewöhnliche Ener-gie spüren,  sagen einige Besucher.

Religiöses und wirtschaftliches Zentrum

Informationstafeln erzählen die Geschichte der archäologischen Stätte: Die Siedlung wurde im 1. Jahrhundert vor Christus unter König Burebista gegründet. Um das Jahr 50 v. Chr. wurde Sarmizegetusa Regia zur Hauptstadt Dakiens. Der Plan der ehemaligen Festung zeigt eine Ansiedlung mit Burgtoren, Verteidigungsanlagen, Straßen und  Tempeln. Sarmizegetusa Regia war bis 106 nach Christus Handels-, Wirtschafts- und Glaubenszentrum des dakischen Staates. Unter König Decebal wurde die Stadt massiv ausgebaut und erreichte ihre Blüte kurz vor ihrer Zerstörung - 200 Jahre nach ihrer Gründung, im Zuge des zweiten Dakerkrieges im Jahr 106, als die Festung komplett von den Römern unter Kaiser Trajan vernichtet wurde. Sarmizegetusa Regia sollte nicht mit der römischen Kolonie Ulpia Traiana Sarmizegetusa bei Haţeg verwechselt werden: Die Römer errichteten nach der Vernichtung der Dakerhauptstadt etwa 40 Kilometer südöstlich eine namensverwandte Veteranenkolonie, Colonia Ulpia Traiana Augusta Dacica Sarmizegetusa.

In Sarmizegetusa Regia wird seit dem 18. Jahrhundert gegraben. Östlich der zentralen Festung wurden bedeutende Tempelanlagen freigelegt. Die Stadt wird als thrakisch klassifiziert, den Thrakern wird der Volksstamm der Daker zugerechnet. Die Archäologen fanden bei Ausgrabungen Vasen und Gefäße,  Objekte, Werkzeuge und Waffen aus verschiedenen Metallen. Gleich zwei Tempelanlagen liegen auf dem Gelände. Beide sind dem dakischen Gott Zalmoxis gewidmet. Holzpfähle ragen in der Mitte der Tempelanlagen als eine Art Sonnenkalender auf. Manche Forscher vermuten, dass die Anlagen  auch für Opfergaben verwendet wurden. Im Internet ist eine 3D-Rekonstruktion der einstigen Festung abrufbar. Sarmizegetusa Regia wurde zusammen mit  den anderen fünf Dakerfestungen -  Costeşti-Blidaru, Costeşti-Cetăţuie, Căpâlna, Piatra Roţie, und Băniţa  1999 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.

Eintritt und Öffnungszeiten

Es ist das ganze Jahre über möglich, das Gelände zu betreten,  die Öffnungszeiten sind saisonbedingt verschieden: Vom 1. Mai bis 30. September ist von 9 bis 20 Uhr geöffnet; vom 1. März bis zum 30. April sowie vom 1. Oktober bis zum 30. November von 9 bis 18 Uhr. In den Wintermonaten ist die Stätte vom 1. Dezember bis Ende Februar zwischen 10 und 15 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 5 Lei zum Normalpreis, ermäßigt 2 Lei. Der letzte Einlass erfolgt 30 Minuten vor der Schließung. Die Gebühren für Video- und Fotoaufnahmen zu Werbezwecken betragen 300 Lei pro Stunde.

Unterkünfte

In unmittelbarer Nähe von Sarmizegetusa Regia gibt es keine Übernachtungsmöglichkeiten. Die nächstgelegene Unterkunft findet man in der Gemeinde Costeşti. Eine Übernachtung kostet hier durchschnittlich 100 Lei pro Nacht im Doppelzimmer. Unterkünfte findet man unter booking.com oder turistinfo.ro. In der Gegend kann man auch Wanderungen unternehmen und die archäologischen Stätten Costeşti-Blidaru und Costeşti-Cetăţuie besuchen. Weitere Unterhaltungsangebote in der Nähe sind die Freizeitanlage mit militärischer Thematik Arsenal Park in Broos oder das Hunyadi-Schloss in Hunedoara.